Gemeinsame Initiative zur Planung des Rosensteinviertels Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

CDU, SPD, Freie Wähler und FDP machen Druck auf die Stadt: Sie fordern einen neuen städtebaulichen Wettbewerb, um Stuttgarts „Jahrhundertchance“, die Erschließung des Rosensteinviertels, zu nutzen. Dazu gehört auch ein architektonisches „Leuchtturmprojekt“.

Stuttgart - Beim Gedanken an das Rosensteinviertel ist es CDU-Fraktionschef Alexander Kotz gelegentlich mulmig zumute. „Ganz ehrlich: Entscheidungen in dieser Größenordnung sind wir als Stadträte einfach nicht gewöhnt. Das haben wir noch nie gemacht. Das ist eine ganz andere Hausnummer als alles, was wir bisher hatten.“

In der Tat: Die Erschließung, Gestaltung und Bebauung des 100 Hektar großen künftigen Rosensteinviertels hinter dem Stuttgarter Hauptbahnhof stellt für Stuttgart eine gewaltige Herausforderung dar – allerdings auch eine „Jahrhundertchance“, wie Kotz unisono mit dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Martin Körner, der Freien-Wähler-Vize Rose von Stein und dem FDP-Sprecher Matthias Oechsner betont. Und diese Chance, so der gemeinsame Wunsch, soll jetzt angepackt werden – ohne weiteres Zögern.

„Es muss einfach mal losgehen“

Kurzfristig hatten die vier für Freitag zu einer Pressekonferenz eingeladen, um über die Zukunft des Rosensteinviertels zu sprechen – unmittelbar vor dem Beginn der Wochenendklausur des Gemeinderats, in der es um die Zukunft Stuttgarts gehen soll. In einem gemeinsamen Antrag fordern sie die Stadtverwaltung auf, einen internationalen Wettbewerb für die Gestaltung des Rosensteinviertels zu starten und gleichzeitig einen zweiten Wettbewerb für die Bebauung der sogenannten Fläche A 3 hinter dem Hauptbahnhof, auf der eine architektonische „landmark“ entstehen soll – ein anderer Ausdruck für ein „Leuchtturmprojekt“. Dieses Bauwerk soll Aufmerksamkeit auf sich ziehen und Stuttgart zu größerer Attraktivität verhelfen. Diskutiert wird ein Neubau des Linden-Museums, ein neues Kongress- und Kulturzentrum mit Musiksaal oder eine reines Konzerthaus. Die Fläche (1,4 Hektar) befindet sich im Besitz der Stadt. „Es muss jetzt einfach mal losgehen“, sagt Kotz wiederum im Gleichklang mit SPD, Freien Wählern und FDP. „Wir müssen Entscheidungen treffen. Sonst holt uns irgendwann die Zeit ein, und wir ärgern uns gewaltig.“ Körner ergänzt: „Es geht darum, jetzt die Planung aufs Gleis zu bringen. Wir sind da eher schon wieder im Verzug.“

Seit 2005 existiert ein Masterplan

Die Ergebnisse des im März abgeschlossenen Bürgerbeteiligungsverfahrens zum Rosensteinviertel sieht man kritisch. Wenig Konkretes sei dabei herausgekommen, bedauert Körner. „Vielleicht weil die Fragestellung zu abstrakt war.“ Kotz sagt, er sei ein Stück weit „desillusioniert“.

Sie dringen deshalb darauf, dass Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) noch vor der Sommerpause Eckpunkte für die geforderten Wettbewerbe vorlegt. In der zweiten Jahreshälfte soll dann die Entscheidung über den städtebaulichen Leuchtturm des Rosensteinviertels fallen. Kotz favorisiert ein Kongress- und Kulturzentrum mit Musiksaal, Körner einen Neubau des Linden-Museums; beide betonen zugleich ihre Offenheit für die jeweils andere Lösung. Hauptsache sei, im Rosensteinviertel gehe es voran.

Die Planung für Stuttgarts größtes Erschließungsgebiet beginnt indes keinesfalls bei null. Seit 2005 existiert ein städtebaulicher Masterplan, der sogenannte Pesch-Entwurf der Planer Pesch & Partner, der als Sieger aus einem Wettbewerb hervorgegangen war. An dessen Kernpunkten – 6000 bis 7000 Wohnungen „in urbaner Dichte“, deutliche Erweiterung der Parkflächen von Schlossgarten und Rosensteinpark – wollen Kotz und die anderen nicht rütteln. Allerdings halten sie den Plan in Teilen für nicht mehr zeitgemäß. „Die bisherige städtebauliche Idee, die Stuttgart für die nächsten 100 Jahre prägen wird, sollte nicht bereits zu Beginn der Umsetzung 20 Jahre alt sein“, argumentieren sie. Sie fordern eine Planung, die sich auf der Höhe der Zeit befindet und eine mögliche Internationale Bauausstellung in den Blick nimmt.

Die Grünen winken ab: „Überflüssig“

Alle vier legen Wert auf die Feststellung, dass „dieser Impuls aus den Reihen des Gemeinderats kommt“ – eine Anspielung darauf, dass zuletzt der Verein Aufbruch Stuttgart die städtebauliche Diskussion in der Stadt vorangetrieben hat, ausgehend von der Debatte um ein Kulturquartier.

Die Grünen sind nicht mit an Bord. In einer Pressemitteilung äußerten sie sich kritisch zu dem Vorgehen der Gemeinderatskollegen. Die Grünen-Fraktionschefs Andreas G. Winter und Anna Deparnay-Grunenberg zeigten sich verwundert darüber, „dass der CDU-Fraktionsvorsitzende die Bürgerbeteiligung schlechtredet und beim Rosensteinviertel nach seinen Vorstellungen Tempo machen will“. Die Verwaltung werde selbstverständlich die weiteren Schritte gehen. Fazit der Grünen zum Vorstoß der politischen Konkurrenz: „In der Sache überflüssig, weil schon geregelt.“