Zu Fuß gehen soll in der Stadt attraktiver werden. Foto: Jürgen Brand

Die Fußwege in der Stuttgarter Innenstadt sollen attraktiver werden. Das Konzept dafür entwickeln Verkehrsplaner in Dortmund.

S-Nord - Kaputte, viel zu schmale Fußwege, die zahlreiche Stolperfallen bieten, Kreuzungen, an denen Fußgänger gefühlte Ewigkeiten warten: Die rund 200 000 Einwohner der fünf Innenstadtbezirke, die täglich etwa einen Kilometer zu Fuß zurück legen, kennen das. Dass es statistisch gesehen so viele Stuttgarter sind, die pro Tag ein solches Laufpensum absolvieren, hat der Verkehrscheck der Planersocietät ergeben. Das Verkehrsplanungsbüro mit Sitz in Dortmund hat im Auftrag der Stadtverwaltung für rund 60 000 Euro ein Gutachten erstellt, in dem die Hauptfußwege erfasst, um so genannte Flanierrouten ergänzt und die Mängel dieser Fußwege aufgelistet sind. „In der gesamten Innenstadt soll ein Netz aus 14 Hauptfußwegen und 16 Flanierrouten so gestaltet werden, dass die Stuttgarter ihr Auto stehen lassen und zu Fuß gehen. Dadurch lässt sich die Feinstaubbelastung in der Innenstadt um etwa zwei bis drei Prozent verringern“, stellt Wolfgang Forderer, Leiter der städtischen Abteilung Mobilität, fest. Im Bezirksbeirat Stuttgart-Nord hat er das Projekt, das bis zum Jahr 2030 umgesetzt werden soll, erstmals öffentlich konkretisiert.

Für den Stuttgarter Norden sind drei Haupt- und vier Flanierrouten geplant. Die Hauptrouten stehen bereits fest. Es sind die Strecken, die am häufigsten begangen werden. Laut der Dortmunder Planer sind das die Strecken vom Kochenhof über die Birkenwaldstraße zum Postdörfle, vom Kräherwald über den Herdweg zum Hölderlinplatz und von der Nordbahnhof- über die Mitternachtstraße ins Rosensteinviertel. „Ein Hauptproblem in Stuttgart und auch im Norden ist, dass die Gehwege zu schmal und nicht die Mindestbreite von 2,50 Metern haben, Mülltonnen den Weg verstellen, so dass die Fußgänger auf die Straße ausweichen müssen, Bordsteine für Gehbehinderte und Rollstuhlfahrer nicht tief genug abgesenkt und die Wartezeiten an den Ampeln die Zeit von 40 bis 60 Sekunden überschreiten“, stellt eine Mitarbeiterin der Planersocietät auf Nachfrage fest. Zusammen mit ihren Kollegen ist sie die Hauptwege abgegangen und hat dabei auch festgestellt, das Wegweiser bei Treppen fehlen und die Beleuchtung oft schlecht ist. Weniger Probleme als in anderen Städten gibt es laut Planungsbüro dagegen mit kaputten Gehwegen.

Wien ist Vorbild für die Landeshauptstadt

Anders als die Hauptwege stehen die Flanierrouten noch nicht hundertprozentig fest. Vorgesehen sind: die drei Kilometer lange Strecke vom Feuerbacher Weg über den Bismarckturm, Robert-Bosch-Straße, Ehrenhaldenstaffel, Herdweg, Hegelplatz, Holzgarten- und in die Büchsenstraße. Außerdem die 5,7 Kilometer lange Strecke über Rosensteinpark, Killesberg, Thomastraße in die Helfferichstraße; der 1,5 Kilometer lange Weg von der Friedrich-Ebert-Straße über die Friedrich-Keller-Staffel, Pragfriedhof in die Eckartstraße. Und: die 1,3 Kilometer-Strecke von der Birkenwald- über die Frauenhofer-, Gäubahn- zur Friedhof-/Beyerstraße.

Nur um die Behebung der Mängel in dem Fußwegenetz soll es bei dem Verkehrsentwicklungskonzept nicht gehen. „Das wäre zu wenig“, versichert Forderer auf die Einwände der Bezirksbeiräte, die daran erinnern, dass es zu den Aufgaben der Stadt gehört, die Gehwege in Ordnung zu halten. Nach dem Vorbild des Wiener Flanierroutenprogramms sollen zum Beispiel Bänke zum Ausruhen und Spielmöglichkeiten für Kinder geschaffen, Toiletten und Möglichkeiten, Taschen zwischenzulagern, eingerichtet und die Stäffele aufgewertet werden. „Den Bürgern soll es Spaß machen, zu Fuß zu gehen“, sagt Forderer.

In den kommenden Wochen wird das Konzept den Bezirksbeiräten der vier übrigen Innenstadtbezirken vorgestellt. Damit das Konzept bis 2030 umgesetzt werden kann, müssen im im Doppelhaushalt 2018/19 die Investitionen für die 14 insgesamt rund 32,5 Kilometer langen Hauptfußwegrouten und die 16 etwa 30 Kilometer langen Flanierouten bereit gestellt werden. Wie viel Geld dafür benötigt wird, steht noch nicht fest. Laut Forderer dürfte der Betrag siebenstellig sein.