Freude pur: Holger Laser (li.) mit Alexandru Maxim bei der Aufstiegsfeier. Foto: Pressefoto Baumann

Ein größeres Publikum hatten in Stuttgart nur Mick Jagger, Axl Rose und Jon Bon Jovie. Holger Laser vom VfB Stuttgart tritt regelmäßig vor 60.000 Menschen auf. Auch diesen Samstag wird er der erste sein, der auf dem Platz steht.

Stuttgart - Kafi Biermann ist schuld. Der ehemalige Sänger der Bläck Fööss hat den Mathelehrer Holger Laser verhindert. Und dafür gesorgt, dass es den Stadionsprecher Holger Laser gibt. Was eine gute Entscheidung war, findet der 47-jährige Laser selbst. Auch im Interesse der Kinder, sagt er und schmunzelt. Wobei, auch ein Lehrer sollte gerne und viel reden. Was Laser zweifelsohne tut. Obwohl Schwabe durch und durch, entspricht er so gar nicht dem Stammesklischee. Wie hat der ehemalige Minister Theo Waigel gesagt: „Wenn sieben Schwaben aufeinander liegen, was unterscheidet den untersten vom obersten? – Nichts, sie sind alle gleich verdruckt!“ Sprich, der Schwabe ist eigen, ein Eigenbrödler halt, er taugt zum Tüftler, aber nicht zur Rampensau.

Im Studium ein Tänzer

Holger Laser ist der lebende Gegenbeweis. Wer wie er im Mai erst fünf Stunden lang im Stadion das letzte Saisonspiel gegen Würzburg am Mikro begleitet und dann auf den Wasen noch mal vier Stunden lang den Anheizer bei der Aufstiegsparty gibt, bis die Stimmbänder quietschen und ächzen, der muss das gern machen.

Fangen wir vorne an. Als junger Kerl ging er zum Studium der Mathematik und des Sports nach Köln. Dort arbeitete Musiker Biermann als Dozent, er lehrte Tanz. Nicht gerade das Fach der Wahl für junge Männer, andererseits: Wo trifft man sonst so viele Mädels? Nicht der einzige Vorteil. „So fit wie damals war ich nie wieder“, sagt Laser, nicht mal, als er zum Oberliga-Kader der Fußballer des GSV Maichingen gehörte. Weil Biermann die Showbranche nicht fremd war, tingelte er mit seinen Tänzern. Sie traten bei Messen auf oder im ZDF-Fernsehgarten. Wenn es was zu sagen gab, schoben die anderen den Holger nach vorne. Weil Laser sein Geld als Kabelträger bei Harald Schmid verdiente, fand er Gefallen am Fernsehen.

Seit 2009 ist er Stadionsprecher

Sein Referendariat macht er zwar, doch als ihm ein Kumpel ein Volontariat beim Regionalsender B-TV verschaffte, war der Lehrer Laser Geschichte. 2007 kam er zum VfB. Der suchte jemanden, der den vereinseigenen Sender VfB-TV aufbaute. 2009 hörte Stadionsprecher Christian Pietschmann auf, Laser war bereits einige Male eingesprungen, er war der logische Nachfolger.

Nervös war er er nicht beim Debüt, sagt er. Aber einen Anpfiff von seinem Tonmann bekam er. „Vernuschel den Torschützen nicht“, schimpft der. Der Gegner hatte getroffen und dem „VfB-Fan durch und durch“ war anzuhören, dass er sich ärgerte. „Mittlerweile bin ich da ganz sachlich“, sagt er. Anders natürlich bei einem Tor des VfB. Da darf er die Freude und die Anspannung rauslassen. So wie am 21. Mai, als nach dem 4:1 gegen die Würzbürger Kickers der Aufstieg perfekt war. Es gibt ein Foto von der Aufstiegsfeier, da steht er gegenüber von Alexandru Maxim. Er geht in die Knie, streckt die Zunge raus und reißt die Augen auf. Ganz so als sei er ein neuseeländischer Rugbyspieler der All Blacks beim Kriegstanz Haka. Es zeigt, wie groß der Druck in der Vorsaison war. „Es muss, es muss, es muss“, das war das Credo, sagt Laser. Ein Druck, den auch der Stadionsprecher spürte. „Du hast mit verloren, du hast mit gewonnen“, das gelte auch für ihn, „obwohl ich nur eine Randfigur bin“. Dass Fans ihn anpampen, weil er den „Söldner Mario Gomez“ vor einem Spiel umarmt und ihm wegen der Show rund ums Spiel samt der Werbeansagen vorwerfen, „ich sei Kommerz“, daran hat er sich gewöhnt.

Die Familie angefeindet

Aber dass nach einem „dämlichen Spruch“ bei der Vorstellung des Teams, nicht nur er selbst angefeindet wurde, sondern auch Frau, Kinder und seine Mutter, das hat ihn getroffen. Er hatte zu Tobias Werner gesagt,dieser wäre gut gebräunt aus dem Urlaub zurück und fügte spöttelnd hinzu, sein Nachbar hätte allerdings noch mehr Bräune abbekommen. Neben Werner stand der blasse Grieche Anastasios Donis. Aber auch der Ghanaer Hans Sarpei. Das Netz tobte. „Online wurde ich hingerichtet“, erinnert sich Laser. „Da wurde debattiert, ob ich ein Rassist bin.“ Das war ein „Shitstörmle, aber da wird dir klar, was die Spieler und ihre Familien aushalten müssen“.

So groß der Frust war, nun konzentriert er sich auf den Samstag. Um 12 Uhr wird er im Stadion sein, alles vorbereiten für VfB-TV, bei Mainz 05 nachfragen, wie man die Spielernamen ausspricht, Treffen mit Technikern, gegebenenfalls mit der Polizei. Um 14 Uhr betritt er den Rasen – und begrüßt die Fans des VfB zurück in der Bundesliga.