Staatssekretärin Gisela Splett im Gespräch mit Titelautor Nils Mayer Foto: Sendler

Wie eine Recherche von Correctiv.org zeigt, hält das Land Baden-Württemberg bei seinen Sondervermögen für die Beamtenpensionen im Bundesvergleich das größte Klimasünder-Portfolio. Das soll sich ändern, erklärt Staatssekretärin Gisela Splett.

Stuttgart – - Frau Splett, Sie wollen die Sondervermögen des Landes für die Beamtenpensionen auf nachhaltigere Beine stellen – warum?
Die grün-schwarze Landesregierung ist im Mai angetreten, das Thema Nachhaltigkeit an vielen Stellen noch stärker zu beachten, als wir es bisher getan haben – auch beim Vermögen des Landes. Wir wollen verantwortungsvoll und nachhaltig mit unserem Besitz und unserem Geld umgehen. Für die zwei Sondervermögen – die Versorgungsrücklage und den Versorgungsfonds – wollen wir das nun in Anlagerichtlinien regeln.
Welche Rolle spielt für diesen Schritt, dass der Rechercheverbund Correctiv.org im Frühsommer, kurz nach dem Regierungswechsel, aufgedeckt hat, dass das Land mehrere Millionen Euro in Anlagen von Klimasündern stecken hat?
Das Finanzministerium stellte schon vorher, am Ende der vergangenen Legislaturperiode, Überlegungen in diese Richtung an. Aber es gab eben die schriftlich definierten Kriterien für nachhaltige Finanzanlagen noch nicht, als die Kritik aufkam.
Weshalb Sie sich schnell an die Arbeit gemacht haben. Wie sind Sie vorgegangen?

Wir haben uns stark an den bereits bestehenden Anlagekriterien der Evangelischen Kirche Deutschland orientiert. Darüber hinaus haben wir geschaut, was es in anderen Ländern gibt – zum Beispiel,wie Norwegen bei seinem Pensionsfonds mit dem Thema Nachhaltigkeit umgeht. So ist eine Liste entstanden mit Geschäftsfeldern und -praktiken, in die wir als Land in Zukunft aus sozialen oder ethischen Gründen oder aus Gründen des Klimaschutzes nicht mehr investieren werden.

Welche sind das?
Die Rüstungs-, Spirituosen- und Tabakindustrie zum Beispiel. Unternehmen, die die Menschenrechte missachten oder von Kinderarbeit profitieren, werden ebenfalls ausgeschlossen. Ein weiterer Punkt ist das sogenannte Divestment. Das bedeutet, dass wir uns von Anlagen in Unternehmen trennen, die einen überwiegenden Teil ihres Umsatzes mit fossilen Brennstoffen generieren, die Geschäfte machen mit Teersand oder Fracking.

Vier Prozent stecken im Bereich der fossilen Brennstoffe

Weil das Ganze dem Klimaschutz – einem der Kernthemen der Grünen – entgegen-steht?
Genau. Wenn man die Klimaschutzziele von Paris ernst nimmt – und das tun wir sehr entschlossen –, ist es mehr als zweifelhaft, ob Investitionen in fossile Energien mittel- bis langfristig noch rentierlich sind. Deswegen wollen wir aus diesen Anlagen raus. Ich gehe davon aus, dass die Umstellung auf nachhaltige Kriterien langfristig wirtschaftlich sinnvoller ist, als nicht zu handeln.
Die Summe beider Sondervermögen beträgt zusammen derzeit etwas mehr als fünf Milliarden Euro. Wie hoch ist der Anteil, der unter das Klimasünder-Portfolio fällt?
Knapp vier Prozent des Vermögens steckten Ende Mai dieses Jahres im Bereich der fossilen Brennstoffe und etwa 0,3 Prozent im Bereich der Tabakindustrie. Das sind aber keine konstanten Werte, weil sich der Anlagebestand und die Kurse der Anlagen ja verändern. Für uns ist wichtig, dass wir nicht alle paar Jahre schauen, wie der Anteil dieser Geschäftsfelder gerade ist, sondern dass wir eine klare Regelung haben.
Zu welchem Zeitpunkt soll die Richtlinie in Kraft treten?
Der Beirat zu Versorgungsfonds und Versorgungsrücklage berät jetzt am Montag über die geplanten Änderungen der Anlagerichtlinien. Ich gehe davon aus, dass sie dann entsprechend in Kraft treten. Wir als Landesregierung halten dies für ein wichtiges Signal.
Wie gehen Sie denn mit den Geldanlagen, die die Nachhaltigkeitskriterien nicht erfüllen und bereits in Landesbesitz sind, um – schnellstmöglich verkaufen?
Wir müssen unterscheiden zwischen Versorgungsfonds und -rücklage. Der Fonds wird von der Bundesbank passiv gemanagt, da sind wir derzeit im Gespräch. Bei der Rücklage ist es einfacher, weil sich zwei unabhängig voneinander arbeitende Manager in unserem Auftrag aktiv um je einen Teil der Anlagen kümmern. Den betroffenen Bestand wollen wir möglichst zeitnah, kostengünstig und marktschonend umschichten.
Es besteht also keine Gefahr, dass die Umschichtung für mehr Nachhaltigkeit zulasten der Rendite geht und Sie viel Geld verbrennen?
Nein, wir sind uns sicher, dass wir keine spürbaren Einbußen hinnehmen müssen.
Und falls doch?
Das ist eine hypothetische Frage. Ich sehe nicht, wie das der Fall sein könnte. Zum einen, weil wir ohnehin nur einen geringen Anteil in dem kritischen Bereich angelegt haben. Zum anderen, weil die Fondsmanager genau wissen, was sie tun. Die Rendite ist für uns auch weiterhin ein ganz wichtiges Kriterium. Wir haben die Anlagen ja, damit nachher ein Ertrag da ist, mit dem wir Teile der Versorgungsaufwendungen der Beamtinnen und Beamten sowie Richterinnen und Richter finanzieren können. Aber der ethischen Frage wollen wir eben auch gerecht werden. Ich glaube, die Bevölkerung erwartet, dass das Land mit seinem Geld auch diesbezüglich verantwortungsbewusst umgeht.
Kommt nach der Richtlinie noch ein weiterer Schritt – dass Sie Ihren Fondsmanagern vorschreiben, in bestimmte Branchen oder Unternehmen zu investieren?
Nein, es ist nicht geplant, solche Positivkriterien aufzustellen. Es ist auch nicht unser Ziel, das Geld des Landes allein in grüne Unternehmen zu investieren. Uns geht es einfach darum, dass bestimmte Geschäftsfelder und Geschäftspraktiken nicht zur öffentlichen Hand passen.