Eine Behördenmitarbeiterin hinter Akten und Stempeln – vielfach herrscht schon Personalmangel. Foto: dpa

Baden-Württembergs Beamtenbund-Chef Volker Stich will mit der grün-schwarzen Koalition das Land bei der Besoldung der Staatsdiener wieder nach vorne bringen. Zum Teil sieht er schon „Bewegung“ aufseiten der Landesregierung.

Stuttgart - Es sei „die letzte Gelegenheit“ für ihn, „solche Ausführungen machen zu können“, sagt Baden-Württembergs Beamtenbund-Chef Volker Stich etwas wehmütig beim Sommerfest auf Stuttgarter Halbhöhe. Zuvor hat er den Gästen die nächsten Herausforderungen für Beamtenlobby und Landesregierung skizziert. Im Dezember hört er mit 67 Jahren auf.

Stich hat mit Grün-Schwarz zu einem konstruktiven Miteinander gefunden, was jüngst auch Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) an gleicher Stelle bestätigt hat. In exklusiven Kaminrunden erörtern nun Vertreter der Staatskanzlei, der Ministerien und des Beamtenbundes dreimal jährlich, was zu tun ist. „Offenheit und Vertraulichkeit bestimmen die Gespräche“, betont Stich. Erfreut nimmt er Signale der Regierung auf, wonach das Land bei der Entlohnung der Beamten wieder „an die Spitze in Deutschland kommen will“.

Zulagen gegen den Fachkräftemangel

Konkret geht es zunächst um die Überarbeitung der Besoldungsstruktur. „Da gibt es Bewegung“, sagt Stich. Demnach zeigt sich die Regierung prinzipiell bereit, die Eingangsbesoldung im mittleren Dienst anzuheben. Grund: die unteren Besoldungsgruppen A5 und A6 drohen in großen Städten mit hohen Lebenshaltungskosten unter das Sozialhilfeniveau zu rutschen – in Stuttgart sei dies bereits der Fall, und weitere Kommunen könnten bald hinzukommen, so Stich mit Verweis auf ein Gutachten der Speyrer Verwaltungswissenschaftlerin Gisela Färber. Das Bundesverfassungsgericht verlangt an der Stelle einen Mindestabstand von 15 Prozent zu den Sozialsätzen.

Auch die Spitzenbesoldung des gehobenen Dienstes wird wohl in Angriff genommen, weil laut Beamtenbund ein Tarifangestellter nach 15 Jahren monatlich bis zu 1000 Euro brutto mehr als ein Beamter nach 28 bis 32 Jahren in der Endstufe erhalte. Drittens drängt Stich auf ein „Additum“ in Berufen mit eklatantem Fachkräftemangel – mithin auf eine Zulage, die neue Fachkräfte anlocken soll. Dabei denkt er zum Beispiel an Gesundheitsamtsärzte, an die technische Fachverwaltung, die Sozialverwaltung sowie an die sogenannten MINT-Fächer im Lehrerbereich – in all den Bereichen schlägt der Mangel schon voll durch. Die Ministerien wollen nun erstmal die nötigen Zahlen beschaffen, bevor es in die konkrete Diskussion darüber geht.

Staatssekretär Jäger lobt das Berufsbeamtentum

Staatssekretär Martin Jäger aus dem Innenministerium schildert, dass die Polizei keine Probleme habe, steigende Ausbildungszahlen abzubilden und dabei die Qualitätsanforderungen zu erfüllen. Zudem verweist er auf „starke Zuwächse“ in der Alltagskriminalität auf Seiten der Flüchtlinge und Ausländer. Es gebe zahlreiche Polizeieinsätze, die in diesen Bereich fielen, was „den Apparat belastet“. „Das müssen wir in Zukunft berücksichtigen“, so Jäger. Mit Blick auf den Streit um Ausschreitungen beim Schorndorfer Volksfest warnt er vor emotionalen Diskussionen. „Hyperventilieren bringt nichts“, mahnt der Staatssekretär. Die Menschen interessierten sich für harte Ergebnisse.

Jäger lobt Stich zudem in den höchsten Tönen: „Ich bedaure fast, dass wir die nächsten Verhandlungen nicht mehr gemeinsam bestehen können“, sagt er und sieht auch für den einst vielkritisierten Berufsstand eine gute Zukunft. „Die Beamten müssen keine Diskussion über ihre eigene Berechtigung mehr führen.“ Das Ethos des Berufsbeamtentums sei „gültig und berechtigt wie lange nicht mehr“. Damit dürfte der neue Landesbund-Vorsitzende auf einem gefestigten Fundament aufbauen.

Nur noch ein Anwärter auf Stich-Nachfolge

Nachdem es eine Zeit lang nach einem Duell um die Stich-Nachfolge aussah, gibt es derzeit nur noch einen Bewerber für die Wahlen Anfang Dezember: den Landesvize Kai Rosenberger (Steuergewerkschaft). Ein anderer Vize, Gerhard Brand, hat seine Kandidatur zurückgezogen – er sieht seine Chancen weiter im eigenen Verband Bildung und Erziehung (VBE), wo er schon Landeschef ist. Ralf Kusterer, Landesvorsitzender der Polizeigewerkschaft (DPolG), über den ebenfalls spekuliert wurde, will „definitiv nicht“ als Nachfolger Stichs kandidieren. Vielmehr werde er Rosenberger unterstützen, was dessen Aussichten noch besser erscheinen lässt. Der neue Chef kann sich schon darauf einrichten, dass die Fraktionen bei der nächsten Einkommensrunde mehr mitreden wollen – die Ministerien sollen nicht allein bestimmen. Über die Besoldung der Beamten werde im Parlament entschieden, lautete die jüngste Ansage der Fraktionschefs an Stich.