Mit hohem Personalaufwand gehen SSB-Mitarbeiter bei Großkontrollen in die Stadtbahnen. In den Zügen haben fünf bis sieben Prozent der Passagiere kein Ticket. Foto: Steffen Honzera

Den SSB-Kontrollieren gingen in einer Nacht so viele Schwarzfahrer wie schon lange nicht mehr ins Netz. Von den 7012 kontrollierten Passagieren in Stadtbahnen und Nachtbussen waren 598 ohne Tickets unterwegs. Das entspricht einem Anteil von 8,5 Prozent.

Stuttgart - Ein Warnruf über das Mobilfunknetz hat Freitagnacht offenbar nicht die richtige Zielgruppe erreicht. In der vor allem von Studenten genutzten Handy-App Jodel wurde vor Großkontrollen an Stuttgarter Straßenbahnhaltestellen gewarnt. Trotz dieser Meldung gingen den Kontrolleuren der SSB so viele Schwarzfahrer wie schon lange nicht mehr in einer einzigen Nacht ins Netz.

Von den 7012 kontrollierten Passagieren in Stadtbahnen und Nachtbussen waren 598 ohne Tickets unterwegs. Das entspricht einem Anteil von 8,5 Prozent.

In Ausgehlaune kommt der Ticketkauf zu kurz

Der hohe Wert sei den Fachleuten in der SSB-Zentrale auch aufgefallen, sagt die Unternehmenssprecherin Birte Schaper. Der Ausreißer vom vergangenen Wochenende sei aber nicht so hoch, dass man eine Ursachenforschung plane. „Oft reicht es, dass es ein schöner Sommerabend war, an dem mehr Leute als sonst unterwegs sind“, fügt sie hinzu. In sommerlicher Ausgehlaune komme wohl bei manchen der Fahrkartenkauf schlicht zu kurz.

In den zurückliegenden drei Jahren lagen die Werte bei den Großkontrollen zwischen 4,3 Prozent und 7,5 Prozent, meist bewegten sie sich aber zwischen fünf und sechs Prozent bei den Kontrollen, die an den Wochenenden stattfinden. Zusammen mit den Ergebnissen der Überprüfungen unter der Woche ergebe sich ein langjähriger Durchschnittswert von zwei bis drei Prozent, sagt die SSB-Sprecherin. Einen Anstieg verzeichne man nicht.

So schätzt es auch der VVS ein: 2015 seien im VVS-Gebiet Stuttgart 2,5 Prozent der Passagiere ohne Fahrschein unterwegs gewesen, im Jahr davor 2,9 Prozent. Ähnlich konstant klingen die bundesweiten Zahlen, die der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen erhebt: „Wir kommen immer wieder auf vier bis fünf Prozent“, sagt dessen Sprecherin.

Erhöhtes Beförderungsentgelt fließt an die Verkehrsbetriebe

Die Polizei ist bei den Kontrollen, von denen sechs bis acht pro Jahr angesetzt sind, mit dabei, um einerseits Personalien zu ermitteln, falls sich ein Falschfahrer nicht ausweisen könne. „Außerdem beruhigen sie die Lage, weil die Leute sehen, dass unsere Kontrolleure nicht alleine sind“, fügt Birte Schaper hinzu. Mit vier Kontrolleuren pro Tür – also acht Personen pro Wagen – gehen die Kontrolleure in die Bahnen, um möglichst schnell während des Halts an der Station durchzukommen. Am Anfang kam das manchen Fahrgästen zu massiv vor. Aber inzwischen hätten sich die Stuttgarter wohl daran gewöhnt.

Das sogenannte erhöhte Beförderungsentgelt von 60 Euro, das bei den ersten beiden Schwarzfahrten dräut, fließt an die Verkehrsbetriebe, erläutert Pia Karge, Sprecherin des Verkehrsverbunds (VVS). Diese Einnahmen würden aber nicht die Kosten decken, die durch die Prüfungen entstehen – und die laut VVS ohnehin einen anderen Zweck haben: „Sinn und Zweck der Prüfungen ist es, dass alle Fahrgäste dazu animiert werden, einen gültigen Fahrschein zu kaufen. Außerdem sollen Fahrgäste, die mit gültigem Ticket unterwegs sind, in ihrer Entscheidung bestätigt werden“, sagt die VVS-Sprecherin.

Schon erste Schwarzfahrt kann in einer Anzeige münden

Grundsätzlich komme auf Schwarzfahrer nach der dritten Wiederholung eine Anzeige zu, erläutert Karge. „Eine Straftat ist es dennoch ab dem ersten Mal“, sagt Jan Holzner, Sprecher der Stuttgarter Staatsanwaltschaft. Es liege im Ermessen der Verkehrsunternehmen, die Anzeige zu stellen. Es könne natürlich auch sein, dass bereits die erste Schwarzfahrt in einer Anzeige münde. Das hänge unter anderem von der Verhaltensweise des Fahrgastes ab.

Für jugendliche Wiederholungstäter bietet der VVS zusammen mit Polizei und Staatsanwaltschaft Seminare an, die sie über die Folgen der Tat aufklären. Das Modell folge dem Grundsatz des Jugendstrafrechts, dass stets die Möglichkeit vorsehe, ein Strafverfahren ohne ein Gerichtsverfahren zu beenden. „Das hat sich sehr bewährt“, sagt der Staatsanwalt. Die Behörde habe im Gegenzug für eine Teilnahme die Verfolgung eingestellt, so keine weiteren Straftaten dazukamen. Aus personellen Gründen wird das Programm laut VVS zurzeit reduziert angeboten.