Wölfe heulen, um sich miteinander zu verständigen. Männer heulen, um Aufmerksamkeit zu erregen. Foto:  

Anglizismen und Bürokraten-Deutsch, Mode-Floskeln und aussterbende Begriffe – in unserer Sprach-Glosse hören wir genau hin. Wie die Menschen so reden, was sie sagen, wie sie’s meinen. Heute unter der Lupe: Heulsuse.

Stuttgart - Millennials strotzen vor Kraft. Die Physis hat den Zenit erreicht. Im Job und in der Partnerschaft brummt es. Und doch haben viele der 30- bis 40-Jährigen als larmoyante Narzissten schwer an ihrem Leben und Alter zu tragen. Zu jung, um zu sterben – zu alt, um zu leben. Eine „heulsusige Selbstverliebtheit“ attestiert „Die Welt“ der Nicht-mehr-jungen- und Noch-nicht-alten-Generation in Deutschland.

Touch-me-not

Der Begriff Heulsuse wird im Deutschen pejorativ, dass heißt implizit abwertend verwendet. „Die olle Heulsuse fängt wieder an zu flennen.“ Verwandte Wörter sind Jammerlappen, Memme, Mimose und Rühr-mich-nicht-an (englisch: „touch-me-not“).

Weinen (vom germanischen vaitóti) ist ein fundamentaler Ausdruck menschlicher Mimik, bei dem die Emotionen regelrecht aus einem herausfließen und der häufig von einer exzessiven Geräuschkulisse untermalt wird.

Man muss nicht Susanne heißen und nicht unbedingt eine Frau sein, um als Heulsuse apostrophiert zu werden. Obgleich nicht selten weibliche Personen gemeint sind, die nah am Wasser gebaut sind und leicht feuchte Augen bekommen.

Topografie der Tränen

Die amerikanische Fotografin Rose-Lynn Fisher hat für ihr 2013 veröffentlichtes Kunst-Projekt „Topografie der Tränen“ („The Topgraphy of Tears“) unter einem Lichtmikroskop Tränen in hundertfacher Vergrößerung aufgenommen.

Larmoyanz und Narzissmus

Als archetypisches Verhaltensmuster ist Weinen eine zentrale Form sozialer Interaktion und Kommunikation. Wer heult, flennt, schluchzt und jammert, der will gehört werden und lechzt nach Aufmerksamkeit. Larmoyanz und Narzissmus sind die Kehrseiten ein und derselben Medaille.