Geigen – ein schillerndes Verb. Foto: dpa

Anglizismen und Bürokraten-Deutsch, Mode-Floskeln und aussterbende Begriffe – in unserer Sprach-Glosse hören wir genau hin. Wie die Menschen so reden, was sie sagen, wie sie’s meinen.

Stuttgart - Die Geige ist ein zu den Kastenhalslauten gehörendes Streichinstrument, deren vier Saiten mit einem Bogen aus Rosshaar gestrichen wird. Arsch ist eine vulgäre Bezeichnung für die Glutealregion, die beiden halbkugelförmigen Gesäßbacken (althochdeutsch „ars“), die sich am unteren menschlichen Rumpfende hervorheben.

In einem Orchester gibt es mehrere Geigen – und mit ziemlicher Sicherheit jede Menge Arschgeigen. Wobei die erste Geige immer den Ton angibt – daher auch die Steigerungsform „Oberarschgeige“.

Unsympathler und Ungustler

Für sich genommen haben der Arsch und die Geige nicht das Geringste miteinander zu tun. Und doch bilden sie in ihrer verbalen Verbindung ein malediktorisches Juwel.

Eine Arschgeige ist ein unsympathischer und würdeloser Schmeichler, Schwätzer und Liebesdiener, feige, dumm, einfältig und nichtsnutzig noch dazu. Ein Unsympathler und Ungustl, wie die Österreicher zu sagen pflegen.

Sprachforscher der Karl-Franzens-Universität Graz in der Steiermark sehen einen unmittelbaren Zusammenhang des Schimpfworts mit bestimmten sexuellen Praktiken unter Homosexuellen. Die Bezeichnung Arschgeige ist demnach eine unkultivierte, unflätige und herabwürdigende Anspielung auf den eher passiven Partner in einer Homo-Beziehung.

Die Grazer Forscher weisen zudem auf den Zusammenhang des zwischenmenschlichen Aktes des „Geigens“ mit dem Hin- und Herbewegen des Geigenbogens beim Fideln hin.

„A Rundn mit de Oide geigen“

Auch in der bayerischen Mundart ist mit „geigen“ nicht nur das mühsam zu erlernende Musizieren auf der Fidel (niedersächsisch „Funfel“, daher auch „verfumfiedeln“ – sein Vermögen verprassen, etwas leichtfertig vergeuden) gemeint, sondern auch das Liebesspiel als solches. „Auf de Oide auffisteigen und a Rundn mit ihr geigen.“

http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.sprach-blog-wortwoertlich-kratzen.116411fa-3665-4158-925d-cdd25a096258.html