Johannes Kurzbeck entwickelt Skier und testet sie auch selbst. Foto: Völkl

Bewegungs- und Ingenieurwissenschaften kommen zusammen. Absolventen des Studiengangs entwickeln Skier, Fahrräder oder Prothesen.

Skier werden in Sandwich-Bauweise gefertigt. Holz, Metall, Kunststoff werden mit Kleber bestrichen, übereinandergelegt, dann durch Erhitzen zusammengebacken. Das ist das Prinzip. Mehr aber auch nicht. Wie hoch soll der Holzanteil sein, wo Metalle eingelegt und welche Kunststoffe verwendet werden, damit ein Ski entsteht, der für Anfänger geeignet ist? Oder einen, den Skirennläufer fahren? Johannes Kurzbeck weiß Antworten auf diese Fragen. Der 29-Jährige hat Sports Engineering studiert und arbeitet beim Skihersteller Völkl im bayrischen Straubing. Das liegt etwa 80 Kilometer nördlich von Passau, dem Heimatort von Kurzbeck.

Dort hat er mit drei Jahren Skifahren angefangen und war bis zu seinem 18. Lebensjahr aktiv im alpinen Rennsport. Er ist um die bayrischen Meisterschaften gefahren. Nach dem Fachabitur ging Kurzbeck nach Rosenheim und studierte dort Holztechnik. 'Ein Werkstoff, der lebt und den ich interessant finde.' 2011 hat er sein Studium abgeschlossen. Zur Belohnung und Orientierung ging er anschließend auf Weltreise. 'Gegen Ende meines Studiums war ich mit den Inhalten nicht mehr zufrieden.' Produktionstechnik und Menschenführung sind nicht sein Ding. Er will am Produkt arbeiten, Neues entwickeln, am liebsten in Kombination mit Sport. Dass er Sport und Technik beruflich gerne verbinden würde, das hat er während seines Praxis-Semesters festgestellt, das er bei Völkl in der Forschung und Entwicklung machte - und als er dort seine Diplomarbeit schrieb, für die er einen Ski aus nachwachsenden Rohstoffen entwickelt und gebaut hat.

Jährlich beginnen etwa 60 im Bachelor- und 40 im Masterstudiengang

Auf seiner Reise hat er sich dazu entschlossen, sich im Masterstudiengang Sports Engineering an der TU Chemnitz einzuschreiben, um sich seinen beruflichen Traum zu erfüllen. Diesen Studiengang bietet die Hochschule auch mit Bachelorabschluss an. 'Wir haben ihn gegründet, weil die Sportgeräteindustrie eine mittelständische Branche ist und die Unternehmen sich keine zwei Experten für eine Aufgabe leisten können', sagt Stephan Odenwald, Professor für Sportgerätetechnik und Fachstudienberater für den Studiengang. Der verknüpft zwei ganz unterschiedliche Wissensgebiete: die der menschlichen Bewegung mit den Ingenieurwissenschaften. Auf denen liegt mit 70 Prozent der Schwerpunkt. 'Zu einem Abschluss im Maschinenbau fehlen nur wenige Lehrveranstaltungen.' Die restlichen 30 Prozent sind Biologie des Menschen und Bewegungswissenschaften. 'Für das Studium eignen sich Kandidaten, die Interesse an der Technik haben und sportbegeistert sind', sagt Odenwald. Jährlich beginnen etwa 60 im Bachelor- und 40 im Masterstudiengang.

Bei dem liegt der Fokus auf der Forschungsmethodik in den Human- und Ingenieurwissenschaften. Für Kurzbeck waren die Sportwissenschaften neu. Wie hängen Sportgeräte wie Fahrrad, Ski und Laufschuhe zusammen? Und was passiert im Körper beim Training? Im Oktober 2011 fing Kurzbeck mit dem Studium in Chemnitz an, und schon ein Jahr später arbeitete er in Teilzeit bei Völkl im Bereich Forschung und Entwicklung. 'Ich hatte auf der Homepage gesehen, dass eine Stelle ausgeschrieben war, hatte mich beworben und sollte dann gleich anfangen.' Im Oktober 2013 war er mit allen Prüfungen fertig und arbeitet seitdem in Vollzeit. Nebenher schreibt er an seiner Masterthesis. Als Projektleiter ist Kurzbeck für die Entwicklung von Alpinskiern und Skiern für den Rennsport zuständig. 'In meinen Job kommt es auf Performance und Sicherheit des Sportgeräts an.'

Wird ein neuer Ski entwickelt, so legt der Produktmanager dessen Eigenschaften zielgruppenspezifisch fest. 'Ich erarbeite anhand von Materialuntersuchungen einen Aufbau, der diesen Anforderungen gerecht werden sollte.' Zugleich muss der Aufbau DIN- und interne Normen für beispielsweise Schraubenausrisswerte der Bindung und Bruchwerte des Skis erfüllen. Aufgrund seines Plans werden Prototypen gebaut. Dessen Eigenschaften misst und prüft Kurzbeck im Labor, spricht mit Testfahrern und fährt selbst. Falls Korrekturen notwendig sind: härtere Materialien machen einen Ski steifer. Und indem er an bestimmten Stellen breiter oder schmäler ist, kommt man schneller um die Kurve oder muss eben einen größeren Bogen fahren. Um solche Eigenschaften zu erreichen, sind Skier vorn, in der Mitte und hinten unterschiedlich breit.

Erfüllt der Prototyp die gewünschten Eigenschaften, dann geht er in Serie. Der zweite Teil seines Jobs betrifft den Rennsport. Für Top-Athleten werden die Skier maßgefertigt. Kurzbeck ist bei Trainings und Rennen dabei und schaut sich die Bewegungen der Skiläufer ganz genau an, um herauszufinden, was man am Ski verbessern könnte. Aktuell arbeitet Kurzbeck an einem neuen Ski mit hochwertigem Aufbau und neuartigen Materialien.