Trophäen der Dopingfahnder: Fläschchen mit muskelaufbauenden anabolen Steroiden – künftig drohen Dopern harte Strafen Foto: dpa

Die Politik macht dem Sport Beine. Ein Anti-Doping-Gesetz soll die größte Bedrohung des Kulturguts Sports bekämpfen. Erhöht es die Abschreckung? „Sicher“, sagt unser Experte.

Stuttagrt - Herr Breucker, der Entwurf für ein Anti- Doping-Gesetz liegt vor. Gut für Sportrechtler wie Sie. Es gibt bald noch mehr zu tun als bisher.
Noch ist es ein Entwurf. Wenn er Gesetz wird, werden die Strafverteidiger unter den Sportrechtlern künftig mehr gefragt sein. Aber auch die Zahl der sportgerichtlichen Verfahren wird zunehmen, da sich mehr Erkenntnisse aus staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ergeben werden.
Des Dopings überführte Sportler müssen künftig mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren rechnen. Wie sehr schrecken solche Strafandrohungen ab?
Wer dopt, geht in der Regel davon aus, nicht erwischt zu werden. Auch eine mehrjährige sportgerichtliche Sperre ist für Sportler eine massive Sanktion und wirkt abschreckend – wenn auch nicht für alle. Eine mögliche Freiheitsstrafe erhöht aber sicher den Abschreckungseffekt.
Zum Vergleich: Für welche Taten sieht das Strafrecht ansonsten drei Jahre Gefängnis vor?
Bei Unfallflucht oder Nötigung drohen ebenfalls Geldstrafen oder bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe.
Wie passen Sport- und Strafrecht überhaupt noch zusammen? Werden Doper künftig zweimal sanktioniert?
Das Sportverbandsrecht ist Teil des Zivilrechts und gilt nur für Sportler, die diese Regelungen vertraglich akzeptiert haben. Wenn ein Verband eine Vertragsstrafe verhängt, schließt dies einen staatlichen Straftatbestand nicht aus.
Im Sport gibt es in Dopingfragen die Beweislastumkehr, vor Gericht gilt die Unschuldsvermutung. Ein Widerspruch?
Nein, die Verfahren stehen unabhängig nebeneinander und können unterschiedlich ausgehen. Das kennen wir auch in anderen Fällen: Wer zivilrechtlich haftet, kann im Strafverfahren freigesprochen werden.
Der neue Wada-Code sieht eine Regelsperre von vier Jahren für Doper vor. Wenn ein Gericht zusätzlich bestraft, könnten im schlimmsten Fall sieben Jahre daraus werden. Wo bleibt da die Verhältnismäßigkeit?
In beiden Verfahren müssen die Sanktionen verhältnismäßig sein, also auch besondere Umstände des Einzelfalls berücksichtigen. Ob die Regelsperre von vier Jahren für einen Dopingverstoß vor deutschen Gerichten hält, wird sich noch zeigen. Ein Ersttäter wird strafrechtlich kaum mit der Höchststrafe von drei Jahren belegt werden. Das Gericht kann bei der Strafzumessung zudem berücksichtigen, welche Folgen – etwa in Form einer mehrjährigen Sperre – die Tat für den Täter bereits hatte.
Sind Ermittlungsbehörden und Gerichte personell in der Lage, die Gesetze anzuwenden?
Die Justiz ist personell sicherlich nicht überbesetzt. Es wäre wünschenswert, wenn mit zusätzlichen Aufgaben für die Schwerpunktstaatsanwaltschaften und für die geplanten, spezialisierten Gerichte auch zusätzliche Stellen geschaffen würden.
Wird es häufiger Razzien in Hotels, Trainingslagern oder Sportler-Wohnungen geben?
Jede positive Dopingprobe, aber auch jede auffällige Reiseapotheke eines Spitzensportlers kann künftig einen Anfangsverdacht begründen. Die eine oder andere Durchsuchung wird in Zukunft sicherlich für Abwechslung im tristen Alltag der Trainingslager sorgen. Bei Anhaltspunkten für gewerbsmäßiges Doping sieht der Entwurf sogar die Möglichkeit einer Telefonüberwachung vor.
Was ist an dem Entwurf noch bemerkenswert?
Die Staatsanwaltschaften können künftig Informationen an die Nationale Anti-Doping-Agentur Nada übermitteln. Das ist für die Nada eine Hilfe im Kampf gegen Doping. Und das wird vermehrt zu sportgerichtlichen Verfahren führen. Außerdem wird die Möglichkeit von Schiedsvereinbarungen im Sport ausdrücklich geregelt. Darin zeigt sich, dass das Gesetz die Sportgerichtsbarkeit nicht schwächen will.