Nur 80 Prozent des Sporthallenbedarfs von Vereinen können zurzeit gedeckt werden. Der Vorsitzende der SG Weilimdorf setzt sich für den Bau einer Kaltsporthalle ein. Foto: Tom Bloch

In allen Nord-Bezirken gibt es weniger Turn- und Sporthallen als benötigt. Um dieser Situation entgegenzuwirken, schlägt der Vorsitzende der SG Weilimdorf den Bau einer Kaltsporthalle vor.

Stuttgarter Norden - Sport machen, sich mehr bewegen – diese Vorhaben werden auf mancher Liste für gute Vorsätze im neuen Jahr stehen. Die Stuttgarter Vereinslandschaft bietet vielerlei Möglichkeiten, diese Vorhaben in die Tat umzusetzen. Doch manches Angebot scheitert an den verfügbaren Räumen. „Stadtweit gibt es zu wenig Sportflächen“, sagt eine Sprecherin des Amts für Sport und Bewegung. Lediglich 80 Prozent des Bedarfs von Vereinen könne gedeckt werden. Die Stadt kalkuliert mit einem Richtwert von 0,2 Quadratmetern Hallenfläche pro Einwohner, aktuell stehen jedoch nur 0,16 Quadratmeter pro Kopf zur Verfügung.

Feuerbach und Weilimdorf entsprechen genau dem stadtweiten Durchschnitt, Stammheim und Zuffenhausen liegen leicht darunter. Botnang sticht in der Statistik mit einer überdurchschnittlichen Versorgung hervor, allerdings gibt ein Sportamtsmitarbeiter zu bedenken, dass die MTV-Halle im Wesentlichen von Bürgern aus den Bezirken West und Mitte frequentiert werde. Und auch in Botnang kam es in jüngster Vergangenheit schon zu Engpässen. Der SKG-Vorsitzende Dieter Schraft berichtete beispielsweise davon, dass die beiden Grundschulen im Bezirk ihre Hallen am Nachmittag immer häufiger selbst nutzen würden. Dadurch hatte die Seniorensportgruppe ihre Hallenzeit an der Kirchhaldenschule verloren. Die Gruppe hat aber mittlerweile in der Gymnastikhalle der SKG Platz gefunden.

Nicht nur an Übungsräumen mangelt es

Ausgelastet sind auch die Hallen in Stammheim. „Wir könnten deutlich mehr Angebote machen, wenn wir die entsprechenden Raumkapazitäten hätten“, sagt Bezirksvorsteherin Susanne Korge. Gruppen müssten teilweise in benachbarte Bezirke ausweichen. „Wir sind immer am Hausieren und auf der Suche nach freien Hallen“, bestätigt Martin Reissner, der Vorsitzende des TV Stammheim. Die Faustballer trainierten im Winter auch in Wolfbusch und Neugereut. „Unsere Handballer trainieren ständig in Zuffenhausen, das ist nicht gerade identitätsfördernd.“

Auch in Weilimdorf hält der Vorsitzende der Sportgemeinde (SG) Jürgen Diercks die Ausstattung an Sportflächen im Bezirk für nicht ausreichend. Derzeit sei die Situation besonders angespannt, da zwei Schulturnhallen saniert werden. Und auch das ehemalige Vereinsheim Blick Solitude fällt seit ein paar Wochen als Übungsraum weg, da die Stadt das Gebäude aus Brandschutzgründen schließen musste. Die betroffenen Gruppen sind nun zum Teil in Gemeindehäusern untergekommen. Laut Diercks fehlt es aber nicht nur an Übungsräumen, sondern auch an einer wettkampfgeeigneten Halle, in der Zuschauer Platz finden können. „Wir bieten Spitzensport auf Landesniveau“, sagt er. „Wenn man die Leute so weit gebracht hat, dass sie oben mitkämpfen können, dann sollen sie auch das Publikum dafür bekommen.“

Vor diesem Hintergrund macht sich der SG-Vorsitzende für eine neue Mehrzweckhalle in Weilimdorf stark. Auf dem Vereinsgelände könnten sich dafür seiner Meinung nach zwei Flächen eignen: das Mehrzweckfeld hinter der Tennishalle oder auf der brachliegenden Wiese hinter dem Blick Solitude. Dort will die Stadt die kommenden fünf Jahre einen Kita-Systembau errichten. „Die Versorgungsleitung für die Elek-trik, Gas und Wasser könnte man erhalten. Die Fläche wäre somit schon erschlossen“, sagt Diercks. Zudem wäre ein Parkplatz für 100 Fahrzeuge und eine Stadtbahnhaltestelle in der Nähe.

Neue Kaltsporthalle wäre eine Option

Um die Kosten gering zu halten, schwebt Diercks eine ungeheizte Kaltsporthalle vor. Für die Finanzierung hofft er auf Fördergelder der Stadt sowie auf Sponsoren. Und auch die SG solle einen Eigenanteil stemmen. „Seit dem Verkauf vom Blick Solitude an die Stadt geht es dem Verein finanziell bestens“, sagt der Vorsitzende. Im Sportbereich würden Gewinne erzielt, lediglich die Energiekosten machten dem Verein zu schaffen. Aber diese sollen durch den Einbau einer neuen Heizung um die Hälfte reduziert werden.

Das Sportamt ist vom Vorschlag einer Kaltsporthalle nicht abgeneigt. „Wir stehen solchen Ideen offen gegenüber“, sagt ein Sprecher. „Wir würden das grundsätzlich begrüßen.“ Er bestätigt, dass es erste Vorüberlegungen gebe, wenngleich noch keine konkreten Planungen. Städtische Zuschüsse seien denkbar, vor allem bei einem hohen Anteil an jugendlichen Nutzern. Ein Standort sei noch völlig offen – auch die Schlotwiese in Zuffenhausen oder eine Fläche in Feuerbach könnten sich eignen. Wie hoch die Kosten für eine Kaltsporthalle liegen würden, kann er jedoch nicht benennen: „Da gibt es je nach Ausstattung ganz große Unterschiede.“ Der Wunsch des SG-Vorsitzenden, Zuschauer unterzubringen, lässt sich mit einer ungeheizten Halle allerdings nicht erfüllen. Dafür wäre es schlichtweg zu kalt.

Berufsschüler sind unterversorgt

Pläne für eine wettkampfgerechte Ballspielhalle auf der Schlotwiese liegen schon seit mehr als zehn Jahren in der Schublade der Stadtverwaltung. Damals wurden Kosten in Höhe von 4,25 Millionen Euro errechnet. Doch auch in den vergangenen Haushaltsberatungen des Gemeinderats fiel die Halle durchs Raster. „Damit müssen wir leben. Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben“, sagt Hans Heppner, Vorstandsmitglied des SSV Zuffenhausen.

Was den Schulsport betrifft, so kümmert sich das Schulverwaltungsamt um die Hallensituation. „Wir haben weitestgehend, was wir brauchen“, sagt die Leiterin Karin Korn. Laut Schulbericht 2012 besteht stadtweit ein Überschuss von knapp 20 Turnhallen. In den einzelnen Bezirken sieht es zum Teil freilich anders aus. In Feuerbach fehlen laut der Statistik fast fünf Turnhalleneinheiten. Korn gibt aber zu bedenken: „Das sind Richtwerte, die nicht immer die Situation vor Ort widerspiegeln.“ In Feuerbach sei beispielsweise nicht mit in die Statistik eingeflossen, dass auch in der Festhalle und in der Hugo-Kunzi-Halle Schulsport stattfinde. „Es ist uns nicht bekannt, dass an einer Schule kein Sport stattfinden kann“, sagt Korn. Dennoch bestehe der Bedarf einer weiteren Halle, um auch den Berufsschülern Sportunterricht zu ermöglichen. Diese sind laut der Bezirksvorsteherin Andrea Klöber „total unterversorgt“. Aber auch bei den anderen Schularten ist der Bedarf groß. „Für die Bachschule steht lediglich eine Gymnastikhalle zur Verfügung“, sagt sie. Im Zuge des Ausbaus der Grundschule zur Ganztagseinrichtung wäre der Bau einer Sporthalle sinnvoll gewesen, sei aber nicht realisiert worden. Und auch die Pläne, auf dem ehemaligen Fahrion-Areal eine Turnhalle zu bauen, kommen derzeit nicht weiter, da das Gelände nicht der Stadt gehört.