Foto: Georg Linsenmann

Mark und Valentin gehören zu den besten deutschen Turnern ihrer Altersklasse.

Untertürkheim - Erst hat Valentin Trumpp den Fuß in Gips, dann bekommt er die Grippe. Und jetzt kommt die Nachricht, dass Mark sich eben verletzt hat. Bekommt man die beiden Elfjährigen überhaupt jemals zusammen? Klar doch, Mark Plieninger beißt auf die Zähne! Mal wieder. Jetzt also sitzen sie auf der dicken Matte im Turn-Forum. Zwei verschmitzte Jungs, neugierige, blitzende Augen, rutschen ein bisschen hin und her. Jungs eben, denen man gleich einen Streich oder das Ausbüxen zutraut.

Und doch sind sie so konzentriert, als müssten sie gleich das Pauschenpferd zähmen. Trotzdem mal die Frage: Turnen, zumal Leistungsturnen, das tut doch weh! Muss das sein? Kein Zögern: „Ja, es tut weh.“ Beide sagen das fast zusammen. Doch sogleich betont Mark Plieninger: „Es ist aber genau das, was ich machen will. Fußball ist langweilig im Vergleich zum Geräteturnen. Da muss man so viele verschiedene Übungen können.“ Valentin Trumpp setzt noch eins drauf: „Der Punkt ist, das ist kein Massensport. Das kann nicht jeder. Das ist etwas Besonderes. Hier kommt es nur auf dich an.“

Das Duo weiß also, was es will. Beide sind im Bundeskader, gehören zu den 20 Besten in ihrer Altersgruppe in Deutschland. „Da muss man natürlich Leistung zeigen“, sagt Valentin. Klar, dass sie beide schon „eine ganze Box“ mit Medaillen gesammelt haben; Valentin hängt aber nur die fünf aktuellsten raus. Und Mark nur die von deutschen Meisterschaften „und die internationalen“. Die anderen seien unnötig. Eben hat er „in Russland an den Ringen einen Pokal geholt“, in den Pfingstferien stand er bei den Deutschen Meisterschaft im Mehrkampf oben auf dem Treppchen. Er ist ein Fliegengewicht, Valentin etwas breiter und kräftiger. Mark ist also ein bisschen erfolgreicher. Und kein Neid?

Jeden Werktag wird am Nachmittag drei Stunden trainiert

„Nein, warum denn? Wir sind doch Freunde“, sagt Valentin. „Mark ist ein Naturtalent. Und er hat den Beißer dahinter.“ Jetzt ist natürlich Mark dran – von ganz allein. „Valentin ist ein ehrgeiziger Junge. Er gibt nie auf. Das zahlt sich aus.“ Valentins Spezialdisziplin ist das Bodenturnen, die zweieinhalbfache Schraube sein „kompliziertestes Teil“. Die Ringe sind Marks bestes Gerät. Klar kann er den Kreuzhang und am Reck schon den doppelt gestreckten Salto – beispielsweise. Steckt natürlich sehr viel Training dahinter: jeden Werktag drei Stunden am Nachmittag, dazu dreimal die Woche Frühtraining: „Dafür bekommen wir im Wiggy in Fächern frei, die nicht so wichtig sind. Zum Ausgleich machen wir zuhause Leistungsnachweise“, erzählt Valentin. Außer in drei Wochen Sommerferien wird durchtrainiert. Und das wird nie zuviel? „Nö“, sagt Mark, „die Zeit vergeht, ohne dass man auf die Uhr schaut“. Wie Valentin träumt auch er von Olympia: „Das wäre cool.“

Jetzt aber ist Schluss. Es geht stramm auf den Abend zu, Mark muss noch Mathe lernen. Und Valentin? „Der ist ein Genie. Er hat das nicht nötig“, sagt Mark. Ganz will das Valentin so nicht stehen lassen: „Ich muss noch ein Musikreferat machen, als Leistungsnachweis für die freien Stunden.“ Draußen wartet schon Anja Plieninger, Marks Mutter. „Ja, bei uns dreht sich fast alles ums Turnen“, bestätigt sie – und ergänzt sofort: „Aber wir machen keinen Druck. Da spreche ich auch für Familie Trumpp. Die Jungs haben einfach totalen Spaß am Turnen. Wir unterstützen nur diese Leidenschaft.“

Im übrigen müsse man Beide bremsen: „Die machen sonst noch daheim Übungen; die haben einfach keinen Aus-Knopf. Aber Ausruhen ist auch wichtig.“ Im übrigen bestätigt sie den Eindruck von eminenter Klarheit und Willensstärke, Disziplin und Leistungsbereitschaft: „Ja das stimmt. Turnen auf diesem Niveau, das ist eine Schule, die gibt es nirgends sonst.“