Vereinssport steht an Ganztagsschulen hoch im Kurs Foto: Patricia Sigerist

Seit Sportverbände und Kultusministerium sich einig sind, stehen dem Vereinssport die Türen der Ganztagsschulen offen. Nicht immer ist das erwünscht, aber immer öfter. Viele Schulen lassen sich die Lehrerwochenstunden auszahlen und kaufen dafür Betreuung ein.

Seit Sportverbände und Kultusministerium sich einig sind, stehen dem Vereinssport die Türen der Ganztagsschulen offen. Nicht immer ist das erwünscht, aber immer öfter. Viele Schulen lassen sich die Lehrerwochenstunden auszahlen und kaufen dafür Betreuung ein.

Stuttgart - Im April dieses Jahres hat das Kultusministerium die Sportvereine im Land offiziell zu Partnern an den Ganztagsgrundschulen gemacht. Eine Rahmenvereinbarung regelt Qualitätsstandards und empfiehlt eine Mindestvergütung von 25 Euro pro Stunde. Von den landesweit rund 375 Ganztagsgrundschulen sind inzwischen 1330 Kooperationen mit Sportvereinen geschlossen worden.

Geholfen hat dabei der Württembergische Landessportbund (WLSB). „Es ist uns gelungen, die Bedenken in den meisten der 5700 Vereinen in Württemberg zu zerstreuen“, sagt Klaus Tappeser, der Präsident des WLSB. Diese hatten in den Ganztagsschulen eher Konkurrenz als Chance gewittert. Doch der WLSB hat in allen 15 Sportkreisen für die Idee der Ganztagsschule geworben und 300 Teilnehmer für die Qualifizierungsrunden gewonnen. „In fünf bis sechs Jahren ist die Kooperation zwischen Schule und Vereinen so gut eingeführt, dass keine Koordination mehr nötig ist“, sagt Rolf Schmid, WLSB-Vizeschef.

Auch bei den Schulen müsse man missionieren: „Was sollen wir alles noch machen“, hätten viele Schulleiter gefragt, und manche Schule „ist nicht erfreut gewesen über schulfremdes Personal“, so Tappeser.

Nicht nur Übungsleiter und Trainer, sondern auch Studenten, Sporterfahrene aus dem Kinderbereich und selbst junge Erwachsene im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) kommen beim Ganztagsbetrieb zum Einsatz. „Wir haben mit den FSJ’lern gute Erfahrungen gemacht und zurzeit 250 Stellen für Schulen vorgemerkt“, sagt Tappeser.

Landesweit schließen die Vereine ihre Kooperationsvereinbarungen mit den Schulen selbst. Die Schulen haben die Wahl: Verzichten sie auf bis zu 50 Prozent der Lehrerstunden, die ihnen für den Ganztagsunterricht zustehen, können sie sich das Geld vom Land auszahlen lassen und Betreuungsleistungen einkaufen. Nach Angaben des Kultusministeriums werden derzeit landesweit 1055 Lehrerwochenstunden und damit 18 Prozent der Gesamtwochenstunden in Bares umgewandelt. Anders in Stuttgart: Hier haben Schulverwaltung und Gemeinderat verhindert, dass Geld statt Lehrerstunde kassiert wird. Außerdem sind die Honorare besser – die Stadt Stuttgart legt nochmals 15 Euro extra drauf. Die Kooperation funktioniert nach dem Stuttgarter Modell: Die Dachorganisation der Vereine, der Sportkreis Stuttgart, hat eine Rahmenvereinbarung mit dem Caritasverband, der Evangelischen Gesellschaft, der Jugendhausgesellschaft und der Arbeiterwohlfahrt abgeschlossen. Die Vereinbarung regelt Umfang, Art und Qualität der Sportangebote, die Sozialträger suchen Vereine, die das Sportangebot an der Schule leisten und bezahlen die Übungsleiter dafür. Tappeser nennt dies ein „Rundum-sorglos-Paket“.

Nach dem Stuttgarter Modell sind verschiedene Sportvereine inzwischen an elf Stuttgarter Ganztagsgrundschulen tätig, elf Sportvereine sind direkt als Vertragspartner im außerschulischen Bildungs- und Betreuungsprogramm der Stadt, 44 Vereine sind über Sportförderprogramme an Schulen.

Das „Rundum-sorglos-Paket“ hätte vermutlich auch die eine oder andere Gemeinde gern, nur haben kleine Kommunen weniger Geld, sagt Matthias Nagel vom Sportkreis Ludwigsburg. Und: „Viele Vereine wollen keine Dienstleister für dritte sein.“

Die Ganztagsschule stellt Vereine vor weitere Probleme. Die Sporthallen sind jetzt auch nachmittags belegt, Leistungssport sei oft nur noch in den Abendstunden möglich. Dasselbe gelte für den Senioren- oder Präventivsport, so die Verbandschefs.

Am Engagement an Schulen, da sind sich alle einig, ist nicht zu rütteln. Schon allein, um ihre Angebote bekannt zu machen bei Jugendlichen und sie so in den Verein zu bekommen, wie es Gerd Billner vom TB Gaisburg schildert.