Mit kleinen Bremsschirmen erhöhen die Läufer den Luftwiderstand. Foto: Sebastian Ostendorf

Corey Chapman, Footballspieler bei den Scorpions in Degerloch, bietet in Sillenbuch ein Speedcamp an. Angehende Profisportler stählen sich von den Knien bis in die Bauchmuskulatur. Diese Art von Training kommt aus den USA.

Sillenbuch/Degerloch - Das straffe grüne Band um die Knie, das gelbe elastische Band um die Fußknöchel. Danach müssen die fünf Schüler gegen den Widerstand der Gummibänder anlaufen. Die Übung sieht deutlich weniger anstrengend aus, als sie ist. Während am Seiteneingang der Spitalwaldhalle in Sillenbuch Senioren scherzend zu ihren Gymnastikkursen schlendern, legen sich die Jugendlichen mächtig ins Zeug, zehn Meter im schnellen Schritt zu überwinden. „Wir sorgen dafür, dass ihre Muskeln anfangen zu brennen“, sagt Corey Chapman. Die Übung dient aber nur zum Aufwärmen, wenn die Jungs mit Bremsschirmen im Rücken Gegenwind bekommen.

Kraft soll zu Geschwindigkeit werden

Chapman, Footballspieler bei den Stuttgart Scorpions, bietet mit seiner Firma CFS Sports Performance ein sogenanntes Speedcamp an. „Gemeinsam trainieren wir Techniken in den Bereichen Beschleunigung, Endgeschwindigkeit und Richtungsänderung“, sagt Chapman. Ziel des Trainings ist es, dass die Sportler Kraft in Geschwindigkeit umsetzen können. Es stehen deshalb Übungen an, die als Explosivitätstraining bezeichnet werden: Kastenspringen, aus dem Liegen zum Sprint ansetzen oder mit kleinen Bremsschirmen den Luftwiderstand erhöhen. „Wir trainieren den Bereich vom Knie bis in die Bauchmuskulatur“, sagt der Footballspieler. Die Trainingseinheiten sind der eigentlichen Sportart vorgeschaltet.

Das Camp richtet sich an alle Sportler, die ihre Leistungen verbessern wollen. Am liebsten trainiert Chapman aber mit Kindern und Jugendlichen. „Kinder haben sehr viel Spaß und Motivation und sind schnell begeisterungsfähig. Jugendliche wollen sich ständig verbessern“, sagt der 26-Jährige. So wie die Robert Weissenborn, 14, und Elias Ludwig, 13, aus den Jugendmannschaften der Scorpions. Sie nahmen schon am Trainingslager in den Pfingstferien teil.

Ziel ist es, in der College League Football zu spielen

„Auf einem der Spiele hatten unsere Trainer für das Trainingslager geworben“, sagt Elias Ludwig. Für den Nachwuchsspieler ist die Technik wichtig, nicht schnell außer Puste zu geraten. „Corey macht jeden Tag andere Übungen. Nur die Aufwärmübungen wiederholt er jeden Tag“, sagt Weissenborn. Die Jungs beeindruckt vor allem, dass der Profi Ausrüstung aus den USA verwendet. Auf Anklang stößt seine Art von Unterricht: „Corey kritisiert nicht nur, sondern gibt auch Tipps, sich zu verbessern“, sagt Elias Ludwig. Beide möchten später in der amerikanischen College League Football spielen. Sie dient meist als Sprungbrett für eine Profikarriere. Das Austauschjahr in die USA in der zehnten Klasse haben sie schon fest eingeplant.

Gabriel Kalus, der das Flagfootballteam der Scorpions betreut, erklärt, dass die Profimannschaft einen deutlichen Leistungszuwachs durch das Speedtraining verzeichnet. „Nicht umsonst sind wir zweiter in dieser Saison geworden“, sagt er. Für Kalus steht im Vordergrund, dass im Training Verletzungen vorgebeugt werden, die beim Sprinten auftreten können.

Klinsmann hat diese Trainingsmethoden eingeführt

Die Übungen sind in den USA für Basketball oder Football als Aufbautraining üblich. Chapman siedelte von Indianapolis nach Deutschland über, da er hier großen Bedarf sieht. Der amerikanische Trainingsansatz ist bei deutschen Vereinen jenseits der ersten Fußball-Bundesliga noch unüblich. Als Jürgen Klinsmann 2004 seinen Dienst als Bundestrainer antrat, hat er die Trainingsmethoden bei der Nationalmannschaft eingeführt. Seitdem haben Vereine wie Bayern München und Borussia Dortmund das Speedtraining übernommen und trimmen ihre Spieler auf Beschleunigung und Schnelligkeit. In Deutschland seien die Vereine sehr konservativ eingestellt, so der Profi. „Für sie stehen Technik und Spielzüge im Vordergrund, nicht aber die kontrollierte Schnelligkeit“, erklärt er.

Problematisch ist für Chapman und sein Team die Überbelegung der Sporthallen in Stuttgart. Dass das Team eine Trainingsmöglichkeit in der Halle des Sportvereins Sillenbuch (SVS) bekommen hatte, ergab sich zufällig. Der SVS interessierte sich für die neuen Methoden und bot dem Speedcamp seine Halle und den Sportplatz an. Ein langfristiges Ziel des Speedcamps freilich sei es, ein eigenes Trainingszentrum in Stuttgart zu errichten, sagt Chapman.