Beim Speed-Dating wechseln die Gesprächspartner alle sieben Minuten. Foto:  

Manchmal treffen beim Speed-Dating Lebenswelten aufeinander. Mehrmals im Monat veranstaltet die Agentur Date York im Park Hotel Inn am Marienplatz für Kontaktfreudige und Partnersuchende das Kennenlernspiel.

S-Süd/ Marienplatz - Als ich um kurz nach 18.30 Uhr im Park Hotel Inn ankomme, haben sich die meisten Kontaktfreudigen schon eingefunden. Die Frauen sitzen in einer Reihe an der Wand, die Männer gegenüber. Letztere müssten immer einen Stuhl weiter wechseln, erklärt der blonde Love Angel, eine Mitarbeiterin der Agentur, die uns in die Geheimnisse des schnellen Kennenlernens einführt. Schließlich sei der kleine Umzug für die Damen umständlicher, weil sie meistens mehr Sachen dabei haben. Mit mir sind an diesem Abend zehn Frauen dabei – und 13 Männer, die wegen ihrer Überzahl regelmäßig eine Runde aussetzen müssen. Die Agentur Date York organisiert deutschlandweit Speed-Datings. In Stuttgart findet das flotte Kennenlernen mehrmals im Monat für verschiedene Altersgruppen im Park Hotel Inn am Marienplatz statt.

Der Love-Angel von der Agentur führt durch den Abend

Vor dem offiziellen Beginn sind die Teilnehmer noch sehr schweigsam. Als alle sich eingefunden haben, schlägt der Love Angel mit einem Löffel an einen Sektglas. Es ist der Startschuss, nun darf geredet werden. Vier bis fünf Minuten ungefähr, bis das Glas wieder erklingt und die Männer einen Stuhl weiterrutschen. Mein erster Kandidat stellt sich gleich als Speed-Dating-Experte vor. Er sei hier der Ladenhüter, sagt er lachend. Mehrmals sei er schon dabei gewesen. Als er die Dame neben mir erblickt, sagt er: „Ach du warst ja auch schon öfters hier.“ Die allerdings entgegnet: „Wer ich? Nein, ich bin zum ersten Mal da.“ Offenbar gehört es beim Speed-Dating dazu nicht zuzugeben, dass man hingeht.

13 Kandidaten darf ich mir nun in den nächsten zwei Stunden anschauen. Kandidat Nummer zwei stellt sich brav mit Handschlag vor. Dann sagt er gleich, dass er prinzipiell nicht gerne ausgehe und deshalb eine Frau suche, die ebenfalls am liebsten zu Hause bleibe. Er sei zum ersten Mal beim Speed-Dating, ergänzt er noch. Jetzt habe er sich aufgerafft, er wolle nun eine Frau kennen lernen.

Danach ist Torsten an der Reihe. Er gibt als einer der wenigen zu, dass er schon einmal da war. Damals habe er eine Freundin gefunden. Nun sei es leider vorbei. Weil es einmal beim Speed-Dating so gut geklappt habe, habe er sich wieder angemeldet. Dann fängt er an, wie alle anderen mir Fragen zu stellen. Viele Fragen.

Deshalb höre ich mich zum gefühlt hundertsten Male antworten, dass ich bei einer Zeitung arbeite, dass ich Hobbies habe, ja, Tischtennis spiele ich. Und ja, natürlich reise ich gerne, und natürlich am liebsten in den Süden. Im Geiste gehe ich vor jedem Kandidaten im Kopf meinen Lebenslauf durch und komme mir ein bisschen vor wie im Bewerbungsgespräch. Nein nein, ich bin ursprünglich nicht aus Stuttgart, aber ja, ich lebe gerne hier mitten in der Stadt. Viele der Männer, die mir gegenüber sitzen, haben einen langen Weg auf sich genommen, um im Park Hotel Inn eine Frau kennen zu lernen. Aus Großbottwar, Schwäbisch Gmünd, Balingen und sogar aus Rottweil sind einige angereist. Selbstverständlich wünschen sie sich, dass die zukünftige Frau auch gerne auf dem Land lebt.

Beim Speed-Dating treffen die unterschiedlichen Lebensentwürfe aufeinander

Einer der Kandidaten hat sehr konkrete Vorstellungen. Der Wengerter aus der Nähe von Heilbronn preist mir über Minuten nicht nur das eigene Weingut an, sondern auch seine Eigentumswohnung – die im Haus der Eltern liegt. Aber es gebe bei Bedarf noch ein Stückle im Besitz der Familie, auf dem man gemeinsam ein Haus bauen könne. Blöd, dass genau in diesem Moment die Pause beginnt und er keine Anstalten macht, seinen Platz zu verlassen. So muss ich weitere fünf Minuten das mir drohende Einfamilienhaus auf dem Wengerterstückle, das so gar nicht meinem Lebensentwurf entspricht, abwenden.

Bereits nach dem vierten Kandidaten fange ich an, den Überblick zu verlieren. Mein Kopf schwirrt. Ich kann mich kaum noch erinnern, wer mir was erzählt hat, oder wie jeder ausgesehen hat. Um später beim Ankreuzen im Internet nichts falsch zu machen, notiere ich mir deshalb gewissenhaft die Pseudonyme aller Kandidaten und was sie anhaben. Die Männer machen das anders als die Frauen, sagt mir Georg, Kandidat Nummer zwölf. „Die machen gleich ein Plus oder Minus nach dem Gespräch hinter den Namen einer Frau“, sagt er. Frauen würden ja eher im Nachhinein entscheiden, habe er beobachtet. Sie schrieben viel mehr auf zu den einzelnen Kandidaten. Nach dem Dating hat jeder Kandidat die Möglichkeit, im Internet anzukreuzen, wen er gerne kennen lernen möchte. Nur bei Übereinstimmungen gibt die Agentur die Kontaktdaten für beide frei. Wer die Muße hat, kann dann noch seine Mitkandidaten bewerten nach Sympathie, Gespräch, Körpersprache und Aussehen. Dafür erhalte ich eine Grafik, die mir den eigenen Marktwert widerspiegelt. Nach 48 Stunden läuft die Bewertungsfrist ab und ich kann mir auf der Website von Date York meine Ergebnisse ansehen. Elf von zwölf Kandidaten wollen mich kennen lernen. „Ihre Erfolgsquote beträgt 85,6 Prozent“, steht da geschrieben. gut für mich, so bin ich auf das Stückle vom Wengerter bei Heilbronn nicht angewiesen.