Geknickte Verliererin der Wahl in Nordrhein-Westfalen: Hannelore Kraft. Foto: AP

Die CDU hat bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen klar gesiegt. Für die zu Tode betrübte SPD ist das Debakel größer als der Triumph für die himmelhoch jauchzenden Christdemokraten, analysiert unser stellvertretender Chefredakteur Wolfgang Molitor in seinem Kommentar.

Stuttgart - So weit ist es mit der CDU also gekommen, dass einer wie CSU-Chef Horst Seehofer glaubt, sie eindringlich vor Überheblichkeit warnen zu müssen. Aber vielleicht kommt der Ruf aus München zur rechten Zeit. Nach dem Saarland und Schleswig-Holstein hängt die CDU auch in Nordrhein-Westfalen die Genossen ab. Nicht einmal eine Junior-Regierungsbeteiligung scheint greifbar. Das ist eine Wachablösung, eine spektakuläre rot-grüne Demontage der bis vor wenigen Wochen schier unablösbar scheinenden und jetzt als SPD-Landeschefin hinwerfenden Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Und weil das natürlich ein Debakel auch für den SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz ist, dessen Partei sich immer ratloser präsentiert, darf sich die Kanzlerin bestätigt fühlen, im Augenblick das Richtige, zumindest das Notwendige zu tun. Ganz sicher: Angela Merkel hat in NRW mindestens genauso zum CDU-Sieg beigetragen wie Martin Schulz zum SPD-Absturz. Glück auf!

Der Erfolg der FDP ist spektakulär

Für die zu Tode betrübte SPD ist das Debakel größer als der Triumph für die himmelhoch jauchzenden Christdemokraten. Die seit Langem wieder harmonisch und kampflustig agierende CDU hat es geschafft, in einem emotionalen Schlussspurt einer längst verloren gegebenen Wahl mit einer klugen Mischung landes- und bundespolitischer Themen zu punkten. Sie hat die von Kraft ignorierte Unzufriedenheit mit der rot-grünen Schulpolitik erkannt, die innere Sicherheit als SPD-Schwachstelle aufgedeckt und die marode Infrastruktur als Beispiel für ein gefühlt runterregiertes Land aufs Podium gehievt. Und damit einen scheinbaren Verlierer wie Armin Laschet politisch attraktiv erscheinen lassen. Kraft hatte dem nichts entgegenzusetzen – außer einer verschwiemelten NRWir-Kampagne aus erfolgreichen, aber längst verblichenen Johannes-Rau-Tagen.

Der Erfolg der FDP war erwartet, ist aber kaum weniger spektakulär. Mit Christian Lindner, dem landes- und bundespolitischen Anführer, hat sie wieder einen Kopf, der die Partei mit einer Mischung aus Personalityshow und frechen Statements in die Schlagzeilen, möglicherweise sogar in die Regierung zu bringen weiß. Wer die Zugewinne von CDU und FDP zusammenzählt, wird sich hüten, NRW noch als Herzkammer der SPD zu bezeichnen. Für die Grünen und die AfD bleibt eine Randnotiz: Die einen bleiben drin, die anderen kommen rein.

Nur ein schwacher Trost für die SPD

Aber wie hat Horst Seehofer gesagt? Die Wahlen in NRW und Schleswig-Holstein haben gezeigt, wie schnell ein Vorsprung in wenigen Wochen verspielt werden kann. Dass ist der einzige Trost für die SPD. Ein schwacher dazu.

wolfgang.molitor@stuttgarter-nachrichten.de