SPD-Chefs Sigmar Gabriel (re.) und Nils Schmid in Mannheim Foto: dpa

Politiker sollten sich bei Veranstaltungen statt in die erste Reihe in die Mitte setzen, damit sie hören, was die Menschen bewegt, rät Sigmar Gabriel seinen Genossen. Zum Beispiel beim Thema Flüchtlinge.

Mannheim - „Politiker sollten sich bei Veranstaltungen nicht in die erste Reihe setzen, sondern in die Mitte“, rät Sigmar Gabriel seinen Genossen. Dann hörten sie auch, was die Menschen tatsächlich bewegt. Der SPD-Vorsitzende ist am Samstag zum Parteitag der Südwest-SPD nach Mannheim gekommen. Am Vorabend haben die Delegierten ihren Landesvorsitzenden Nils Schmid mit 91 Prozent wiedergewählt.

Die Flüchtlingskrise sei nur zu meistern, wenn eine Spaltung der Gesellschaft vermieden werde, so der Vizekanzler. Deshalb sei es wichtig, dass die Sozialdemokraten an einem Strang zögen. „Wir brauchen offene Herzen und einen klaren Verstand.“ Wie bei CDU und Grünen gehen auch in der SPD die Meinungen darüber, wie diese Herausforderung zu bewältigen sei, weit auseinander.

Der linke Flügel lehnt es ab, die Westbalkanländer zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären. Kommunalpolitiker hingegen hoffen darauf, dass sich dadurch die Situation etwas entspannt. Gleichzeitig müsse man Arbeitsuchenden aus diesen Ländern aber die Möglichkeit eröffnen, als Fachkräfte nach Deutschland zu kommen, sagt Gabriel. Die vorrangige Aufgabe sieht er darin, diejenigen, die nicht mehr in ihre Heimatländer zurückkehren könnten, zu integrieren. Baden-Württemberg sei da ein gutes Vorbild. Am Dienstag will das Kabinett einen Nachtragshaushalt beschließen. Wie unsere Zeitung berichtete, sollen im laufenden Jahr und 2016 bis zu 1,8 Milliarden Euro zusätzlich investiert werden, um unter anderem bei Wohnungsbau und Bildung voranzukommen.

Partnerschaft als Vorbild

Zugleich müssten aber auch die Fluchtursachen bekämpft werden, fordert Gabriel – auf nationaler wie auf internationaler Ebene. Auch hier leiste Baden-Württemberg Beispielhaftes. Europaminister Peter Friedrich plant eine Partnerschaft mit der nordirakischen Region Dahuk. Die Unterstützung für etwa eine Million Flüchtlinge könnte Vorbild für andere Bundesländer und Staaten sein, sagt SPD-Vize Friedrich.

Integrationsministerin Bilkay Öney appelliert an die Genossen, Fremdenfeindlichkeit klar abzulehnen. „Brandstiftung, auch geistige Brandstiftung, ist ein Verbrechen“, sagt sie mit Blick auf Anschläge gegen Flüchtlingsheime. Gabriel warnt, Ängste in der Bevölkerung zu schüren, etwa indem der Mindestlohn infrage gestellt werde – ein Seitenhieb auf CDU-Landeschef Thomas Strobl. „Wir müssen täglich zeigen, dass solidarische Flüchtlingspolitik nicht heißt, andere zu benachteiligen.“ Die Neuankömmlinge wiederum müssten lernen, dass in Deutschland „Staat und Recht über allen Religionen stehen“, Männer und Frauen gleichberechtigt, Homosexualität in Ordnung sei und dass es keinen Platz für Antisemitismus gebe.