Burkhard Lischka nennt das Bundesamt für Verfassungsschutz einen „Saftladen“. Foto: dpa

Exklusiv – Der SPD-Innenpolitiker Lischka will erneut den ehemaligen Grünen-Abgeordneten Jerzy Montag als Sonderermittler im NSU-Komplex einsetzen. Er begründet das mit den „unerklärlichen Pannen“ im Bundesamt für Verfassungsschutz im Fall des verstorbenen V-Manns Corelli.

Stuttgart - Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion erwägt, nach erneuten „unerklärlichen Pannen“ im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) im Fall des verstorbenen V-Manns Corelli erneut den ehemaligen Grünen-Abgeordneten Jerzy Montag als Sonderermittler im NSU-Komplex einzusetzen. Burkhard Lischka ist Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr), das die Geheimdienste kontrollieren soll. Der SPD-Innenpolitiker sagte der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten: „Ich denke darüber nach, bei der nächsten Sitzung des PKGr für diesen Fall Jerzy Montag noch einmal als Sonderermittler einzusetzen.“ Montag war schon einmal in dieser Funktion im Fall Corelli tätig. Corelli war V-Mann in der rechtsextremen Szene und starb zwei Jahre nach seiner Enttarnung im April 2014 an einem Zuckerschock. Er gilt als eine zentrale Figur im Zusammenhang mit der Aufklärung der Taten der rechtsterroristischen Terrorzelle NSU.

Im Mai 2015 hatte Montag einen 300-seitigen Bericht über den Fall Corelli vorgelegt. Erst zwei Monate später tauchte in einem zuvor schon mehrfach durchsuchten Stahlschrank des BfV ein Handy Corellis auf, dessen Auswertung Monate dauerte und über das die Kontrollgremien nicht informiert wurden. Der Vorfall wurde erst nach einer Sitzung des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag am Mittwoch öffentlich. Lischka spricht deshalb gegenüber der StZ und den StN im Zusammenhang mit dem Vorgehen des BfV von einem „Saftladen“. Der Geheimdienst „bietet allen Verschwörungstheorien breiten Raum“. Er sei deshalb mit dem Vorsitzenden des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Clemens Binninger, übereingekommen, Jerzy Montag schon in der nächsten Sitzung des PKGr einzuladen, um über das weitere Vorgehen zu beraten, sagte Lischka. Irene Mihalic, die für die Grünen im NSU-Untersuchungsausschuss sitzt, zeigte sich ebenfalls empört: „Meiner Ansicht nach liegt der Schlüssel der Aufklärung des gesamten NSU-Komplexes im Bundesamt für Verfassungsschutz“, so Mihalic.