Siemens streicht weltweit tausende Stellen Foto: dpa

Die weltweit insgesamt 342 000 Siemensianer haben sich an Spar- und Umbauprogramme fast schon gewöhnt. Dieses Mal sollen vor allem Stellen in der Sparte Stromerzeugung wegfallen.

Stuttgart - Die meisten Beschäftigten des Technologiekonzerns Siemens in Baden-Württemberg haben die Nachricht aus den Medien erfahren: Siemens streicht Stellen. Schon wieder. Immerhin: Aus Unternehmenskreisen heißt es, die Standorte im Land dürften von dem Sparprogramm nicht so stark betroffen sein. Weltweit will der Konzern weitere 4500 Jobs abbauen – 2200 davon in Deutschland.

Die problematischen Geschäftsbereiche befänden sich weniger in Baden-Württemberg, sagt Stephan Keiber, Betriebsratsvorsitzender der Siemens AG in Karlsruhe. Dagegen befürchtet etwa die IG Metall Berlin, dass es das dortige Gasturbinenwerk mit 800 Beschäftigten „empfindlich treffen“ könnte. In Baden-Württemberg betreibt Siemens 12 Standorte.

Am größten in Karlsruhe arbeiten in der Vertriebsniederlassung und der Fertigung rund 4500 Menschen. Der größte Vertriebsstandort ist in Stuttgart mit rund 1800 Beschäftigten. Das ist das Ergebnis von Recherchen unserer Zeitung – das Unternehmen selbst äußert sich nicht zu der Zahl der Beschäftigten an den Standorten.

Siemens hatte erst im Februar den Abbau von 7800 Arbeitsplätzen weltweit angekündigt. Rund 3300 davon in Deutschland. Immerhin: Diese Anzahl reduziert sich nach Abschluss der Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern auf rund 2900 betroffene Stellen in Deutschland.

Beim letzten Sparprogramm ging es vor allem um eine Verschlankung der Verwaltung. Etwa ein Drittel der 4500 nun wegfallenden Jobs betreffen die Stromerzeugungs-Sparte. Der Rest entfällt auf ertragsschwache Sparten, die Siemenschef Joe Kaeser möglichst in Eigenregie sanieren will. Mit dem radikalen Konzernumbau will Kaeser damit weitgehend durch sein. Kaeser steht zunehmend unter Druck: Schon länger hinkt der Elektrokonzern in Sachen Rentabilität Wettbewerbern wie dem US-Erzrivalen General Electric hinterher. Der verbuchte zuletzt zwar Milliardenverluste wegen des Verkaufs seiner Finanzsparte – doch Siemens belasten immer wieder Probleme im Kerngeschäft.

Beim Blick auf die Konkurrenz fällt auf: General Electric fährt gemessen an der Belegschaft viel mehr Umsatz ein. Während Siemens im vergangenen Geschäftsjahr rechnerisch auf knapp 210 000 Euro pro Mitarbeiter kam, waren es beim US-Konzern fast 420 000 US-Dollar. Mit dem Wechselkurs vom 31. Dezember, dem Stichtag des GE-Geschäftsjahrs, sind das über 345 000 Euro Umsatz – fast zwei Drittel mehr als bei Siemens. Dabei fehlt die Finanzsparte GE Capital, in der pro Mitarbeiter noch höhere Erlöse anfallen.

Für die 342 000 Siemensianer gehören Spar- und Umbauprogramme fast zum Tagesgeschäft: Unter Kaeser-Vorgänger Peter Löscher fielen rund 17 000 Jobs weg. Einem weiteren noch von Löscher auf den Weg gebrachten Sparprogramm, dessen Auswirkungen Kaeser kurz nach Amtsantritt bezifferte, fielen zudem 15 000 Jobs zum Opfer. Nun stehen durch den Konzernumbau und die Anpassungen in den schwächelnden Geschäftsfeldern nochmals über 13 000 Stellen auf der Streichliste. In Summe sind das über 45 000 Jobs – allerdings baut Siemens auch neue Stellen auf.

Doch bei Arbeitnehmervertretern sorgt der Abbau für Ärger. Die IG Metall kündigte Aktionstage an und will notfalls massiven Widerstand gegen die Pläne organisieren. „Das Management dreht bei akuten oder strukturellen Problemen reflexartig an der Schraube der Personalkosten“, hieß es. Dabei müssten langfristig tragfähige und innovative Lösungsansätze entwickelt werden.