Die Stage Entertainment hält an zwei Theatern in Stuttgart fest Foto: Storck

Die neuen Besitzer des Musical-Marktführers Stage Entertainment haben in Berlin und Hamburg Schließungen angekündigt - und sorgen damit auch in Stuttgart für Unruhe.

Stuttgart - Steht eine Musicalkrise hoch am Horizont? Die neuen Mehrheitseigner der Stage Entertainment sorgen auch in Stuttgart für Unruhe. Firmengründer Joop van den Ende hat im vergangenen Sommer 60 Prozent seines Unterhaltungskonzerns an die Anlageberatungsgesellschaft CVS Consult Partners (Firmensitz ist Luxemburg) verkauft. Anfang dieses Jahres haben die neuen Besitzer die ersten Sparmaßnahmen ergriffen. „Hinterm Horizont“ geht es in Berlin nun doch nicht weiter – mit dem Aus des gleichnamigen Lindenberg-Musicals wird das gesamte Theater am Potsdamer Platz dichtgemacht. Auch die Musicalschule in Hamburg wird geschlossen. Der Standort Stuttgart, versichert Stage-Sprecher Stephan Jaekel gegenüber unserer Zeitung, gilt mit zwei Häusern jedoch als sicher. Das Apollo- und das Palladium-Theater zählten zu den gesunden Teilen des Konzerns. Jaekel glaubt, dass im SI-Centrum auf beiden Straßenseiten in den nächsten fünf Jahren die Lichter nicht ausgehen werden.

„Für Stuttgart steht ein Fünf-Jahres-Plan mit wechselnden Stücken“, erklärte Jaekel. Es gehört zur Politik des Unternehmens, die Shows spätestens nach drei Jahren zu wechseln und die Nachfolgeproduktionen erst wenige Monate vor dem Start zu verkünden. Der Stage-Sprecher aus der Hamburger Firmenzentrale wollte deshalb nicht offiziell bestätigen, was unsere Zeitung bereits im November vergangenen Jahres berichtet hat: Auf „Tarzan“ folgt im Herbst 2016 im Apollo-Theater „Mary Poppins“, das Musical nach dem weltberühmtem Kinderfilm, das gerade in Wien gespielt wird.

Wert der Stage Entertainment wird auf 400 Millionen Euro geschätzt

Stage Entertainment gehörte ursprünglich zu Endemol, der von van den Ende und John de Mol gegründeten Produktionsfirma, die mit Fernsehformaten wie „Big Brother“ bekannt wurde. Als Endemol an die spanische Telefonica verkauft wurde, behielt van den Ende das Musicalgeschäft. Auch CVC hat Erfahrung in der Unterhaltungsbranche, aber nicht bei Musicalbühnen: Dem Investor gehören unter anderem der britische Freizeitpark-Betreiber Merlin (Legoland, Heide-Park, Madame Tussauds und Sealife) und ist an der weltgrößten Rennsportserie Formel 1 zu 35 Prozent beteiligt.

Der Wert der Stage Entertainment wird auf 400 Millionen Euro geschätzt. Mit 2600 Mitarbeitern weltweit setzt der Unterhaltungskonzern im Jahr etwa eine halbe Milliarde um. Im vergangenen Geschäftsjahr sollen die Verluste 19 Millionen Euro betragen haben, weshalb die neuen Stage-Besitzer nun 250 Stellen abbauen wollen. Nach den Worten von Jaekel sind davon die Arbeitsplätze in Stuttgart nicht betroffen. Nach der Ankündigung, dass sich „Tarzan“ verabschiedet, habe ein neuer Run auf die Karten der Urwaldshow eingesetzt. Auch „Rocky“ läuft laut Stage sehr gut.

Für Experimente in der Stoffauswahl werden die Stage-Häuser künftig nicht mehr der richtige Platz sein, räumt Jaekel ein: „Das Experimentelle überlassen wir nun den Stadttheatern.“ Die neuen Besitzer setzen nur auf Shows, die als massentauglich angesehen wird. International, sagt Jaekel, fehlte es gerade an „Knallern“, die auch in Deutschland ein großer Erfolg werden könnten. Aus diesem Grund müsse man sich schweren Herzens nun vom Theater am Potsdamer Platz trennen. Dass die Zeichen auf Kürzung statt auf Expansion stehen, glaubt der Stage-Sprecher jedoch nicht. Sein Unternehmen halte an den Plänen fest, den Musicalstandort München auszubauen. Jaekel sieht das Einzugsgebiet von Bayern nicht als Konkurrenz von Stuttgart: „Da gibt es nur wenige Überschneidungen.“