Rubén Barrio Arrea sagt, er habe im Wunnebad einen Traumjob gefunden. Nach Spanien zurück will er vorerst nicht. Foto: Gottfried Stoppel

Der Spanier Rubén Barrio Arrea ist vor drei Jahren vor der grassierenden Jugendarbeitslosigkeit geflüchtet – damals sprach er kaum ein Wort Deutsch. Wenn alles glatt läuft, dann beendet er bald seine Ausbildung zum Bademeister.

Winnenden - Der junge Mann mit den kurzen Hosen und dem langen Bart kniet am Beckenrand des Wunnebads in Winnenden, er misst die Wasserwerte und die Temperatur. Rubén Barrio Arrea ist mitunter vor den ersten Badegästen da – zur Frühschicht. Manchmal arbeitet er bis spätabends. Ruben reinigt das Becken mit einem Gerät, das man einen Unterwasserstaubsauger nennen könnte. Er macht Aufsicht, hilft dem Hausmeister. Fast immer hat der Mann aus der Winnender Partnerstadt Santo Domingo de la Calzada in Spanien gute Laune. Er strahlt, macht Scherze, ist beliebt. Viele Kollegen sagen sinngemäß, Ruben sei ein cooler Typ. Er selbst sagt, er habe einen Traumjob gefunden.

Vor fast genau drei Jahren ist Ruben zusammen mit fünf anderen jungen Spaniern vor der grassierenden Jugendarbeitslosigkeit in seinem Heimatland geflüchtet – und in Winnenden gelandet. Die Große Kreisstadt und einige örtliche Unternehmer hatten damals ein ehrgeiziges und nicht vollkommen uneigennütziges Projekt gestartet: Im Schwabenland wurden den Spaniern Praktikumsplätze, Sprachkurse und Lehrstellen angeboten. Kaum Ausbildungsplätze in Spanien, fehlende Bewerber im Ländle – da müsste doch was zu machen sein. Im Rückblick kann man sagen: Ja, das passt. Immerhin drei der einst sechs Spanier sind noch in Deutschland.

Paten vermittelt, Fahrräder geschenkt, Feste organisiert

Viele Experten sagten, dass bei solchen binationalen Projekten kaum die Hälfte der Teilnehmer die ersten Wochen durchhalte. Im Winnenden hat sich die Stadt indes außergewöhnlich stark engagiert. Rubén Barrio Arrea und die anderen haben immer eine Ansprechpartnerin, für sie wurden Paten und Fahrräder beschafft, Feste und Treffen organisiert.

An diesem sommerlichen Abend sitzen Rubén Barrio Arrea und sein Pate, Ignacio Ibanez, in einer Kneipe gleich beim Wunnebad. Rubén Barrio Arrea nennt den 59-jährigen Dolmetscher Ibanez manchmal augenzwinkernd „Papa“. Die beiden treffen sich, wenn er Probleme hat – zum Beispiel mit dem Handyvertrag – oder einfach mal auf ein Bierchen, so wie an diesem Tag. Ignacio Ibanez kann sich wie kaum ein anderer in die spanischen Azubis hineinversetzen. Er ist ebenfalls Spanier, hat sich ebenfalls durchgebissen im oft kalten Deutschland. Ibanez arbeitet bei Daimler in Esslingen und lebt mit seiner Familie in Winnenden. Seine ersten Jahre in Deutschland seien hart gewesen, erzählt Ibanez. Deutschland, sagt er, sei eine „andere Welt“. Viele Spanier seien beim ersten Treffen offener als viele Deutsche. Das Leben finde in Spanien draußen statt, die Menschen igelten sich weniger ein. Ibanez hat aber längst viele gute Freunde und Bekannte. „Ich gehöre dazu“, sagt der Mann, der einen spanischen und einen deutschen Pass hat. Später, wenn er Rentner sei, wolle er aber „die harte Zeit“ in Spanien verleben – also die Monate November bis Februar, wenn es in Deutschland oft kalt, dunkel und grau ist.

„Gut oder eine Katastrophe“

Wie läuft die Ausbildung? Wie geht’s der Freundin? Das will Ignacio Ibanez von Rubén wissen. Die Freundin, ebenfalls Spanierin, die in Winnenden lebt, sei zurzeit auf Heimatvisite. Und die Ausbildung zum Fachangestellten für Bäderbetriebe geht bald zu Ende. Wenn alles glatt laufe, sagt Rubén, dann könne er zum 1. August eine feste Stelle im Wunnebad antreten. Wie die schriftliche Prüfung kürzlich gelaufen ist, das könne er aber kaum einschätzen. „Gut oder eine Katastrophe“, erklärt er und grinst breit. Die praktische Prüfung am letzten Montag im Juni sollte aber ein lösbares Problem sein. Er werde vorher seinen langen Bart abschneiden, um schneller schwimmen zu können.

Diese Ankündigung wird Sara Fernández Garcia freuen. Sie lernt ebenfalls seit drei Jahren in Winnenden, will Krankenschwester werden, ist zurzeit zu Besuch bei ihrer Mutter in Spanien und hat kürzlich kopfschüttelnd zu Ruben gesagt: „Du siehst aus wie ein Taliban.“

Beste Chancen auf eien Job in Deutschland

Programm
Sara und Rubén sind im Mai 2014 mit der ersten Kleingruppe aus der Partnerstadt Santo Domingo de la Calzada nach Winnenden gekommen. Sie haben zunächst einen Intensivsprachkurs besucht, dann ein Berufspraktikum absolviert und weiter nebenher fleißig Deutsch gelernt. Danach hat ihre Ausbildung begonnen. Später sind weitere Spanier zur Ausbildung nach Winnenden gekommen. Wir begleiten den Aufenthalt von Sara und Rubén mit einer Artikelserie.

Arbeitsmarkt
In Spanien liegt die Jugendarbeitslosenquote zurzeit bei knapp 40 Prozent, in Deutschland bei nur knapp sieben Prozent. Speziell im Südwesten der Bundesrepublik gibt es für die Berufe, die Sara und Rubén lernen, viele offene Stellen. Sowohl Krankenschwestern als auch Bademeister werden händeringend gesucht. Die beiden Spanier haben also – wenn sie ihre Prüfungen bestehen – beste Chancen auf einen Job.