Anja Weiler, Esther Fischer, Sascha Riedel, Corinna Groß und Katharina Kulakow (von links) sind zusammen „Deine Straße“. Foto: privat

Fünf Medienschaffende aus Stuttgart gründen das gemeinnützige Start-Up-Unternehmen „Deine Straße“. Sie wollen Nachbarn in ihrem Viertel vernetzen und zusammenbringen.

S-Süd - Bratislava, Berlin und Mannheim– für ihr Projekt sind die vier Stuttgarter Jungunternehmerinnen schon viel umher gereist. Dabei hat ihre Idee überhaupt gar nicht die weite Welt im Blick, sondern die kleine, die Welt direkt vor der eigenen Haustür. „Deine Straße“ heißt das Start-Up-Unternehmen von Corinna Groß, Katharina Kulakow, Anja Weiler und Esther Fischer aus Stuttgart. Die vier Gründerinnen wollen eine Nachbarschaftsplattform ins Leben rufen. Anfangen wollen sie im Süden. Dort sind Groß und Kulakow zu Hause. „Ich bin in Stuttgart schon viel umgezogen, aber meine Nachbarn kannte ich nie“, erzählt die 26-jährige Kulakow.

Der Babysitter von nebenan

Wie praktisch aber wäre es doch, wenn der Babysitter direkt nebenan wohnen würde oder wenn die Frau von oben die Blumen gießt, während man selbst im Urlaub ist. „Jeder hat Fähigkeiten, die vielleicht jemand anderes in der Nachbarschaft gerade brauchen kann“, sagt Corinna Groß. Mit ihrer Plattform „Deine Straße“ wollen die vier jungen Damen Menschen in ihrem Quartier vernetzen, quasi Facebook für das eigene Stadtviertel. Kennenlernen ist ein Credo, ebenso wie Leihen statt Kaufen und sich gegenseitig helfen. „Wir wollen die Anonymität in der Großstadt überwinden“, sagt Groß. Die vier Gründerinnen sind auf dem Dorf groß geworden. Dort, wo Fuchs und Hase sich Gute Nacht sagen. Wo jeder jeden kennt. Dort, wo man selbstverständlich ein Ei von der Nachbarin bekommt für den Kuchen oder der Nachbar beim Wasserrohrbruch aushilft. „Ich würde mich hier gar nicht trauen, jemanden zu fragen“, sagt Kulakow.

Kennengelernt haben sie sich selbst übrigens nicht in der Nachbarschaft, sondern während dem Studium an der Hochschule der Medien. Dort ist das Projekt im Zuge eines Seminars für Existenzgründung entstanden. Ab dann ging alles schnell: Bei einer Projektwoche in Bratislava traten sie gegen andere Gründungsteams aus dem Ausland an und gewannen den zweiten Platz, ebenso beim Elevator Pitch Baden-Württemberg. „Da waren wir auch Publikumsliebling“, sagt Corinna Groß. Weitere Auftritte bei Messen verliefen ebenfalls erfolgreich für die vier Mädels, die „Deine Straße“ alle nebenberuflich betreiben.

Geld und Helfer fehlen noch

Auf der Think-Big-Messe in Mannheim standen ihre Meilensteine fest. Der Programmierer Sascha Riedel stieg noch in das Projekt mit ein. Was jetzt noch fehlt? Geld und Helfer. Knapp 1500 Euro haben die Unternehmerinnen bereits über eine Crowdfunding-Kampagne zusammen bekommen. Doch langfristig reicht das nicht. Auch nicht, wenn man klein anfangen will. „Wir starten zwar zunächst mit unserem eigenen Stadtteil im Süden“, sagt Corinna Groß. Wenn die Plattform läuft, wolle man sie aber auf ganz Stuttgart ausweiten.

Beim „Global Social Business summit“ diesen November in Berlin haben sie schon einmal gelernt, wie man ein Projekt mit sozialem Hintergrund als Unternehmen führt. Denn einig sind sich alle vier: „Deine Straße“ soll ein soziales Projekt bleiben. „Wir brauchen langfristig ein Erlösmodell, aber wir wollen uns nicht bereichern, oder dass die Leute für die Plattform bezahlen müssen“, betont Kulakow.

Zusammenarbeit mit Generationenhaus in Heslach

Die Plattform soll voraussichtlich im Januar 2016 online gehen. Bisher findet sich unter www.deine-straße.de nur eine Infoseite. Bekannt gemacht haben sich die fünf Medienschaffenden aber bereits im Stadtbezirk. Inzwischen kooperieren sie mit dem Café Nachbarschafft im Generationenhaus Heslach. Im Sommer haben sie sich beim Straßenfest dort vorgestellt, vor kurzem waren sie beim Martinimarkt auf dem Marienplatz und beim Forum für Wohn- und Lebensqualität von „Heslach im Blick“ – allesamt ebenfalls Initiativen, die sich für ein besseres und engeres Miteinader in den Stadtvierteln des Südens einsetzen. Viel hilft schließlich viel.

Ihre letzte Station – bevor es nun an die konkrete Programmierung der Internetseite geht, war diese Woche der Bezirksbeirat Süd. Dort fand die Idee ebenfalls großen Anklang. „Das ist echt cool“, sagte Christa Niemeier (Grüne) nach der kurzen Vorstellung der vier jungen Frauen. Auch Jens Hermann von den Stadtisten war begeistert: „Ich freue mich schon drauf, wenn es fertig ist. Das wird eine tolle Sache.“