Der Parkour-Trainer Luis Nahl findet immer eine Gelegenheit, um sich unkonventionell fortzubewegen – auch in einem Spanien-Urlaub. Foto: privat

Dem SFC Höpfigheim gehört eine Abteilung an, die sich dem sogenannten Parkour widmet. Fortbewegung steht hier im Vordergrund – dafür geht es aber auch mal Wände hoch oder mit einem Salto weiter.

Steinheim - Es ist beeindruckend: Scheinbar schwerelos hechten die Athleten über Hindernisse, laufen Wände steil nach oben und springen mit einem Salto von Mauern, um anschließend ihren Weg fortzusetzen. Parkour nennt sich diese sportliche Betätigung. Was für den Zuschauer mühelos aussieht, ist in Wahrheit das Ergebnis von jeder Menge Training, Erfahrung und Übung. Die kann man sich privat aneignen – oder man kommt zum SFC Höpfigheim. Hier gibt es nämlich seit 2012 eine Parkour-Abteilung.

Luis Nahl ist von Anfang an mit von der Partie, zunächst war er Mitglied. „Heiko hatte mich auf der Straße in Pleidelsheim beim Parkour gesehen und angesprochen“, erinnert sich Nahl. Er spricht von Heiko Blommer, der die Abteilung ins Leben gerufen hat. „Er hat damals mit dem SFC Höpfigheim gesprochen, und die waren dazu bereit, uns in den Verein einzugliedern“, erzählt Nahl. Erst trainierte die kleine Gruppe vor allem auf der Straße – als der Anbau an der Melchior-Jäger-Halle fertiggestellt war, durfte auch diese genutzt werden. „Das ist mit den Kiddies einfach besser“, erklärt der 19-jährige Trainer.

Derzeit unterweist er gemeinsam mit Claudio Contepodero vor allem den Parkour-Nachwuchs. 16 Jugendliche lernen von den beiden Übungen wie Katze oder Judorolle. „Auf dem Papier bin zwar ich Trainer, aber unsere Schützlinge hören auf uns beide“, sagt Luis Nahl. Die Leitungsrolle im Verein haben Contepodero und er bekommen, weil Blommer für sein Studium nach Stuttgart gezogen war.

Fußball ist für den Trainer gefährlicher

Wer mit trainieren möchte, muss „eigentlich erst mal nichts können“, sagt der 19-jährige Nahl und lacht. „Ich war 13, als ich mit Parkour angefangen habe, auch nicht wirklich sportlich und etwas dicker. Aber mir hat der Sport einfach wahnsinnig geholfen. Das einzige, was jemand, der neu einsteigen will, mitbringen sollte, ist der Wille, viel zu Üben.“

Denn wer denkt, er kann sofort raus auf die Straße, der irrt. „Die Grundlagen muss man sich sorgfältig erarbeiten“, sagt Luis Nahl. „Sonst ist das Risiko einfach zu groß.“ Das sei generell einer der großen Irrtümer, wenn es um Parkour geht, ergänzt der 19-Jährige: „Die Leute denken oft, der Sport wäre sehr gefährlich. Aber bevor wir etwas filmen, haben wir den Sprung schon tausende Male geübt.“ Wer sich an Parkour heranwagen möchte, brauche keine Angst zu haben. Jeder kann sein Tempo weitgehend selbst bestimmen und bestimmte Übungen gezielt trainieren. Erst wenn die nötige Sicherheit da ist, geht man einen Schritt weiter oder wendet einen Sprung abseits der sicheren Halle an. „Ehrlich gesagt habe ich mich in meiner Zeit als Fußballer häufiger verletzt als jetzt beim Parkour“, fasst Luis Nahl für sich das Risiko bei der Sportart zusammen.

Wobei man hier eigentlich sofort auch wieder einschränken muss: „Parkour ist in Deutschland keine anerkannte Sportart“, erklärt Luis Nahl. Entstanden ist Parkour in Frankreich in den 1980er-Jahren durch David Belle. Dessen Vater Raymond hatte in der Armee gedient und sich dabei auch öfters im Dschungel fortbewegen müssen. Die Technik brachte er seinem Sohn bei, der diese in der Stadt angewendet hat. Da die Fortbewegung als solche im Vordergrund steht, ist der Sport auch nur bedingt wettbewerbsfähig.

Beim Training werden Blumen geschont

„Es gibt aber dennoch eine inoffizielle Weltmeisterschaft“, führt Luis Nahl weiter aus. „Die findet immer auf den griechischen Inseln statt, man kann sich per Video dafür bewerben.“ Dort gehe es dann auch nicht um Schnelligkeit, sondern um die Art der Fortbewegung: „Der Stil ist im Parkour essenziell.“ Dabei kristallisieren sich dann Stars der Szene heraus, wie zum Beispiel Jason Paul aus Frankfurt. Der hat etwa ein Video veröffentlicht, in dem er am Münchner Flughafen noch ganz knapp einen Flieger erreicht – und dafür sowohl durch die Empfangshalle als auch bei der Security rennt und springt.

Solche spektakulären Aktionen gibt es in Höpfigheim natürlich nicht, die sind wenigen Sportlern vorbehalten. Denn im Parkour gilt: „Auf öffentlichen Plätzen betreiben wir den Sport nur, solange nichts zerstört wird.“

Sind seine Schützlinge sicher genug auf den Beinen, nimmt Luis Nahl sie auch schon mal mit auf die Schillerhöhe in Marbach: „Aber ich passe auf, dass keiner auf die Blumen tritt.“ Privat steuert er auch die Grundschule in Ludwigsburg gern für seine eigenen Übungen an. Oder er sucht sich spontan eine Strecke: „Eigentlich sieht man aber überall eine Gelegenheit.“