Die Startseite von Younow Foto: Screenshot

Immer mehr Jugendliche zieht der Streaming-Dienst Younow in seinen Bann. Doch Datenschützern und Pädagogen bereitet das Bauchschmerzen: Den meisten Nutzern ist nicht bewusst, wie viel sie von sich preisgeben.

Stuttgart - Liana_Candysweet (Name geändert) sitzt auf einem braunen Ledersofa. Sie trägt einen Schlabber-Pulli und hat sich ihre blonden Haare hochgesteckt. Eigentlich wollte sie für die Schule lernen, damit sie sich öfter melden kann. Macht sie aber nicht. Liana geht an diesem späten Mittwochnachmittag lieber auf Sendung.  

Allerdings nicht im Fernsehen, sondern auf der Internetplattform Younow. Dort findet ihr Geplapper über Banalitäten aus dem Schulalltag ein Publikum. Ein äußerst fragwürdiges allerdings. Und Liana ist nicht allein. So wie sie machen sich auf Younow immer mehr pubertierende Jugendliche öffentlich. Nach Facebook, Twitter und WhatsApp scheint die Plattform der nächste Renner zu sein. Zur großen Sorge von Datenschützern: Die Alterskontrolle auf der Seite kann kinderleicht umgangen werden, einen Schutz der Privatsphäre gibt es erst gar nicht. Die wenigsten Teilnehmer sind älter als 15. Das Alter und die Identität der Zuschauer bleibt hingegen verborgen.

An diesem Nachmittag sind es bis zu 80 wildfremde Menschen, die Lianas Livestream, wie die Übertragungen neudeutsch heißen, verfolgen. Der Clou: sie können ihr in Echtzeit Nachrichten schreiben oder sie positiv bewerten. Die Nachrichten flimmern parallel zur Live-Übertragung über den Bildschirm. Jeder kann zuschauen, jeder kann etwas schicken, jeder kann mitlesen. Und natürlich freut sich Liana, wenn sie viel Aufmerksamkeit bekommt.

Einige wollen wissen, wie alt sie ist? „Das ist ja kein Geheimnis: 14!“ Ihren Geburtstag plaudert sie genauso unbedarft aus, wie den Namen ihres Gymnasiums oder ihren Wohnort. Andere Anfragen zielen unverhohlen unter die Gürtellinie. Ein Zuschauer fragt nach Liana’s Körbchengröße, der nächste will wissen, ob sie denn einen Popo habe? Liana geht zwar nicht darauf ein. Doch wer weiß, ob es andere in ihrem Alter tun?