Nach dem Auftauen wird die Eizelle künstlich befruchtet - so lässt sich die Familienplanung flexibler gestalten Foto: dpa

Ursprünglich war die Methode nur für Krebspatientinnen gedacht. Inzwischen lassen aber auch andere Frauen ihre Eizellen einfrieren, um flexibler bei der Familienplanung zu sein.

Ursprünglich war die Methode nur für Krebspatientinnen gedacht. Inzwischen lassen aber auch andere Frauen ihre Eizellen einfrieren, um flexibler bei der Familienplanung zu sein.

Stuttgart - Je älter eine Frau, desto schwieriger das Kinderkriegen: Mitte 20 ist die Fruchtbarkeit am größten, Mitte 40 liegt die Wahrscheinlichkeit, auf natürliche Art schwanger zu werden, nur noch bei fünf Prozent. Was aber, wenn einem der richtige Partner noch nicht über den Weg gelaufen ist oder man erst einmal Karriere machen will? Dann kann man sich inzwischen für Social Freezing entscheiden, auch Kryokonservierung genannt.

Nach einer Hormonbehandlung werden der Frau mehrere Eizellen – 15 bis 30 Stück – entnommen und tiefgefroren. Möchte die Frau dann irgendwann später schwanger werden, können die Eizellen aufgetaut und mit den Spermien des Partners befruchtet werden. Sie werden dann als Embryonen in die Gebärmutter eingesetzt.

Was einst für Krebspatientinnen gedacht war, um nach einer Chemotherapie noch Kinder bekommen zu können, verbreitet sich von Amerika aus nun in Deutschland. „Die Nachfrage steigt auf jeden Fall“, sagt Dieter Mayer-Eichberger vom privaten Kinderwunschzentrum Villa Haag in Stuttgart. „Pro Jahr haben wir jetzt etwa 50 Fälle, vor ein paar Jahren waren es nur fünf.“ Im Vergleich zu anderen Ländern hinke Deutschland der Entwicklung eher noch hinterher, sagt Mayer-Eichberger. Das Thema sei hierzulande noch nicht so publik. „In Amerika ist das viel verbreiteter als bei uns“, sagt er.

Auch in Freiburg spürt man die wachsende Nachfrage. „Ich würde es noch nicht als Boom bezeichnen, aber es kommt“, sagt Birgit Wetzka vom Centrum für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin in Freiburg. Das optimale Alter für die Eizellenentnahme liegt zwischen 20 und 30 Jahren. Die Chance einer Lebendgeburt liegt dann bei rund 90 Prozent. „Frauen mit 30 sprechen wir konkret auf das Thema an“, sagt Wetzka. In dem Alter denkt man, dass die Lebensplanung in weiten Teilen steht. „Das ist allerdings nicht immer der Fall“, so Wetzka. „Oftmals haben die Frauen erst vage Vorstellungen und sind sich nicht bewusst, dass es auch ein ‚zu spät‘ gibt.“

Die Wahrscheinlichkeit, dass nach dem Einsetzen die befruchtete Eizelle zu einer Schwangerschaft führt, liegt etwa bei 60 bis 70 Prozent. Eine Garantie, dass es funktioniert, gibt es nicht. Und letztlich spielt auch das Alter der Frau eine Rolle, wenn die Eizelle wieder eingesetzt wird. Denn im Alter steigen die normalen Schwangerschaftsrisiken wie Diabetes oder Frühgeburt.

In Deutschland gibt es zwar keine gesetzlichen Regelungen, aber Experten sind der Meinung, dass man sich beim Wiedereinpflanzen der Eizelle an der biologischen Grenze der Fruchtbarkeit orientieren sollte. Diese liegt bei durchschnittlich 45 Jahren. In anderen Ländern wie Israel wurde das Einpflanzen auf das Höchstalter von 55 Jahren beschränkt. Solche Grenzen stehen hierzulande bislang nicht zur Debatte. „Ich denke, dass wir das nicht brauchen“, sagt Frank Nawroth, Reproduktionsmediziner aus Hamburg. Die Eizellen seien Eigentum der Frau, sie könne also allein bestimmen, wann sie sich sie wieder einpflanzen lassen wolle.

Die Gefahr, dass Mütter künftig so alt sind wie heute die Omas, sieht Nawroth nicht. „Das Social Freezing bedeutet ja nicht automatisch, dass wir jetzt künftig nur noch 60- und 70-jährige Mütter haben“, sagt er. Es gehe vor allem darum, auch zwischen 40 und 50 noch Kinder bekommen zu können.

Für die Kinder selbst hat die Prozedur angeblich keine Folgen. „In den Medien wird häufig gesagt, dass die Risiken noch nicht erforscht seien und man deswegen nichts dazu sagen könne“, sagt Nawroth. „Aber so stimmt das nicht ganz.“ In den USA habe man bereits mehr Erfahrungen gesammelt als in Deutschland, und es gebe keine Hinweise auf ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko bei den Kindern. „Darüber muss man sich, denke ich, keine Sorgen machen.“

Aus Karrieregründen machen das laut Nawroth nur die wenigsten Frauen. „Mir sind viel mehr Fälle bekannt, bei denen schlicht der Partner fehlte“, sagt er. Auch plötzliche Trennungen im Alter von 35 könnten eine Torschusspanik bei den Frauen auslösen, so der Reproduktionsmediziner.

Die Maßnahme zahlt keine Kasse. Das Einfrieren von Eizellen muss eine Frau sich also erst mal leisten können. Zwischen 3000 und 10 000 Euro kann allein die Entnahme kosten. Dabei kommt es darauf an, wie alt die Frau ist und wie viele Eizellen entnommen werden müssen, um realistische Chancen zu haben. „Man kann sagen, dass man so viele Eizellen einfrieren sollte, wie man alt ist“, erklärt Mayer-Eichberger. Pro Behandlungszyklus können etwa zehn Eizellen entnommen werden. Die Kosten je Zyklus betragen circa 3000 Euro. Für das Lagern der eingefrorenen Eizellen stellen die Zentren bis zu 300 Euro im Jahr in Rechnung. Die künstliche Befruchtung kostet dann auch noch mal rund 2000 Euro pro Versuch.

Da in Deutschland die Eizellenspende an andere verboten ist, können ungenutzte Eizellen nicht wiederverwendet werden. Wenn sich die Frauen ihren Kinderwunsch erfüllt haben oder sich letztlich gegen Kinder entscheiden und die Aufbewahrung ihrer Eizellen nicht mehr für nötig halten, werden diese aufgetaut und vernichtet.