Noch sind die Skulpturen an der Stadtkirche verhängt, kommenden Samstag wird das Geheimnis gelüftet. Foto: Gottfried Stoppel

Am kommenden Samstag werden an der der Schorndorfer Stadtkirche 14 Skulpturen enthüllt, welche die seit dem Bildersturm leer gefegten Heiligennischen füllen. Die Organisatoren hoffen auf spannende Debatten.

Schorndorf - Etwas mehr als 480 Jahre sind die Heiligennischen an der Schorndorfer Stadtkirche leer gewesen, vom kommenden Samstagabend an ändert sich das für acht Monate: Feierlich werden dann die 14 Skulpturen enthüllt, welche Künstler aus ganz Deutschland im Rahmen eines Skulpturenwettbewerbs für die Nischen geschaffen haben – und damit Leerstellen füllen, die der reformatorische Bildersturm im 16. Jahrhundert hinterlassen hat. Der Anspruch ist kein geringer. Unter dem Motto „Kirche fragt Kunst“ sollen wichtige Fragen gestellt werden, „was das Leben heute ausmacht“, sagt die Schorndorfer Stadtkirchenpfarrerin Dorothee Eisrich.

Debattenanregende Themen

Vor dem Hintergrund des 500. Jahrestags des Thesenanschlags Martin Luthers sollen die Arbeiten den Begriffen Freiheit und Werten des viel zitierten christlichen Abendlands nachspüren. Dorothee Eisrich kündigt debattenanregende Themen an. Unter anderem soll es um die Kritik an der Religion, um die Rolle des Geldes und um die Sehnsucht nach Sinn gehen. Sie sei schon oft auf das Projekt angesprochen worden. Sie freue sich auf viele Gespräche, sagt die Stadtkirchenpfarrerin. Der Dialog sei ausdrücklich gewünscht, nicht zufällig seien die Arbeiten außen an der Kirche zu sehen.

„Auch, dass diese Nischen so lange leer geblieben sind, drückt etwas aus“, sagt die Hauptorganisatorin des Projektes, die Schorndorferin Ursula Quast. Im Jahr 1534 hatten herzögliche Bautrupps an der ursprünglich als katholische Marienkirche geweihten Stadtkirche alles entfernt, was ihnen für dem damaligen reformatorischen Glauben als nicht passend erschien. Nur wenige Heiligenbilder überlebten diesen Bildersturm. Dorothee Eisrich will diese Entwicklung nicht durchweg verdammen: Zwar seien damals Kunstwerke zerstört worden, aber dadurch sei auch Platz für Neues und die Möglichkeit der Veränderung geschaffen worden.

Konfessionsübergreifender Ansatz

Der Anspruch des Projektes sei aber nun, konfessionsübergreifend Themen des Glaubens zu beleuchten. Selbstverständlich sei der katholische Schorndorfer Dekan eingeladen worden. Und im Begleitprogramm werde der katholische Theologe Boniface Mabanza-Bambu erwartet, der am 27. Oktober über das Wort von Papst Franziskus „Diese Wirtschaft tötet“ und einen Perspektivwechsel sprechen wird.

Das Projekt gilt als so beispielgebend, dass von den Gesamtkosten in Höhe von 76 000 Euro der Bundeskulturbeauftragte die Hälfte übernommen hat. Dank der Zuschussgeber, zu denen auch die Evangelische Landeskirche, die Stadt Schorndorf und deren Bürgerstiftung gehören, kann sich die Stadtkirchengemeinde finanziell auf das Begleitprogramm konzentrieren, das bis zum Abbau der Ausstellung im November angeboten wird.

Die Eröffnung

Die Vernissage des Skulpturenwettbewerbs beginnt am Samstag, 1. April, 18.30 Uhr, in der Stadtkirche. Nach der Begrüßung werden alle Künstler vorgestellt und ihre Beiträge vom Münchener Theologen Peter Schüz mit einer Laudatio gewürdigt. Ein Rundgang zu den Arbeiten und ein Empfang schließen sich an.

Am Freitag, 5. Mai, ist für 18.30 Uhr ein Gespräch mit vier der Künstler angekündigt. Am Freitag, 23. Juni, 18.30 Uhr, folgt ein Vortrag über die Reformation in Schorndorf.