Die einstige Mülldeponie Dachsklinge im Sindelfinger Stadtwald wurde renaturiert. Nun könnte direkt daneben eine Erddeponie entstehen. Foto: Landratsamt

Die Kreisverwaltung sieht im Stadtwald mehrere geeignete Standorte zur Einrichtung eines 34 Hektar großen Abladeplatzes für Erdschutt. Die Verantwortlichen in Sindelfingen beklagen „mangelnde Transparenz“ des Suchlaufs.

Sindelfingen - Nach den Querelen um die Buskonzeption schwelt ein neuer Streit zwischen der Kreisverwaltung und der Stadt Sindelfingen. Für ziemliche Aufregung sorgte am Dienstagabend im Sindelfinger Gemeinderat der Tagesordnungspunkt zehn: die Standortsuche für eine Erddeponie des Landkreises Böblingen im Stadtwald Sindelfingen.

Fast einstimmig sprachen sich alle Fraktionen gegen eine Erddeponie im Sindelfinger Wald aus. „Wir sind mit der Schießanlage des Bundes im Bernet, dem Kampfmittelbeseitigungsdienst sowie der mittlerweile geschlossenen Mülldeponie Dachsklinge, die alle im Stadtwald liegen, schon über Gebühr belastet“, lautete der Tenor der Stellungnahmen. Die Stadtverwaltung verweist auf den landesweit bedeutenden Wildtierkorridor, der durch den Wald verläuft, sowie dessen Status als Naturschutz- und Erholungsgebiet für Sindelfinger, Böblinger und Stuttgarter Bürger.

34 Hektar Wald sollen gerodet werden

„Dass dort 34 Hektar Wald abgeholzt werden sollen – das ist fünfmal das Floschenstadion – für eine Erddeponie, das ist eine Horrorvorstellung“, sagte Ingrid Balzer, die Fraktionschefin der Freien Wähler. „Ich sehe keinen großen Druck des Landkreises, eine eigene Erddeponie zu errichten, solange es genügend private Deponien mit Kapazität gibt“, erklärte ihr CDU-Kollege Walter Arnold. Empörung herrscht, vor allem bei der Verwaltungsspitze, über die „mangelnde Transparenz“ des Suchverfahrens. Fast 80 mögliche Standorte im Kreis hätten die Verantwortlichen des Landratsamtes zunächst aufgelistet, davon seien dann 22 näher untersucht worden. „Davon sind fünf übrig geblieben, von denen drei allein in unserem Stadtwald liegen“, sagte Oberbürgermeister Bernd Vöhringer. „Wir würden gerne die Gutachten einsehen, damit wir verstehen, warum alle anderen Standorte aussortiert wurden und was für unseren Wald spricht. Doch das verwehrt man uns vom Kreis aus.“

Bei der Kreisverwaltung versteht man die Aufregung nicht. „Wir befinden uns im Moment im Suchprozess. Es ist noch gar nichts entschieden“, sagt Kreissprecher Dusan Minic. „Unsere Experten haben im Moment nach rein fachlichen Kriterien nach möglichen Standorten gesucht.“ Die betroffenen Kommunen seien informiert worden und hätten nun Gelegenheit, ihre Stellungnahmen zu den Ergebnissen der Standortsuche abzugeben. „Die Stadt Sindelfingen kann nun alle ihre Argumente vorbringen, die aus ihrer Sicht gegen einen Standort im Wald sprechen.“

Kreissprecher sieht keinen Grund für Aufregung

Die Namen der anderen betroffenen Kommunen will Minic nicht nennen, auch die Gutachten sollten zum jetzigen Zeitpunkt nicht veröffentlicht werden. „Wir wollen nicht, dass vorher schon große Standortdiskussionen einsetzen, bevor überhaupt die fachliche Prüfung abgeschlossen ist.“ Im März sei eine Sitzung des Umweltausschusses geplant, der sich dann alle empfohlenen Standorte sowie die Stellungnahmen der Kommunen dazu anschauen werde. Aus Sicht des Kreises sei es nicht notwendig gewesen, das Suchverfahren bereits jetzt an die Öffentlichkeit zu bringen. Das sei im Moment noch ein interner Verwaltungsvorgang.

So sieht es auch Andreas Knapp, der als einziger Sindelfinger Stadtrat (FDP) der Verwaltung bei ihren Vorwürfen gegen den Kreis widersprach. „Ich sehe keine Fouls aufseiten des Kreises“, sagte Knapp, der für seine Partei auch im Kreistag sitzt. Den Vorwurf des Oberbürgermeisters Vöhringer, keine Einsicht in die Gutachten erhalten zu haben, konterte der Stadtrat: „Sie gehören zur CDU-Fraktion im Kreistag und hätten deshalb ohne Probleme Einsicht in die Gutachten beantragen und erhalten können.“

Vöhringer spricht von „Schnapsidee“

Dass Vöhringer dies nicht getan habe, mache sich nun gut „beim Schaulaufen gegen den Kreis.“ Als Kreisrat habe man auch eine Verantwortung für die Belange des Kreises, sagte der FDP-Rat.

Er sehe durchaus seine Verantwortung für den Kreis, erklärte dazu der Rathauschef. „Aber ich vertrete als Oberbürgermeister die Interessen der Stadt.“ Seine Verantwortung als Stadtoberhaupt sei es, „den Gemeinderat und die Bürger rechtzeitig über solche Pläne zu informieren. „Die Zeit der Hinterzimmerpolitik ist vorbei.“

Im Übrigen, sagte Bernd Vöhringer, sei es „eine Schnapsidee, in einem Erholungswald eine Deponie zu errichten.“ Spielregeln, die nur einseitig diskutiert würden, „das sind nicht unsere Spielregeln“, so Vöhringer. Der Stadtchef fordert vom Landkreis „ein transparentes Verfahren“.