Foto: Peter-Michael Petsch

Im Schauwerk Sindelfingen zeigt das Ehepaar Schaufler 3000 Avantgarde-Werke und zeitgenössische Fotografie.

Sindelfingen - Ein Schnitt, und das ist es. „Unglaublich sinnlich und zugleich von einer Reduktion, die als Komposition absolut perfekt ist“, so benennt Peter Schaufler seine Faszination für die Kunst der Zero-Bewegung. Eben jene Entschlossenheit, alles in der radikalen Geste des Schnitts zu konzentrieren, wie es Künstler wie Graubner, Luther, Mack, Piene und Castellani wagten. Auslöser für die Leidenschaft, nach dem Erwerb eines ersten Werkes Kunst zu sammeln, war für Christiane Schaufler-Münch und Peter Schaufler das Werk des italienischen Avantgarde-Künstlers Lucio Fontana (1899–1968).

„Die Kunst ist Teil meines Lebens geworden“, sagt Peter Schaufler. Nach mehr als 30 Jahren Sammelns umfasst die Sammlung des Unternehmerehepaars mehr als 3000 Gemälde, Skulpturen, Lichtkunst-Objekte, Rauminstallationen und zeitgenössische Fotografien mit dem Schwerpunkt auf Minimal Art, Konzeptkunst und Konkreter Kunst.

Großzügig, ja verschwenderisch ist die Raumfülle im Schauwerk Sindelfingen. Weiß, gleißend sind die hohen Wände und Decken, die sich architektonisch nun einmal ergeben, wenn aus einer früheren Fertigungshalle samt Hochregallager ein Ort für die Kunst wird.

2010 wurde das Schauwerk Sindelfingen eröffnet

2005 gründete das Sammlerehepaar Schaufler The Schaufler Foundation, eine Stiftung zur Förderung von Wissenschaft, Forschung und Kunst. 2010 wurde das Schauwerk Sindelfingen eröffnet; die Stiftung fungiert als Trägerin. Und hier geben die Schauflers dann auch ihr erstes Kunstwerk preis, die „Schnurcollage“ von Fritz Ruoff aus dem Jahr 1979. Ein in seiner Wirkung monochrom weißes Werk, reduziert in den Farben (unter dem Weiß liegt eine leuchtend blaue Farbfläche) und der Form, meditativ in seiner Ausstrahlung. „Genau diese Wirkung faszinierte die Sammler“, beschreibt Barbara Bergmann, die Direktorin des Schauwerks, das Motiv für den Erwerb der Collage.

Nach Jahren Arbeitens und Lebens in der Zehn-Millionen-Stadt São Paulo und der Rückkehr ins väterliche Unternehmen wurde Fritz Ruoffs bildgewordene Reduktion und Stille zum Schlüsselerlebnis, sagt Bergmann. Das Schlüsselerlebnis wurde zum programmatischen Schwerpunkt: Die Sammlung birgt auffallend viele weiße Werke, Werke aus Spiegel und Metall wie etwa Jason Martins „Eden“. Seine mit Öl auf einer Aluminiumplatte aufgetragenen Wellen – den Linien einer Jakobsmuschel ähnlich – offenbaren im Zusammenspiel mit dem Licht eine zweidimensionale, seidig-weich wirkende, flirrende Schönheit.

„Das Minimalistische in seiner Absolutheit und Strenge empfinde ich als schön“, sagt Peter Schaufler. Weswegen viele Kunstwerke aus der Sammlung Schaufler – wie auch eine Neoninstallation der Konzeptkünstlerin Astrid Klein aus dem Jahr 2005 oder drei Figurinen von Anselm Kiefer aus der Werkgruppe „Die Frauen der Antike“ aus dem Jahr 2007 – ausgesprochen ästhetisch, geradezu schön sind. Peter Schaufler: „Für mich hat Schönheit sehr viel mit Klarheit und Konzentration zu tun.“

25 Objekte des Schweizers Not Vital

Diesen Pfad der Strenge, der gewollten Harmonie von Form und Farbe hat das Sammlerehepaar Schaufler seit den 1990er Jahren dann doch verlassen, um die Sammlung durch starke Einzelpositionen zu erweitern. Darunter sind Arbeiten von Isa Grenzken, Rosemarie Trockel, Jessica Stockholder, Angela Bulloch, Alex Katz, David Salle. Auch zeitgenössische Fotografien von Andreas Gursky, Thomas Demand, Bettina Rheims, Nobuyoshi Araki und anderen berühmten Fotokünstlern gehören zur Sammlung Schaufler. „Painting flowers“ titelt eine 69-teilige Serie des japanischen Fotokünstlers Araki aus seinem Blütenthema – verfremdete Blüten von fast monströser Sinnlichkeit. „Auch bei der Fotografie interessiert mich das Naturalistische am wenigsten“, sagt Peter Schaufler.

Im Anbau des Schauwerks Sindelfingen werden derzeit 25 Objekte des Schweizers Not Vital (geboren 1948) gezeigt; drei Leihgaben ergänzen die Schau. Skulpturen wie „Tongue“ und „1111 Knives“ offenbaren einen Künstler, dessen Arbeiten die Pole Leben und Sterben bis ins Extreme zu treiben suchen. Formal ästhetisch – Vital verwendet gern „schöne“ Materialien wie Marmor und Glas – verbirgt sich in manchem der Werke Marodes, ja Totes. Im Innern von 13 Silberkugeln, die der viel in der Welt umherreisende Künstler von Tuaregs schmieden ließ, finden sich Reste von getrockneten Kamelen.

Das Schauwerk Sindelfingen (Eschenbrünnlestraße 15/1) ist samstags und sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Informationen über Ausstellungen, Themenführungen, Kunstgespräche und Ferienworkshops telefonisch unter 0 70 31 / 9 32 49 00, per E-Mail: contact@schauwerk-sindelfingen.de und im Internet. www.schauwerk-sindelfingen.de