Die Drillinge wurden auf Savannah, Svea und Sirius getauft.. Foto: Mercedes-Benz-Werk

Am Schornstein des Heizkraftwerks ziehen Wanderfalken ihren Nachwuchs groß. Seit 13 Jahren nisten die Vögel regelmäßig im Frühjahr im Mercedes-Benz-Werk.

Sindelfingen - Noch piept es hoch oben über dem Sindelfinger Mercedes-Benz-Werk. Am Schornstein des Heizkraftwerks hat ein Wanderfalkenpaar seine Kinderstube eingerichtet. Um Ostern herum sind die Drillinge geschlüpft: ein Bub und zwei Mädchen. Mitarbeiter des werksinternen Umweltmanagements haben sie auf die Namen Savannah, Svea und Sirius getauft. Experten des Mössinger Vogelschutzzentrums des Naturschutzbundes haben die Kleinen gewogen, gemessen und beringt. Das Fazit der Untersuchung: Die Küken wiegen durchschnittlich 450 Gramm, sie sind gut entwickelt und bereit für die ersten Flugversuche. „Durch die Kennzeichnung mit Ringen ist es möglich, wissenschaftliche Aspekte wie das Zugverhalten, An- und Umsiedlungen sowie die von den Vögeln selbst gewählten Lebensräume zu verfolgen“, sagt Michael Bratenberg. Er ist Mitarbeiter des Technischen Umweltschutzes im Werk.

27 Vogelarten und elf Fledermausarten leben im Autobauer-Werk

Die einst vom Aussterben bedrohten Wanderfalken brüten seit 2003 im Mercedes-Benz-Werk Sindelfingen und sind damit ein gutes Beispiel dafür, dass der Industriestandort auch als wichtiger Lebensraum fungieren kann. Die hohen Fabrikhallen und tiefen Gebäudeschluchten seien ein bevorzugtes Zuhause der Tiere und böten ideale Jagdmöglichkeiten für den im Sturzflug bis zu 320 Kilometer schnellen Vogel, heißt es in einer Pressemitteilung. Und der Rauch aus dem Schornstein schade den Tieren nicht, versichert die Werkssprecherin Marianne Ihring: „Der Horst hängt auf halber Höhe. Der Rauch zieht nach oben ab. Das gibt keine Probleme.“ Im Übrigen fühlen sich nicht nur Wanderfalken im Werk wohl: Bei regelmäßigen Vogel- und Fledermauszählungen werden bis zu 27 Vogelarten und elf Fledermausarten identifiziert und begutachtet.

Die Betreuung der Jagdvögel ist für die beteiligten Mitarbeiter längst zur Herzensangelegenheit geworden. Die Aufzucht der Wanderfalken sei nur eines von zahlreichen Projekten, mit denen das Werk die Biodiversität am Standort, das Umweltbewusstsein der Mitarbeiter sowie der umliegenden Nachbarschaft fördere.

Die Kleinen üben das Fliegen

Ob es sich stets um dasselbe Wanderfalkenpaar handelt, das jedes Jahr im Werk nistet, kann keiner der Experten mit Gewissheit sagen. Immerhin können Wanderfalken bis zu 15 Jahre alt werden. Sicher ist nur, dass die Tiere außerhalb der Brutzeit nicht auf dem Daimlergelände, sondern im weiteren Umkreis leben. „Wanderfalken sind keine Zugvögel. Sie leben das ganze Jahr bei uns“, sagt Thomas Peissner vom Sindelfinger Vogelschutzzentrum.

Die Brutzeit des Falkenpärchens neigt sich dem Ende zu. Die Kleinen seien bereits eifrig mit Flugübungen beschäftigt, sagt Ihring. Spätestens Anfang Juli sind die Tiere flügge und verlassen den Horst. Bis zum nächsten Jahr. Dann piept es wieder hoch oben über dem Mercedes-Benz-Werk.