Die Verwaltung muss ein 33 Millionen tiefes Etatloch stopfen. Foto: FACTUM-WEISE

Die Stadt kann bisher in diesem Jahr mit insgesamt 86 Millionen Euro rechnen. Sie muss aber ihr Haushaltsloch stopfen und höhere Abgaben bezahlen.

Sindelfingen - Überall im Land sprudeln die Steuereinnahmen – besonders die Gewerbesteuer bringt zusätzlich Geld in die Kassen der Kommunen. Der Spitzenreiter im Kreis ist im Moment die Stadt Sindelfingen, die ein Plus von 24 Millionen Euro verzeichnet. In Jubel brechen der Finanzbürgermeister Christian Gangl und seine Mitstreiter dennoch nicht aus. Zahlreiche notwendige Investitionen wie die Sanierung von Schulen oder Tiefgaragen sind verschoben worden. Die zusätzliche Gewerbesteuereinnahme soll in erster Linie dafür verwendet werden, das bestehende Loch im Haushalt zu stopfen. Knapp die Hälfte soll damit nun aufgefüllt werden. Der Rest des Geldsegens kommt in die Rücklagen, weil nun auch höhere Abgaben anfallen.

Das Minus soll um elf Millionen Euro verringert werden

Wegen des hohen Investitionsbedarfs und nicht zuletzt auf Grund hoher Steuerrückzahlungen in den vergangenen Jahren hatte Sindelfingen für das laufende Etatjahr mit einem Haushaltsdefizit von 33 Millionen Euro kalkuliert. Einsparungen waren angesagt, doch jetzt entspannt sich die Lage. „Wir können das Haushaltsminus um elf Millionen Euro verringern“, erklärt Gangl. Das sei die erfreuliche Seite an dem neuen Steuergrundlagenbescheid des Finanzamts. „Wir können damit rechnen, dass im Laufe dieses Jahres ein Gewerbesteueraufkommen Höhe von 86 Millionen Euro zu Buche schlägt“, führt der Finanzchef weiter aus, „natürlich kommt uns das sehr gelegen. Wir freuen wir uns darüber.“

Doch plagt die Stadt ein enormer Sanierungsstau. Nicht zu umgehen war zum Beispiel die Renovierung des in die Jahre gekommenen Glaspalasts, die insgesamt mehr als sieben Millionen Euro kostete. Und nicht warten soll etwa die Erschließung des Gewerbegebiets Häslach, die 1,6 Millionen Euro kostet.

Ziemlich prekär war die Lage gewesen, als vor zwei Jahren das Finanzamt mit einer Nachforderung kam. Laut dem Fiskus hatte Sindelfingen zu Beginn des Jahrtausends 38 Millionen Euro zu viel erhalten, die nun zurückzuerstatten waren. Hinzu kamen Zinsenlasten bis zum Jahr 2015: Insgesamt 24 Millionen Euro. „Das wirkt noch nach“, erklärt Wolfgang Pflumm, der Kämmerer, er sei mit ein Grund, weshalb das Etatdefizit entstanden sei. Aber die Berg- und Talfahrt beim Steueraufkommen in den vergangenen Jahren ist die Stadt gewohnt. Im Kernhaushalt ist die Verschuldung laut Pflumm gleich Null – Sindelfingen ist kreditwürdig. Zudem verfüge man Rücklagen in zweistelliger Millionenhöhe.

Ob ein Hoch oder ein Tief angesagt ist, der Oberbürgermeister Bernd Vöhringer zeigt sich stets gelassen. „Ein ordentliches Ergebnis“ nannte er die stolze Einnahme von 149 Millionen Euro Gewerbesteuer Ende des vergangenen Jahres. Eine schlichte Untertreibung, schließlich zahlten die Unternehmen so viel Steuern an die Stadt wie nie zuvor. Von solchen Dimensionen wie am Daimler-Standort können andere nur träumen. Doch knallen die Sektkorken in Sindelfingen trotzdem nicht.

Denn auf der anderen Seite bedeuten höhere Steuereinnahmen vor allem auch höhere Abgaben an den Kreis und das Land. Von dem dicken Plus bleibt nur ein eher kleiner Teil übrig. In der Regel sind das rund 30 Prozent, Sindelfingen plant mit etwas mehr, sodass sich zumindest elf Millionen Euro von den 24 Millionen übrig bleiben könnten. Allein die Gewerbesteuerumlage steige auf 4,4 Millionen Euro, sagt Gangl, um 3,7 Millionen Euro erhöhen sich die Rückstellungen für die Kreisumlage.

Weil in Sindelfingen auf die fetten Jahre stets auch magere Jahre gefolgt sind und die Stadt vom Wohl und Wehe der Firma Daimler abhängig ist, legt die Stadt einen besonderen Wert auf eine gute Wirtschaftsförderung. Diese lässt sie sich eine Menge Geld kosten. In diesem Jahr wird ein Zuschuss von 770 000 Euro nötig. „Wir haben hier keine Einnahmen“, sagt Gangl. Am meisten zu Buche schlagen die Personalausgaben. Dabei hat der Geschäftsführer der städtischen Gesellschaft, Sascha Dorday, im vergangenen Jahr zu sparen versucht. Immerhin rund 70 000 Euro blieb er unter dem Planansatz für die Ausgaben im vergangenen Jahr.

„Wir haben mit unserem Team aber auch alle Hände voll zu tun“, versichert Sascha Dorday. Die Personaldecke mit acht Mitarbeitern – darunter ist eine Teilzeitkraft – sei ganz und gar nicht üppig. Schließlich seien bei ihm auch noch das City-Marketing und die Tourismusförderung angesiedelt, die in den nächsten Jahren ausgebaut werden soll.

Das gilt auch für das Angebot an Gewerbeflächen. „Die Nachfrage ist unvermindert hoch“, erklärt Dorday, „wir haben fast hundert Firmen, die sich bei uns ansiedeln oder erweitern wollen.“ Bis Ende des Jahres möchte Dorday eine Vorschlag in die Gremien bringen, wie das Flächenangebot verbessert werden könnte. „Wir haben vor allem den Mittelstand im Auge, den wir unterstützen wollen“, sagt der Wirtschaftsförderer. Die Auftragslage sei sehr gut. Wenn man den Standort weiter stärke, gebe es bei der Gewerbesteuer sogar noch Luft nach oben.