Ein Container der Firma AG Textilverbund steht an der Florentiner Straße in Sillenbuch. Foto: Judith A. Sägesser

Sillenbuch hat schon wieder einen neuen – die Rede ist von einem Altkleidercontainer. Was viele nicht wissen: Dubiose Firmen stellen die Container oft illegal ab.

Sillenbuch - Reinhold Burghoff kann diese Kleidercontainer nicht leiden. „Wenn das kirchliche Organisationen wären, dann okay“, sagt der Sillenbucher, der für SÖS/Linke im Bezirksbeirat sitzt. „Dass hier aber alle naslang ein Container aufgestellt wird – das ist doch nur Geldmacherei.“ Und weil seinem Eindruck nach derzeit immer mehr Sammelcontainer dazukommen, listet Burghoff sorgfältig auf, an welchen Stellen er Sammelbehälter gesehen hat, die dort seiner Meinung nach nichts verloren haben.

In Stuttgart gibt es klare Regeln. Will ein Kleidersammler einen Container in einen Vorgarten stellen, ist das Privatsache. Anderes gilt für städtische Grundstücke. Es ist vier gemeinnützigen Organisationen vorbehalten, ihre Behälter auf öffentlichem Boden abzuladen. Stadtweit gibt es 70 erlaubte Standorte.

Wer die Firma anruft, erreicht nur den Anrufbeantworter

Die Sammler, die in Sillenbuch auf ausgediente Kleider hoffen, gehören nicht dazu. So steht zum Beispiel neuerdings an der Florentiner Straße gegenüber dem Wohnstift Augustinum eine beige Box für Kleider und Schuhe. Sie befindet sich auf einem städtischen Grundstück, bestätigt Doris Rüdiger, die stellvertretende Leiterin des Liegenschaftsamts. Auf dem Container klebt ein Firmenname: AG Textilverbund aus Frankfurt. Wer die angegebene 0180er-Nummer wählt, erreicht immer wieder nur den Anrufbeantworter. Dasselbe gilt für die meisten der Betreiber, die auf ihren Behältern nichts als eine Handynummer angeben. So gesehen an der Klara-Neuburger-Straße neben den Altglascontainern.

Für den Verein Fairwertung spricht dies in aller Regel für dubiose Machenschaften. Fairwertung bemüht sich seit etwa zwei Jahrzehnten um mehr Transparenz auf dem Altkleidermarkt. Denn eben daran mangelt es vielen der Sammler. Sie geben sich rührselige Namen wie „Die Hoffnung“, „Herz für Kinder“ oder „Fränkischer Blindenverein“ – und wollen mutmaßlich gezielt auf die Tränendrüse drücken. Sie gaukeln Gemeinnützigkeit vor, sind aber gewerbliche Sammler. „Das ist schlicht und einfach Betrug“, urteilt der Verein Fairwertung auf seiner Internetseite.

Der Handel lohnt sich offenbar

Der Handel mit Kleidern aus zweiter Hand lohnt sich offenbar. Immer mehr Leute versuchen, mit den abgetragenen Textilien ein Geschäft zu machen. Das kann das Stuttgarter Ordnungsamt nur bestätigen. Die Zahl der illegal aufgestellten Container steige seit Jahren, sagt ein Mitarbeiter. Deshalb greift die Stadt mittlerweile rasch durch. Ist nicht ersichtlich, wem ein Behälter gehört, „kassieren wir ihn unverzüglich ein“, sagt der Mitarbeiter. Meldet sich niemand, der den Container vermisst, wird dieser verschrottet.

Erstaunlich viele Sammelbehälter enden tatsächlich in der Schrottpresse. Im Jahr 2010 hat die Stadtverwaltung 24 Stück abtransportiert, 21 wollte keiner zurückhaben. 2011 kamen 82 Container zusammen, von denen 77 herrenlos geblieben sind. Seit Jahresbeginn haben die städtischen Ordnungshüter bereits 20 Stück entfernt, Besitzer haben sich bisher keine gemeldet. Dass die Altkleidersammler auf derart viele Boxen verzichten, verwundert den Mann vom Ordnungsamt immer wieder aufs Neue. „Das sind ja Hunderte Euros, die sie da wegwerfen“, sagt er. „Das Geschäft scheint demnach hoch lukrativ zu sein.“