Bundesbauministerin Barbara Hendricks (2. v. re.) mit der Abgeordneten Ute Vogt (re.) und Mitgliedern der Freunde der Weißenhofsiedlung auf der Dachterrasse des Museums Foto: Jan Reich

Derzeit ist die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) Besitzerin der weltberühmten Weißenhofsiedlung. Doch langfristig sollen die Häuser verkauft werden. Womöglich, so der Vorschlag von Bundesbauministerin Barbara Hendricks am Dienstag bei einem Vorortbesuch, an die Stuttgarter Wohnungsbaugesellschaft.

Stuttgart - Hier kann man es aushalten, trotz 35 Grad unter sengender Sonne: Am späten Dienstagvormittag genießt die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit auf der Dachterrasse des Weißenhofmuseums den herrlichen Blick auf den Stuttgarter Kessel. Im Rahmen ihrer aktuellen Ländles-Tour – am Nachmittag folgt noch Schwäbisch Hall – besucht die 63-Jährige auf Einladung ihrer SPD-Parteifreundin, der Stuttgarter Bundestagsabgeordneten Ute Vogt, die vor knapp 90 Jahren errichtete Siedlung. „Ich habe mich schon immer für die Architektur der 20er und frühen 30er Jahre interessiert“, sagt die Politikerin. „Die Weißenhofsiedlung war mir immer ein Begriff“, aber selbst sei sie noch nie hier gewesen. „Außen sehen die Häuser aus wie Villen, innen sind es aber winzige Räume“, erläutert Museumsleiterin Anja Krämer und deutet auf Mini-Küche und Mini-Badezimmer sowie auf die 70 Zentimeter schmalen Treppen.

Suse Kletzin vom Vorstand und Friedemann Gschwind vom Beirat der Freunde der Weißenhofsiedlung schildern Hendricks die aktuellen Sorgen. „Ein großer Teil der Siedlung gehört der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, der Bima, und die ist kein leichter Partner“, sagt Gschwind. Schon im Januar 2014 hatte die Bima auf den gesetzlichen Auftrag hingewiesen, die „für Bundeszwecke entbehrlichen Liegenschaften wirtschaftlich zu verwerten“. Zwar sei der Verkauf „aktuell kein Thema, doch es kann jederzeit wieder eins werden“, so Gschwind.

Hendricks spontaner Einwurf: „Es gibt eine Möglichkeit, Sie haben hier in Stuttgart doch auch eine städtische Wohnbaugesellschaft, die könnte die Weißenhofsiedlung von der Bima erwerben. Ich denke, dass das gut gehen würde.“ Die Frage sei, ob es beim Verkauf „nach Verkehrswert oder dem Höchstpreiswert“ gehe. Sie gehe davon aus, dass die Wohnungen in der Weißenhofsiedlung „verhältnismäßig preiswert vermietet sind – meistens wohnen hier ja nicht die Ärmsten, zumindest mit durchschnittlichem Einkommen.“ Acht bis zehn Euro pro Quadratmeter, so die Antwort von Anja Krämer, das sei für Stuttgarter Verhältnisse moderat. „Wenn das so ist“, erklärt Hendricks, „dann kann die städtische Wohnungsgesellschaft die Siedlung guten Gewissens erwerben.“ In Berlin kaufe die Stadt im Übrigen alle 4600 Wohnungen, die die Bima dort besitze.

Die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG) verweist am Nachmittag auf Nachfrage darauf, dass sie einige Baudenkmäler aus der Bauhauszeit so modernisiert habe, dass die historische Bausubstanz erhalten geblieben sei. Als Beispiele für derartige namhafte Bauhaus-Siedlungen, die „zukunftssicher gemacht“ werden, nennt Pressesprecher Peter Schwab die Wallmersiedlung (Untertürkheim), die Insel-Siedlung (Wangen) und die Ziegelklinge (Heslach). „Dass vor diesem Hintergrund die städtische Wohnbaugesellschaft als Übernahmekandidat für das wichtigste Architekturdenkmal der Landeshauptstadt im Gespräch ist, ehrt die SWSG. Tatsächlich können wir aber nicht über konkrete Gespräche zum Thema Kauf der Weißenhofsiedlung berichten.“

Gschwind hat kürzlich ebenfalls bei der SWSG vorgefühlt – und Bedenken vernommen. Der Geschäftsführer sage, „er kann die denkmalpflegerischen Aufwendungen nicht aus dem Betrieb finanzieren.“ Es müssten also Mittel aus dem städtischen Haushalt fließen. Dennoch bleibt er optimistisch: „Die Lösung mit der SWSG wäre ein Modell, das man ernsthaft in Erwägung ziehen sollte.“