Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Claus Weselsky, will wieder mit der Bahn verhandeln. Foto: dpa

Nach dem Bahnstreik am Wochenende hat die Lokführergewerkschaft GDL für die nächste Woche eine Streikpause in Aussicht gestellt. Verkehrsminister Alexander Dobrindt forderte Bahn und GDL erneut auf, den festgefahrenen Tarifkonflikt schnell zu entschärfen.

Berlin - Nach dem chaotischen Streik-Wochenende bei der Deutschen Bahn können die Fahrgäste erst mal aufatmen. Der Chef der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, kündigte eine siebentägige Streikpause ab Montag an.

"Ich denke, dass wir über die nächste Woche reden und dass wir dort eine Pause einlegen von mindestens sieben Tagen", sagte der GDL-Chef am Samstagabend im ZDF-"heute journal".

Urabstimmung nicht rechtens?

Am Sonntag sorgte ein Zeitungsbericht für zusätzlichen Unmut bei vielen Betroffenen. Könnte die GDL bei ihrer Urabstimmung zum Streik geschummelt haben? Die Gewerkschaft bestreitet das. "Nach der Arbeitskampfordnung und der Satzung der GDL ist die Urabstimmung rechtens und absolut wasserdicht", teilte ein Sprecher in Frankfurt mit. Demnach hatten sich 91 Prozent der abstimmenden Mitglieder für einen Arbeitskampf ausgesprochen.

Die "Bild am Sonntag" hatte berichtet, es bestünden Zweifel, ob wirklich die erforderliche Mehrheit zustande kam. Anstatt der notwendigen 75 Prozent Zustimmung hätten mutmaßlich nur knapp 74 Prozent für den Streik votiert. Dies hätten Berechnungen des Arbeitsrechtlers Manfred Löwisch ergeben.

Eine Bahn-Sprecherin forderte auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa Klarheit: "Schon im ureigenen Interesse und dem ihrer Mitglieder muss die GDL das möglichst schnell und lückenlos aufklären."

Ein neues Tarifangebot der Bahn hatte die GDL am Freitag abgelehnt. Danach sollten die Lokführer eine dreistufige Einkommenserhöhung um insgesamt 5 Prozent bei einer Vertragslaufzeit von 30 Monaten bekommen. Bedingung der GDL für Tarifgespräche mit der Bahn ist es, neben den Lokführern auch für das übrige Zugpersonal wie Zugbegleiter oder Bordgastronomen zu verhandeln. Für diese Berufsgruppen führt die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) die Gespräche.

Kein Chaos auf den Autobahnen

Die EVG kritisierte in einer Mitteilung, dass sich der Arbeitskampf zunehmend negativ auf das Betriebsklima auswirke. Außerdem sei es wichtig, dass die Führungsebene der Bahn an den Bahnhöfen mehr Präsenz zeige, um die Mitarbeiter zu unterstützen. Diese würden mit dem Frust und Ärger der Fahrgäste alleingelassen, sagte der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner.

Der Streik traf die Bahnkunden zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt: Am Wochenende begannen in sieben Bundesländern die Ferien, in zwei endeten sie. Rund 70 Prozent der Fernzüge fielen aus, auch im Regionalverkehr fuhren die Züge nur nach einem Ersatzfahrplan.

Auf den deutschen Straßen war nach Angaben des ADAC am Wochenende dennoch überraschend wenig los. Zuvor hatte der Automobilclub mit dichten Staus gerechnet. Die Reisenden stiegen vor allem auf Busse um - ausgerechnet die neue Konkurrenz der Fernbusse verzeichnete so ein äußerst erfolgreiches Wochenende.

Nicht nur Urlauber und Wochenendpendler hatten es schwer. Betroffen waren auch etliche Fußballfans, die eigentlich mit Sonderzügen zu den Auswärtsspielen ihrer Vereine hätten reisen sollen. Doch verzweifelte Fans waren an den Bahnhöfen nicht zu sehen.

Die Vereine hatten empfohlen, per Bus oder Auto zu den Begegnungen zu reisen. Borussia Dortmund bot beispielsweise ein Forum für Mitfahrgelegenheiten an. Weil Hertha BSC einen Sonderzug gechartert hatte, konnten die Berliner Fans trotz Streiks per Bahn nach Gelsenkirchen reisen.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) forderte Bahn und GDL erneut auf, den festgefahrenen Tarifkonflikt schnell zu entschärfen. "Wenn in Tarifverhandlungen konkrete Angebote auf dem Tisch liegen, sollte verhandelt werden", sagte er der "Bild am Sonntag".

Die Bahn sei das zentrale Verkehrsmittel in Deutschland mit Millionen Fahrgästen täglich. Tarifauseinandersetzungen wie Streiks seien ein elementarer Bestandteil der Tarifautonomie, sagte Dobrindt. "Dazu gehört aber auch die Verpflichtung zum verantwortungsvollen Umgang damit, das heißt auch die Folgen für betroffene Dritte möglichst gering zu halten."