Ein Polizeihauptmeister von der Bundespolizei beobachtet am Rand der Autobahn 12 nahe der deutsch-polnischen Grenze den vorbeifahrenden Verkehr durch ein Fernglas. Foto: dpa

Nach Schließung der Balkan-Route kann die Bundespolizei keinen vermehrten Druck auf die Ostgrenze Brandenburgs ausmachen. Doch eine zunehmende Zahl von Tschetschenen macht den Behörden Sorgen.

Potsdam - Die Brandenburger Sicherheitsbehörden sind besorgt über eine zunehmende Zahl von Tschetschenen, die vornehmlich über die polnische Grenze nach Deutschland kommen. Die Zahl der eingereisten Tschetschenen habe sich mit 734 in den ersten vier Monaten des Jahres gegenüber dem Vorjahreszeitraum mehr als verdreifacht, teilte das Innenministerium auf Anfrage der AfD mit. „Das ist insofern bedenklich, als dass der weitaus überwiegende Teil der vom Verfassungsschutz beobachteten rund 70 Islamisten in unserem Land aus dieser Region stammt“, sagte Ministeriumssprecher Wolfgang Brandt.

Diesen Trend beobachtet auch die Bundespolizei, obwohl die Zahl der illegal eingereisten Menschen nach Angaben der Bundespolizeidirektion Berlin in diesem Jahr gegenüber 2015 leicht gesunken ist. Unter den knapp 350 an der brandenburgisch-polnischen Grenze aufgegriffenen Illegalen stellten Menschen aus der Russischen Föderation mit mehr als 180 die größte Gruppe. „Darunter waren ganz überwiegend Tschetschenen“, sagte ein Sprecher der Bundespolizei.

Die Abschiebung der Tschetschenen sei in der Praxis kaum möglich, heißt es aus Brandenburger Sicherheitskreisen. Da die Russische Föderation den Tschetschenen keine Pässe ausstelle, könnten sie nicht in ihr Heimatland abgeschoben werden. Eine Zurückweisung nach Polen wäre zwar möglich, aber wenig effektiv, weil die Menschen oft nach nur wenigen Tagen wieder in Deutschland seien.

Bundespolizei an der Grenze nur bedingt einsatzfähig

Die Mehrheit der aufgegriffenen Personen habe in Polen den Asylantrag gestellt und sei dann auch mit Hilfe von Schleusern nach Deutschland weiter gereist, erklärte der Sprecher. „Ein Zusammenhang der Feststellungen an der deutsch-polnischen Grenze mit den anderen bekannten Migrationsrouten, etwa der Westbalkanroute oder der Mittelmeerrouten, ist bislang nicht feststellbar.“

Der Schwerpunkt liege nach wie vor an der deutsch-österreichischen Grenze. Von Januar bis Mai waren mehr als 132 000 Menschen Asylbewerber nach Bayern eingereist, der Großteil davon aber noch im Januar und Februar. Nach Brandenburg kamen im selben Zeitraum gut 6300 Flüchtlinge.

Daher werden auch weiter Bundespolizisten aus Brandenburg an die deutsch-österreichische Grenze abgeordnet. Entsprechend dem Rückgang an Migranten sei deren Zahl aber seit Mitte Mai deutlich reduziert worden, sagte der Bundespolizei-Sprecher. Konkrete Zahlen wollte er aus einsatztaktischen Gründen nicht nennen.

Die Bundespolizeigewerkschaft schlägt dennoch Alarm. Trotz des Rückgangs der Flüchtlingszahlen seien weiterhin 50 Beamte aus der Region nach Bayern abgeordnet, sagte der Bezirksvorsitzende Axel Bonitz Mitte Juni. Wegen der wachsenden Zahl von Fluggästen müssten auch die Dienststellen auf den Berliner Flughäfen verstärkt werden. „Die Zahl der dort eingesetzten Beamten hat sich drastisch erhöht“, sagte Bonitz. „Diese Kräfte fehlen uns dann an der Grenze.“ Somit sei die Bundespolizei dort nur bedingt einsatzfähig.