Augen auf: Das Fahrverhalten von Eltern, die ihre Kinder zur Schule bringen, birgt Gefahren für andere Kinder. Ein Degerlocher ärgert sich maßlos. Foto: dpa

Eltern wollen, dass ihr Kinder unbeschadet zur Schule kommen. Deshalb fahren sie sie mit dem Auto hin. Vor dem Schultor entstehen dadurch brenzlige Situationen, die andere Kinder gefährden. Ein Beispiel aus Degerloch.

Degerloch - Jürgen Elser gehört eigentlich selbst zu der Gruppe, die er heftig kritisiert. Seine Tochter war Schülerin an der Filderschule. Andere Eltern, die er auf ihr Verhalten beim Anhalten vor der Filderschule ansprach, konnte er also auch bei Schulfesten wieder treffen. Nur besonders angenehm dürften solche Begegnungen für den Vater nicht gewesen sein. Denn viele Väter und Mütter seien erbost gewesen, wenn Elser sie darauf hinwies, dass sie ordnungswidrig auf dem Gehweg parkten, um ihr Kind aussteigen zu lassen. „Das geht Sie doch nichts an“, sei noch die harmloseste Antwort gewesen, erinnert sich Elser.

Eltern parken sogar in der Feuerwehreinfahrt

Er ist Mitglied bei der Feuerwehr, deshalb störe es ihn besonders, dass Eltern sogar in der Feuerwehreinfahrt an der Leinfeldener Straße anhalten, wenn sie Kinder abholen oder zur Schule bringen. Das beobachtet Elser immer noch, auch nachdem seine Tochter nicht mehr die Filderschule besucht. Der Vater beschreibt die Zustände mittags und morgens vor der Schule als chaotisch. Sogar in der für die Busse vorgesehenen Einbuchtung an der Haltestelle „Leinfeldener Straße“ würden Autos halten. „Der Bus kann dann warten, bis die Kinder ausgestiegen sind“, sagt Elser.

Polizeistreifen zu besagten Zeiten vor der Filderschule habe er beobachtet, sagt er. „Doch sobald der blaue Wagen verschwunden ist, macht wieder jeder einfach was er will“, sagt der Vater. Jürgen Elser zweifelt deshalb auch den Sinn der von der Stadt geplanten Tempo-30-Regelung an. Die Geschwindigkeitsbegrenzung soll künftig vor allen Schulen in Stuttgart gelten. „Das bringt doch nur was, wenn es auch richtig kontrolliert wird“, sagt Elser.

Es entstehen gefährliche Situationen

Die Straßenverkehrsbehörde hat keine Erkenntnisse darüber, dass es an der Filderschule besonders viele Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung gibt, sagt Bernd Eichenauer, der Leiter der Behörde. Doch das Problem sei ein stadtweites, sagt er und gibt ihm einen griffigen Namen: „Elterntaxis“. Denn immer mehr Eltern bringen ihre Kinder zur Schule und holen sie auch ab. Vielleicht, weil sie sich Sorgen machen um die Sicherheit ihrer Kinder im Straßenverkehr, mutmaßt Bernd Eichenauer. Oft würden Eltern dann aber durch ihr Fahrverhalten nicht unbedingt zu mehr Sicherheit auf der Straße beitragen. „Viele achten nicht auf Verkehrsregeln, wenn sie halten, um Kinder aus- oder einsteigen zu lassen, sagt Eichenauer. „Manchmal werden die Kinder förmlich aus dem Auto geschmissen, und dann wird Gas gegeben. So entstehen natürlich gefährliche Situationen“, sagt Bernd Eichenauer.

Mittags sei die Situation oft noch brenzliger als morgens. „Da stehen Eltern noch mehr unter Zeitdruck“, sagt er. Machtlos sei die Stadt nicht, wenn vor einer Schule ein Verkehrschaos drohe. Im Einzelfall seien Straßen gesperrt worden, an denen gefährliche Situationen entstanden sind. Dann hätten die Eltern an einer Stelle auf ihre Kinder warten müssen, wo weniger Risiko drohe, sagt Eichenauer. Manchmal wird auch eine alternative Route für den offiziellen Schulweg entwickelt, wenn Eltern sich Sorgen um die Sicherheit machen. Mehr Polizeikontrollen würden dagegen die Situation immer nur zeitweise entspannen. „Eigentlich ändert sich nur grundsätzlich etwas durch eine Verhaltensänderung“, sagt Bernd Eichenauer. Um diese zu erreichen, müssten aber die Schulen auf die Eltern einwirken. „Das geht nur, wenn sie die Eltern aufklären über die Gefahren für die Kinder“, sagt Eichenauer.

Schulen haben die Sicherheit der Kinder im Blick

Dem Schulverwaltungsamt ist wie der Straßenverkehrsbehörde bisher nichts bekannt über eine besonders schwierige Verkehrssituation an der Filderschule, lautet die Auskunft. Jürgen Haser vom Staatlichen Schulamt betont aber, dass alle Schulen die Sicherheit auf dem Schulweg im Blick hätten. „An vielen Schulen werden Briefe an die Eltern geschickt, oder die Elternbeiräte greifen das Thema auf“, sagt er. An manchen Schulen würden auch einzelne Eltern die Schüler zum Schuljahresbeginn auf dem Weg zur Schule begleiten. „Die sprechen dann auch andere Eltern an, die sich falsch verhalten“, sagt er.

Jürgen Elser hat sich also ganz im Sinn des Staatlichen Schulamts verhalten, als er andere Eltern auf ihr ordnungswidriges Verhalten angesprochen hat. Etwas ausrichten konnte er aber nach eigenem Empfinden mit seinen offenen Worten nicht.