Ausbildung oder Studium? Foto: SIR

Welcher Weg passt am besten zu mir? Karriere, wie geht das?

Ausbildung oder Studium? Karriere, wie geht das?
Wir sprachen mit Angela Schönbrodt, Abiturientenberaterin bei der Agentur für Arbeit Stuttgart

Ausbildung oder Studium? Eine Frage die sich viele Schüler aktuell stellen. Wem würden Sie eher zu einer Ausbildung und wem zu einem Studium raten?
Eine grundsätzliche und definitive Aussage in die eine oder andere Richtung ist an dieser Stelle mit Sicherheit nicht geboten. Die Entscheidung ob Uni oder Ausbildung hängt immer vom Einzelfall ab. Wichtig ist jedoch: Ein Abitur verpflichtet weder zum Studium, noch macht es dies zwingend notwendig, der persönlich gewählte Weg sollte passen, dann klappt es auch mit der Karriere.
Eine klassische betriebliche Ausbildung mit ihrem hohem Anteil an praktischen Inhalten, die während der Mitarbeit im Betrieb erlernt bzw. vermittelt werden, überzeugt sicherlich eher die Praktiker unter den Schulabsolventen. Das für die berufliche Tätigkeit notwendige theoretische Rüstzeug wird in der Berufsschule vermittelt und führt zum notwendigen Hintergrundwissen und Verständnis der Zusammenhänge, um die Aufgaben im erlernten Beruf erledigen zu können. Außerdem verbringt der Auszubildende einen großen Teil seiner Ausbildungszeit im Betrieb, am Arbeitsplatz und im Team mit seinen Kollegen. Für die Mitarbeit im Unternehmen bekommt ein Auszubildender eine Ausbildungsvergütung.
Das Studium ist im Vergleich dazu eine weitere eher theorieorientierte Lern- bzw. Ausbildungs-phase. Je nach Hochschule sind Praxisphasen vorgesehen, die dem Studierenden einen Einblick verschaffen, wie und wo sein Wissen, seine Kenntnisse an potenziellen Arbeitsplätzen Anwendung finden können. Freude am theoretischen Lernen, an intensiver Beschäftigung mit einzelnen Themen, eine gewisse Neugier und Lust mehr zu erfahren bzw. tief in einzelne Wissensgebiete einzudringen, sind unerlässliche Voraussetzungen für ein wissenschaftliches Studium. Ein Studium erfordert viel Biss und Durchhaltevermögen beim Lernen. Außerdem müssen Studierende viel Zeit hinterm Schreibtisch verbringen. Hinzu kommt, dass mit einer Entscheidung für ein Studienfach häufig noch keine Entscheidung darüber getroffen wird, wo man als Absolvent später arbeiten wird. Eine erfolgreiche berufliche Karriere ist mit beiden Optionen möglich.

Worin sehen Sie die Vor- und Nachteile an einer Ausbildung und worin die eines Studiums?
Vorteile einer Ausbildung können die Praxisnähe und unmittelbare Verwertbarkeit sein, ebenso die Möglichkeit, vom Ausbildungsbetrieb direkt in eine ausbildungsadäquate Arbeitsstelle übernommen zu werden. Mit der Ausbildungsvergütung ist diese Lernphase in der Regel auch finanziell abgesichert. Als Auszubildender übernehme ich von Beginn an klar definierte Pflichten und Aufgaben, habe aber auch vergleichbare Rechte wie alle anderen Arbeitnehmer.
Ein Studium bietet dagegen mehr ‚Luft‘ Neues zu lernen, sich auf ein bestimmtes, Studienfach zu konzentrieren sowie wissenschaftliche Methoden kennen zu lernen und anzuwenden. Außerdem lässt ein Studium mehr Freiraum um bestimmte Schwerpunkte zu wählen, seine Lern- u. Arbeitszeit einzuteilen und seine eigene Arbeitsweise zu entwickeln. Mögliche Nachteile sind die anfallenden Kosten, wie Verwaltungsgebühren, Verpflegung, Unterkunft … Außerdem besteht beim klassischen Studium normalerweise keine feste Verbindung mit einem Unternehmen, weshalb die Arbeitsstellensuche grundsätzlich später einsetzt.

Wer hat Ihrer Meinung nach die besten Aufstiegschancen? Wie weit komme ich heutzutage noch mit einer Ausbildung?
Auch dieser Aspekt sollte nicht pauschal und grundsätzlich beantwortet werden. Ausbildungsabsolventen können mit Engagement u. entsprechenden Weiterbildungen die Karriereleiter nach oben erklimmen. Nicht immer ist das unbegrenzt möglich, weil für manche Hierarchieebenen im Unternehmen der Abschluss eines Studiums erwartet wird, genauso wie für bestimmte Tätigkeiten, z.B in Forschung und Wissenschaft etc. Absolviert ein Schüler mit Hochschulzugangsberechtigung eine Ausbildung und anschließend ein Studium ist er in der Regel ein sehr gefragter Mitarbeiter für eine Karriere nach oben. Auch ein Absolvent eines Studiums muss für seine Karriereschritte Leistung erbringen – ohne Engagement geht auch hierbei nichts. Aktuell suchen die Unternehmen dringend Auszubildende in vielen Branchen und Berufen. Abiturienten sind gerne gesehen und sehr willkommen. Das Stichwort ‚Fachkräftemangel‘ bezieht sich nicht allein auf fehlende Hochschulabsolventen – Fachkräfte werden vor allem auf Facharbeiterniveau in den nächsten Jahren knapp.