Auch Katzen warten auf ein neues Zuhause – solange werden sie im Tierheim gehalten. Foto: Lichtgut/Verena Ecker

Während viele Stuttgarter noch friedlich schlummern, sind andere schon voll im Einsatz. Im Tierheim kümmern sich die Mitarbeiter um ­viele Vierbeiner und Federtiere.

Stuttgart - Morgens lange Ausschlafen? Das kennen verstoßene Tiere nicht. Wer für Sie da sein möchte, muss sich an frühe Aufstehzeiten gewöhnen - auch im Stuttgarter Tierheim.

6.50 Uhr:

Das Bellen hallt mehrstimmig über die Wiesen in Botnang. An diesem Morgen ist die Routine im Tierheim unterbrochen. Gäste sind da, die Hunde klären ihre Reviere. Tierpflegerin Nicola Hildebrandt zieht die Stirn kraus. „Oje, die Nachbarn . . .“ Dann führt sie Leisha von seiner Schnellrunde im Garten wieder ins Haus. Als nächstes darf Rico raus.

7.10 Uhr:

Der „Duft“ in der Futterküche ist gewöhnungsbedürftig. Nicht jeder Magen freut sich morgens über deftigen Hundefuttergeruch. „Wir merken das gar nicht mehr“, sagt Nicola Hildebrandt, während sie die Spezialmenüs für die vierbeinigen Allergiker und Diabetiker anordnet. Jeder Napf hat sein Namenschildchen, rund 30 sind es im Hundehaus 1. Hildebrandts Kollege Sören Wenzel stopft Hundedecken in die Waschmaschine. Sauberkeit ist wichtig, zumal einige Tiere aus gesundheitlichen Gründen schon mal ins Körbchen pinkeln.

7.20 Uhr:

Lächelnd zeigt Hildebrandt auf eine Wand voller Hundefotos. Es sind die Vermittelten – in ihrem neuen Zuhause. Die 48-Jährige kommt immer schon um kurz nach 6 Uhr zur Arbeit. So bleibt auch genug Zeit, die Hunde zu knuddeln. „Dabei schaue ich gleich, wie es ihnen geht“, sagt Hildebrandt. Eisern wäre, wer da nicht irgendwann mit einem Tier heimginge. Ihre Fenja wartet im Bürozimmer, Sören Wenzels Paula im Gehege. „Ich würde sie für keinen Preis der Welt mehr hergeben“, sagt er.

7.40 Uhr:

Tierheimleiterin Marion Wünn ist auf ihrem Rundgang und steuert die Quarantänestation für Kleintiere an. Der Weg hierhin führt durch die Desinfektionswanne. Zum Schutz vor Vogelgrippe bleiben die Enten eingesperrt. Kaninchen, Meerschweinchen und Chinchillas gibt es viele hier, aber auch zwei junge, urige Brama-Hühner. „Die waren an einem Zaun angebunden. Sie werden noch größer“, sagt Pflegerin Jessica Bisko.

8.05 Uhr:

Während Manuela Würz die Kanarienvögel im Vogelhaus mit frischem Wasser versorgt, ertönen nebenan seltsame Laute. „Der Ara – immer um die Uhrzeit fängt er an zu reden“, erklärt sie. „Huhu! Ruhe!“, sagt der Papagei. Würz erklärt: „Ihr Fraule ist gestorben.“ Ein neues Zuhause habe sie jetzt gefunden, artgerecht, mit vielen Papageien. Draußen schaut Wünn nach den Burenziegen und berichtet: 18 Mitarbeiter seien pro Tag auf dem Gelände, gearbeitet werde im Schichtdienst. Tiere machen keinen Urlaub. 500 bis 800 von ihnen werden umhegt, vermittelt würden im Schnitt 50 bis 80 im Monat.

8.25 Uhr:

Kater Gerry macht sich ganz lang. Der Neunjährige genießt die Streicheleinheiten von Pflegerin Annett Steimle. Eigentlich wollte sie nur kurz seinen Katzenbaum von Haaren befreien. Aber diesen Augen zu widerstehen, fällt schwer. Gerry gehört zu den Katzen, die sich freuen, wenn sie das lila Shirt der Einrichtung sehen. Nicht allen geht das so: „Einige finden das Tierheim ganz schrecklich und leiden“, sagt Steimle. Sie hat ein besonderes Herz für Sorgenkinder – und auch immer mal welche daheim.

8.40 Uhr:

Auch die Tierärzte haben bereits alle Hände voll zu tun. „Gerade hatten wir eine Bissverletzung. Jetzt nehmen wir bei Flocky Blut ab“, sagt Christina Ebert. Der Hund wirkt knochig. Sie will prüfen ob die Leber, die Nieren und die Bauspeicheldrüse okay sind. „Der Hund hat Stress. Gassigehen findet er doof“, erklärt Nicola Hildebrandt. Viele seiner Mithunde fiebern dagegen der Zeit im Freien entgegen.

8.55 Uhr:

Die ersten Gassigeher kommen, allen voran Claudia Bergner. Die 65-Jährige hat an dem Tag den Dienst am Gassi-Telefon übernommen. „Manchmal klingelt es ständig“, sagt sie. Wer mit einem bestimmten Hund gehen möchte, kann sich von ihr in die Liste eintragen lassen. Wünn schaut sich den Trubel an und schmunzelt. Die Ehrenamtlichen seien wertvoll, erklärt sie, aber auch Spenden würden dringend benötigt „Ohne geht es nicht. Wir brauchen 1,6 Millionen Euro im Jahr, und von der Stadt bekommen wir lediglich 466 000 Euro.“