So viele Fahrräder wurden 2015 in Baden-Württembergs größten Städten geklaut. Foto: www.billiger.de

Rund 72 Millionen Fahrräder gibt es in Deutschland. So beliebt sie beim Verbraucher sind, so begehrt sind sie auch bei Dieben.

Stuttgart - In der schönsten Zeit des Jahres im Juni und Juli haben Fahrraddiebe Hochsaison. Täglich werden zwischen Sylt und Berchtesgaden, Saarbrücken und Görlitz 918 Räder bei der Polizei als gestohlen gemeldet. 2015 waren das deutschlandweit 335 174 Drahtesel. Und jedes Jahr werden es mehr.

Aufklärungsquote: Magere 9,1 Prozent

Mehr als zwei Drittel der Diebstähle wurden für die 160 größten Städte (über 100 000 Einwohner) und Landkreise registriert. Das Risiko für Langfinger erwischt zu werden, geht gegen Null. Nur 9,1 Prozent der Straftaten sind bundesweit aufgeklärt worden. Zu diesem und anderen Ergebnissen kommt eine Auswertung des Preisvergleich-Portals www.billiger.de für das Jahr 2015.

Sichere Boxen für Räder

Wegen der steigenden Zahl von Zweirad-Diebstählen fordert der Allgemeine Deutscher Fahrrad-Club (ADFC) von den Kommunen mehr sichere Abstellplätze für Räder. „Wir weisen schon lange auf das Problem hin und fordern von den Kommunen sichere Parkgelegenheiten für Räder, etwa Fahrradboxen“, sagt die baden-württembergische ADFC-Landesvorsitzende Gudrun Zühlke. Die Kommunen müssten endlich aktiv werden. Nicht alle Städte und Gemeinden hätten erkannt, dass mehr Sicherheit vor Dieben auch mehr Radverkehr und damit weniger Umweltbelastung mit sich brächten.

Mehr Raddiebstähle im Südwesten

Keine Entwarnung im Südwesten: Viele Polizeipräsidien melden nach 2015 unverändert hohe Fahrraddiebstähle für das erste Halbjahr 2016. In Mannheim, Karlsruhe, Reutlingen, Aalen und Ulm registrierte die Polizei eine Steigerung der Fälle.

In Stuttgart wurden im vergangenen Jahr insgesamt 1230 Räder als gestohlen gemeldet (plus 108 Vehikeln gegenüber 2014). In Mannheim gab es 50 Prozent mehr Diebstähle als im gleichen Vorjahreszeitraum.

Die Stiftung Warentest hat Tipps parat, um Langfingern die Lust am Radklau zu vermiesen. Das Velo mit einem starken Bügel-, Ketten- oder Faltschloss und am besten über dem Boden schwebend anketten und niemals irgendwo unbeobachtet abstellen.

Radeln im Südwesten

Fast jeder Dritte Baden-Württemberger fährt mindestens einmal in der Woche mit dem Rad – vor allem in der Freizeit. Insgesamt werden täglich rund 4,2 Millionen Wege im Südwesten mit einer Gesamtlänge von 11,7 Millionen Kilometern mit dem Rad zurückgelegt, wie das Stuttgarter Verkehrsministerium erhoben hat.

Viele gesellschaftliche Trends sprechen dem Ministerium zufolge dafür, dass die Zahl der Radler und Wege weiter zunehmen wird. Im Südwesten gibt es 19 Radfernwege mit mehr als 4500 Kilometern Gesamtlänge. Sie führen über die Schwäbische Alb, durch den Schwarzwald oder entlang des Rheins.

Zahl der Radunfälle steigt

Die Zahl der von der Polizei registrierten Verkehrsunfälle und Straßenverkehrstoten ist im vergangenen Jahr erneut gestiegen. Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) wurden 2015 rund zweieinhalb Millionen Unfälle auf deutschen Straßen gezählt (plus 4,6 Prozent). Dabei starben 3459 Menschen (2,4 Prozent oder 82 mehr als 2014).

Nicht angepasste Geschwindigkeit ist nach wie vor die häufigste Ursache für tödliche Verkehrsunfälle. Bei Fahrrad- und Motorradfahrern fallen die Rückgänge deutlich geringer aus als bei Pkws. 61,6 Prozent der tödlich verunglückten Radfahrer und 70,2 Prozent der Fußgänger sind den Angaben zufolge 2015 innerorts gestorben. Fast drei Viertel der tödlich verlaufenden Motorradunfälle passierten auf Landstraßen.

Daten, Zahlen, Fakten zum Radklau

335 174

Diebstähle von Fahrrädern in Deutschland im Jahr 2015.

160

Millionen Euro Schaden durch Fahrraddiebstähle.

918

gestohlene Fahrräder pro Tag.

92,2

Prozent der Fahrraddiebe sind männlich.

9,1

Prozent der Fahrraddiebstähle werden aufgeklärt.

43

Prozent der Fahrrad-Diebe sind jünger als 21 Jahre.

Warum mancherorts besonders viel geklaut wird

Sommerzeit: Juni und Juli sind die beste Zeit für Zweiraddiebe. Ein Viertel aller Diebstähle entfallen auf die beiden Sommermonate, weil dann die meisten Räder auf den Straßen unterwegs sind.

Uni-Städte: Münster, Deutschlands Studenten- und Rad-Hauptstadt, liegt erwartungsgemäß auf Platz eins des Städte-Rankings. In Uni-Städten ist das Diebstahlrisiko generell hoch.

Nachbarkreise: Auffällig ist der starke Bezug von Landkreisen, die in direkter Nachbarschaft zu Klau-Hochburgen liegen (wie Borken, Coesfeld, Steinfurt – alle bei Münster).

Stadtstaaten: In Gegenden mit kurzen Wegen wie Uni-Städten und den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg werden Räder intensiv genutzt. Entsprechend hoch sind die Klau-Quoten.

Sonderfall Berlin: Bei 3,5 Millionen Einwohnern ist es nicht verwunderlich, dass Berlin die meisten Diebstähle zu verzeichnen hat. Das sind 88 Diebstähle pro Tag und 30 758 im Jahr 2015 insgesamt.

Ausländische Täter: Auffällig ist die relativ hohe Zahl ausländischer Täter – Polen (zwölf Prozent), Rumänen (zehn Prozent), Türken (neun Prozent).

Aufklärungsquote: Die ist miserabel und schwankt zwischen 2,9 Prozent (Passau), 3, 9 Prozent (Berlin, Duisburg, Hamburg) und 24,5 Prozent (Fürth), 27,9 Prozent (Jena).

Kein Ost-West-Gefälle: Unter den Top-30 sind 23 west- und nur sieben ostdeutsche Städte. Die Osten Deutschlands hat beim Klauen also noch Nachholbedarf.