Werner Schretzmeier ist auf Umwegen zum Theater gekommen. Mit seiner Bühne möchte er „Inspiration geben für Fragen, die einen bewegen Foto: Leonie Schüler

In einer Serie stellen wir Berufe am Theater vor. Heute: der Intendant des Theaterhauses Werner Schretzmeier.

Feuerbach – - Werner Schretzmeier ist das Herz des Theaterhauses. 1985 gründete er zusammen mit seiner Frau Gudrun und Peter Grohmann die Kulturstätte in Wangen, ehe sie 2003 nach Feuerbach umzog. Inzwischen kommen jedes Jahr 300 000 Besucher zu mehr als 900 Vorstellungen an den Pragsattel. Schretzmaier leitet das Haus gesamtverantwortlich. Sein Partner in der Geschäftsführung ist seit 24 Jahren der Verwaltungsleiter Willi Friedmann.
Herr Schretzmeier, Sie sind gelernter Industriekaufmann. Was hat Sie zum Theater geführt?
Den Ausbildungsplatz hat damals mein Vater für mich organisiert. Ich hatte den Volksschulabschluss und wenig Alternativen. Mitte der 60er Jahre habe ich angefangen, Kabarett zu machen. Wir gründeten das Ensemble „Die Widerständler“. Wir waren naiv, frech, haben das gesagt, was wir dachten. Aus dieser Nebentätigkeit kam bei mir der Wunsch auf, einen politisch-kulturellen Club zu eröffnen. So kam es zur Gründung der Manufaktur 1968 im Kellergeschoss einer ehemaligen Porzellanmanufaktur in Schorndorf. Es kamen junge Künstler wie Reinhard Mey, Hannes Wader oder Konstantin Wecker mit kritischen Songs. Wir hatten Diskussionsstoff en masse. Parallel dazu bin ich 1968 eher zufällig beim Fernsehen gelandet und habe 16 Jahre lang als Regisseur und Dokumentarist gearbeitet. Nach und nach kamen immer mehr Kontakte mit Künstlern zusammen. Mir war klar, irgendwo müssen die intensiven Jahre aufgehen. 1985 habe ich zusammen mit meiner Frau Gudrun und Peter Grohmann in Wangen das Theaterhaus gegründet. Die Leute haben uns „viel Glück“ gewünscht. Viele haben das eher mitleidig gesagt.
Hat keiner daran geglaubt?
Maximal eine Handvoll. Das war ja im Niemandsland. Bekloppter kann man nicht sein.
Was wollten Sie auf die Bühne bringen?
Man hat damals von Alternativkultur gesprochen. Wir haben uns abgegrenzt von der Hochkultur der städtischen oder staatlichen Theater. Alternativkultur, das war eine kulturelle Bewegung, bei der viele Quereinsteiger dabei waren und politische Künstler auftraten. Man hat viele Genres einfach zusammengesteckt, von Artistik über Travestie bis hin zu Theater. Plötzlich war alles zusammen in einem Programm.
Waren Sie damit erfolgreich?
Es gab einen großen Bedarf dafür. Die Leute sind zu uns gekommen, insofern haben wir es nicht falsch gemacht. Wir konnten uns dadurch immer weiterentwickeln und sind 2003 zum Pragsattel umgezogen.
War der Standort außerhalb der Innenstadt je ein Problem?
Nein. Wenn man erfolgreich arbeitet, ist es wie ein Magnet. Außerdem hat sich die Gegend um uns herum immer mehr urbanisiert. Inzwischen wird ja geworben mit dem Slogan „Wohnen im Theaterviertel“.
Könnte in Feuerbach zusammen mit dem Friedrichsbau Varieté, das kürzlich neben dem Theaterhaus seine Spielstätte eröffnet hat, ein neues Kulturquartier aufkeimen?
Ich fände es toll, wenn es sich so entwickeln würde.
Sie fürchten also die räumliche Nähe nicht?
Ich habe sehr dafür geworben, dass das Varieté herkommt. Wenn man sich das Westend in London anschaut: Das würde nicht so funktionieren, wenn nicht ein Theater neben dem anderen stehen würde. Die leben davon, ein Anziehungspunkt zu sein. Wenn man seine Arbeit gut macht, hat jeder sein Publikum.