Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner wirbt für den Soli-Abbau in wenigen Stufen. Foto: dpa

Die Union ist irritiert, weil die FDP vor allem auf den Soli-Abbau setzt. Damit bliebe kaum noch Geld für andere Schwerpunkte übrig.

Berlin - In den Verhandlungen zur Steuerpolitik stecken die Jamaika-Parteien fest. Weil sich die FDP auf den Abbau des Solidaritätszuschlags konzentriert, befürchten Union und Grüne, dass nicht mehr viel Geld für andere Vorhaben übrig bleibt. „Der vollständige Abbau des Solidaritätszuschlags in ein oder zwei Schritten ist für den Bundeshaushalt nicht finanzierbar, wenn Geld auch für zusätzliche Anstrengungen in wichtigen Zukunftsfeldern bereitstehen soll“, sagte der CDU-Haushaltspolitiker Eckhardt Rehberg.

Der FDP-Chef Christian Lindner reagiert auf die Bedenken. Er brachte im „Spiegel“ erneut das FDP-Stufenmodell zur Abschaffung des Soli ins Gespräch. Diese Variante hatten die Liberalen im Jahr 2015 vorgeschlagen. Sie sieht vor, dass zunächst im ersten Schritt Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen profitieren sollen. Bezieher mit Bruttoeinkommen unter 50 000 Euro im Jahr sollten den Soli nicht mehr zahlen, meinte Lindner. In der zweiten Stufe solle der Soli dann komplett entfallen. Florian Toncar, einer der parlamentarischen Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, sagte dieser Zeitung: „Wir wollen den Soli in dieser Legislaturperiode komplett streichen.“ Mit der guten Steuerschätzung sei das auch möglich.

Lindner will Kritikern Wind aus den Segeln nehmen

Mit dem Vorstoß, zunächst den Beziehern kleiner und mittlerer Einkommen entgegenzukommen, will Lindner den Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen. Die Gegner wenden ein, dass der Soli-Abbau vor allem Gutverdienern nutzt. Den Löwenanteil des Soli zahlen diejenigen, die auch viel Einkommensteuer entrichten. Umgekehrt würde diese Gruppe am stärksten entlastet.

Die Union wendet sich deshalb dagegen, allein auf den Soli zu setzen. Aus der Union heißt es, auch ein schrittweiser Abbau werde teuer. Der Soli spült in diesem Jahr dem Bund 17,6 Milliarden Euro in die Kasse. Im Jahr 2020 dürfte das Aufkommen bei 20 Milliarden Euro liegen. In den Sondierungsrunden machen die Partner folgende Rechnung auf: Wenn die Bürger beim Soli in der ersten Stufe beispielsweise um fünf Milliarden Euro jährlich entlastet werden, frisst diese Summe schnell den verfügbaren Finanzspielraum auf. Das liegt am hohen Soli-Aufkommen. Setzt die erste Entlastungsstufe etwa im Jahr 2019 ein, schlüge allein die erste Stufe bis 2021 mit 15 Milliarden Euro Gesamtkosten zu Buche. Damit wäre die Hälfte des Finanzspielraums verbraucht. Der geschäftsführende Finanzminister Peter Altmaier (CDU) hat das Finanzvolumen, das für zusätzliche Aufgaben frei ist, insgesamt auf 30 Milliarden Euro beziffert. Da die Jamaika-Partner Mehrausgaben bei Bildung, Familie und digitaler Infrastruktur planen, würde es eng.

Im Unions-Wirtschaftsflügel werden Rufe laut, dass auch der Einkommensteuertarif abgeflacht werden soll, um Steuerzahler im unteren und mittleren Bereich zu entlasten. Das wünscht sich prinzipiell auch die FDP. Bei der Reform der Einkommensteuer ist die Jamaika-Koalition aber auf den Bundesrat angewiesen. Die Liberalen wollen sich nicht in die Abhängigkeit der Länder begeben und lehnen es ab, den Soli-Abbau mit der Einkommensteuerreform zu verbinden.

Bund kann allein über Soli entscheiden

Anders als die Einkommensteuer, die sich Bund, Länder und Gemeinden teilen, steht der Soli allein dem Bund zu. Deshalb hat er darüber auch das alleinige Entscheidungsrecht. Auch die Union will den Soli abbauen, allerdings in kleinen Stufen. Nach dem Auslaufen des Solidarpakts im Jahr 2019 sollte der Zuschlag von 2020 bis 2030 sukzessive auf null reduziert werden. In den Sondierungsgesprächen wird nun über die Stufen verhandelt.

Der Soli beträgt 5,5 Prozent von der Einkommen- und Körperschaftsteuer. Er wird seit 1995 erhoben. Mit dem Aufkommen soll die Vollendung der Deutschen Einheit bezahlt werden. Die Befürworter der Soli-Streichung führen auch verfassungsrechtliche Gründe an. Da immer weniger Mittel aus dem Soli-Aufkommen für Ostdeutschland bestimmt sind, könnte das Verfassungsgericht die Rechtmäßigkeit der Steuer in absehbarer Zeit anzweifeln.