Mit der spätromanischen Stiftskirche, den schmucken Häusern und der alten Steinbrücke gilt Saint-Ursanne am Doubs als Perle des Jura. Foto: Christof Sonderegger/Schweiz Tourismus

Der Kanton Jura liegt im Nordwesten der Alpenrepublik an der Grenze zu Frankreich und gilt als günstigste Ecke - eine Probe aufs Exempel.

Le Locle - Die Schweiz ist schön und teuer. Sauteuer sogar, seit ihr Franken praktisch eins zu eins zum Euro steht. Aber keine Panik! Nirgendwo in Helvetien, so hatten Freunde erzählt, könne man so preiswert Urlaub machen wie im Jura, jenem sattgrünen Landstrich ganz im Westen, der den Beinamen „Kanada im Kleinformat“ trägt. Das meint zum einen Tannenwälder, Seen und Flüsse in großer Zahl, zum anderen die Tatsache, dass im Vallée de la Brévine der mitteleuropäische Kälterekord von minus 42 Grad gemessen wurde.

Das Hochtal nennt sich darum auch „Sibirien der Schweiz“. In dieser ebenso bildschönen wie rauen Landschaft gebe es noch Ecken, so war zu hören, wo der Café für einen einzigen Schweizer Franken (CHF) und das Glas Wein für einen Zweifränkler zu haben sei. Also nichts wie los in den wilden Westen der Eidgenossen. Erste Station ist Le Locle im Watch Valley, wo wunderbare Zeitmesser gefertigt werden, die hier aber keine Rolle spielen sollen, weil ihre Preise Normalsterblichen schon vor dem Franken-Kurssprung die Tränen in die Augen getrieben hätten.

Ein Pferdesteak wäre noch etwas günstiger

Aber einen Besuch im schönen Musée d’Horlogerie mit einem Billet für zehn Franken (9,70 Euro) kann man sich leisten. Für den Aperitif zum Tagesausklang empfiehlt sich das Café du Marché, wo es ein Trio hausgemachten Gerstensaftes aus der eigenen Brasserie für einen „Fünfliber“ gibt, wie das beeindruckend schwere und große Fünffrankenstück bei den Eidgenossen genannt wird. Anschließend geht es zum Abendessen ins Restaurant Le Moka an der Hauptstraße. Der Patron empfiehlt Roastbeef mit Sauce tartare, dazu Pommes frites und Salat für 20 Franken (19,50 Euro). Ein Pferdesteak wäre noch etwas günstiger zu haben gewesen. Das Diner ist schmackhaft, die Atmosphäre gemütlich-familiär, das Ambiente erinnert an ein Bahnhofsrestaurant der fünfziger Jahre und ist damit fast kultig.

Eine feine Übernachtungsadresse findet sich in der ehemaligen Uhren-Manufaktur Maison DuBois von 1785. Die sechs Gästezimmer sind äußerst geschmackvoll eingerichtet. Für ein Zimmer mit herrlich breitem Doppelbett und opulentem Frühstück fallen 140 Franken (136 Euro) pro Nacht an. Ein Zimmer mit etwas schmalerer Bett-Version wäre um 30 Franken weniger zu haben gewesen. Gemessen an Komfort und Charme ein prima Preis-Leistungs-Verhältnis. Aber es geht noch günstiger. Das Café du Soleil - Gasthof, Kunstgalerie und Bühne für Life-Jazz im idyllischen Saignelégier - wird von einem Kollektiv geführt. Die patente Kellnerin trägt ein schmissiges „Born for the Revolution“ als Losung auf dem T-Shirt. Die Lasagne mit Salat macht stolze 18 Franken (17,50 Euro). Geht gerade noch so.

Ein Entrecote hätte dagegen satte 35 Franken (34 Euro) gekostet - dann heute lieber vegetarisch. Das nüchtern eingerichtete Zimmer ist mit 120 Franken inklusive Frühstück für zwei Personen wahrlich kein Schnäppchen. Zudem müssen Dutzende von schwirrenden Fliegen erst einmal gejagt werden, bevor man den Kopf auf das Kissen betten kann. Im Hotel du Doubs im Grenzort Goumois kann man dagegen schon ein Doppelzimmer ab 68 Franken (66 Euro) haben - allerdings mit Dusche und Toilette im Flur. Dafür ist die Lage am smaragdgrünen Flüsschen ebenso bestechend wie die frische Forelle mit feinen Kräutern, Beurre noisette und Pommes vapeur für schlanke 17,50 CHF. Sehr gute Küche zu moderaten Preisen gibt es auch im pittoresken Saint-Ursanne im Hotel de la Couronne.

Man kann auch mitten auf der Grenze schlafen

Der günstigste Wein wird übrigens im Anarchisten-Treff in Saint-Imier ausgeschenkt: 2,30 Franken, also umgerechnet 2,20 Euro kostet das Glas im Espace Noir, kam jedoch aus der Fünfliter-Vakuum-Box. Ungefragt bringt der Kellner mit Dreadlocks und jeder Menge Piercings dazu einen Teller mit selbst gebackenem Cheese-Cake als Gratis-Appetithappen. Die junge Dame in Anarcho-Schwarz am Nachbartisch empfiehlt den Absinth „Grüne Fee“ und hat noch einen Tipp, wie das Jurastudium am allergünstigsten geht: Tagsüber Schleifen durch den Schweizer Teil der grünen Landschaft ziehen, zwecks Diner und Übernachtung aber zu den französischen Nachbarn wechseln. Jenseits der Grenze von Les Verrières, unterhalb des Château de Joux, kostete das Menü in einer einfachen Auberge weniger als 20 Euro und das Doppelzimmer nicht mal 40 Euro. Man kann aber auch mitten auf der Grenze schlafen, nämlich im Hotel Franco-Suisse in La Cure. Das Doppelzimmer ist mit knapp 80 Euro, gemessen am rustikalen Charme des Hauses, fair kalkuliert.

„Schweizer Franken werden akzeptiert“, lässt die Website des Hotels wissen, wirft aber nur Preise in Euro aus. „Aber ja, das Hotel liegt in beiden Ländern“, bestätigt die Rezeptionistin. Im Treppenhaus wechselt man das Land auf den Stufen sieben und 14. In zwei Zimmern verläuft die Grenze sogar mitten durchs Bett. Ex-Präsident Charles de Gaulle zählte ebenso zu den Gästen wie die Leinwandgrößen Depardieu und Fernandel. An der Bar treffen sich die Postboten der beiden Länder zum Plausch. Französisch wird hier wie da gesprochen. Eine Tasse Kaffee für einen Franken oder einen Euro ließ sich aber leider weder hüben noch drüben finden.

Infos zur Schweiz

Anreise
Von Stuttgart nach Le Locle sind es über die A 81 und A 1 336 Kilometer. Wer sich die Schweizer Vignette sparen will, bummelt ab Mulhouse auf französischer Seite auf Landstraßen (plus 40 km).

Unterkunft
Hotel Arbezie Franco Suisse in La Cure, DZ ab ca. 79 Euro, www.arbezie-hotel.com

Hotel du Doubs in Goumois, DZ ab ca. 65 Euro, www.hoteldudoubs.ch

Maison DuBois in Le Locle, DZ ab ca. 105 Euro, www.maisondubois.ch

Weitere im Text erwähnte Adressen mit Webseiten: www.cafe-du-soleil.ch www.espacenoir.ch www.hotelcouronne.ch

Allgemeine Informationen
Schweiz Tourismus, Rossmarkt 23, 60311 Frankfurt am Main, Tel. 069 / 25 60 01 30 www.MySwitzerland.com