Das Haus Sonnengarten ist für fünf Millionen Euro verkauft worden – die Umstände der Veräußerung bieten allerdings Stoff für Diskussionen. Foto: GWG Schwäbisch Hall, privat

Nachspiel: der Beschluss, ein Altenheim der Wohnungsbaugesellschaft an die Ehefrau von Hermann-Josef Pelgrim zu verkaufen, muss erneut durch den Gemeinderat.

Schwäbisch Hall - Lediglich die Tatsache, dass er mit der linken Fußspitze ständig auf den Boden tippt, verrät, dass diese Stunde im Schwäbisch Haller Ratssaal für Hermann-Josef Pelgrim keine Stunde wie jede andere ist. Der wie immer selbstbewusst auftretende Oberbürgermeister, vor bald 20 Jahren zum ersten Mal gewählt, sieht sich in seiner dritten Amtszeit dem Verdacht der Mauschelei ausgesetzt. Er soll im Zusammenhang mit der Entscheidung, ein von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft errichtetes Altenheim an seine Ehefrau Michaele Schick-Pelgrim zu verkaufen, befangen gewesen sein. Deshalb werde er den Gemeinderat erneut über das Thema beschließen lassen, sagt er nun.

Ein Schuldiger ist ausgemacht

Nicht die moralische Frage nötige ihn zu diesem Schritt, stellt der Sozialdemokrat gleich zu Beginn klar, sondern „Mutmaßungen und Beschuldigungen in den Tageszeitungen, den sozialen Medien und Leserbriefspalten“. Dort wird die Berichterstattung ausführlich kommentiert, es werden auch Rücktrittsforderungen laut. Schuld daran sei die Presse, die „in Teilen tendenziös, kampagnenorientiert und in Teilen ehrabschneidend“ bericht habe. Einen in der örtlichen Zeitung zitierten Kronzeugen beispielsweise kenne er nicht. „Wir leben eben in postfaktischen Zeiten“, setzt der Oberbürgermeister nach, „vielleicht sind solche Dinge heute normal.“

Den Fakten zum Verkauf über die städtische Wohnungsbaugesellschaft widmet das für seine Akkuratesse bekannte Stadtoberhaupt dafür viele, viele Minuten. Paragraf für Paragraf dröselt er die Zuständigkeiten von Geschäftsführung, Aufsichtsrat, Gemeinderat auf. Er habe bis heute keine Kenntnis über die Angebotspreise und keinen Einfluss auf die Vergabe genommen: „Alle anderen Mutmaßungen, Anschuldigungen sowie Unterstellungen entbehren jeglicher Grundlage.“ Im übrigen sei er aufgrund der persönlichen Umstände – das Paar lebt in Trennung – zum Zeitpunkt der Abstimmung im Gemeinderat nicht davon ausgegangen, man könne ihm Befangenheit attestieren. Heute sehe er, dass der Anschein trotz gegenteiligen Beteuerns nicht ausgeräumt werden konnte: „Diese Entwicklung zu Beginn nicht richtig eingeschätzt zu haben, ist sicherlich im Nachhinein ein Fehler, für den ich mich in aller Form entschuldige.“ Daher erkläre er sich rückblickend für befangen und werde am 8. Februar dem Gemeinderat die Entscheidung über den Verkauf der Immobilie erneut zur Beschlussfassung vorlegen.

Die Fraktionen beharren auf einer Prüfung

Ist das Verhältnis zu den Fraktionen im Rathaus jetzt gestört? „Aus meiner Sicht nicht“, antwortet Pelgrim knapp. Das sieht der SPD-Fraktionsvorsitzende Helmut Kaiser anders, der gemeinsam mit seinem CDU-Kollegen und der Grünen-Fraktionsvorsitzenden die Vorgänge vom Regierungspräsidium Stuttgart erneut geprüft haben möchte. „Der Oberbürgermeister“, sagt der Sozialdemokrat Kaiser, „hat eine Wahrnehmung, die nicht dem entspricht, was in den Fraktionen diskutiert wird.“

Verkauf
Die Haller Bürger erfahren am 10. Januar durch eine Veröffentlichung aus dem Handelsregister von einer nicht öffentlichen Transaktion. Dahinter steht der Verkauf des von der städtischen Grundstücks- und Wohnungsbaugesellschaft (GWG) errichteten und an die Evangelische Diakonissenanstalt vermieteten Altenpflegeheims Sonnengarten. Käuferin ist die Ehefrau des Oberbürgermeisters Hermann-Josef Pelgrim (SPD). Michaele Schick-Pelgrim hat die Immobilie für fünf Millionen Euro erworben.

Das umstrittene Geschäft

Abstimmung
Im Herbst 2016 hatte der Haller Gemeinderat mit der Stimme des Oberbürgermeisters beschlossen, das Objekt zum Höchstgebot zu verkaufen. Laut Gesetz musste das Regierungspräsidium Stuttgart den Beschluss prüfen. Die Behörde bestätigte die Gesetzmäßigkeit, Pressesprecherin Katja Lumpp sagt jedoch: „Zum damaligen Zeitpunkt war nicht bekannt, wer sich um den Erwerb bewerben würde und wer schlussendlich den Zuschlag erhalten würde.“ Auch der GWG-Aufsichtsrat, dem der Oberbürgermeister vorsitzt, billigte den Verkauf. Die Aufsichtsratsmitglieder, Gemeinderäte aller Fraktionen, wussten nach eigenen Angaben nicht, wer Interesse am Gebäude bekundet hatte. Der OB hat gegenüber den Fraktionsvorsitzenden eingeräumt, bei der Abstimmung vom Gebot seiner Nochehefrau – das Paar lebt in Trennung – gewusst zu haben.

Ausschreibung
Die Vermarktung des Objekts verlief nicht öffentlich über einen Makler. Acht Investoren gaben ein Angebot ab, sagt der GWG-Geschäftsführer Wolf Gieseke, das höchste habe den Zuschlag bekommen. Gieseke versicherte: „Die Gebieter und deren Angebote waren ausschließlich der GWG-Geschäftsleitung bekannt.“ Nach einer Aufsichtsratssondersitzung räumte die GWG-Leitung ein, dass eine Bekanntgabe an den Aufsichtsrat „dennoch sinnvoll gewesen“ wäre.

Befangenheit
Die Fraktionsvorsitzenden der SPD, der CDU und der Grünen haben inzwischen beim Regierungspräsidium Stuttgart um Prüfung gebeten, ob der Oberbürgermeister befangen gewesen sei. Michaele Schick-Pelgrim hat angeboten, den Kauf rückgängig zu machen.