Meisen (das Bild zeigt eine Kohlmeise) oder Stare sind jetzt schon auf Wohnungssuche für die nächste Brut. Foto: dapd

Wer im nächsten Frühjahr morgens von Vogelgezwitscher im Garten geweckt werden möchte, sollte bereits im Herbst Nistkästen aufhängen. Denn Meisen oder Stare sind jetzt schon auf Wohnungssuche für die nächste Brut. Doch nicht jeder Garten erfüllt die Ansprüche der Vögel.

Berlin - „Tock, tock, tock, jemand zu Hause?“ Vorsichtig klopft Julian Heiermann gegen den hölzernen Nistkasten. Nichts raschelt. Kein Siebenschläfer und keine Fledermaus kriechen aus dem Loch. Noch haben sie ihr Zwischenquartier für den Winter nicht bezogen. Heiermann klappt die Frontseite der Vogel-Brutstätte hoch.

Mit Handschuhen holt der Vogelexperte vom Naturschutzbund Nabu ein altes Vogelnest heraus, packt es in eine Plastiktüte und wirft diese in den Restmüll. „Parasiten wie den Vogelfloh will ich nicht am Körper und auf dem Kompost haben.“ Dann fegt er den Kasten aus und hängt ihn wieder an den Baum.

Bis sich vor den ersten richtigen Frostnächten kleine Säugetiere und Insekten in den Nistkästen zur Zwischenmiete einquartieren, können Gartenbesitzer noch kurz durchfegen – und zwar so, wie es Julian Heiermann von seiner Arbeit beim Berliner Naturschutzbund erzählt: Anklopfen, Handschuhe anziehen, beim Reinigen auf Wasser und Chemie verzichten.

Mindestens alle zwei Jahre ist so ein Hausputz fällig. „Sonst kann es sein, dass Läuse, Flöhe oder Milben im nächsten Frühjahr die Brut so sehr befallen, dass die Eltern keine Lust mehr haben, den Nachwuchs zu füttern“, sagt Heiermann. Zwar würden die Vögel auch auf alte Nester einfach neue bauen. „Irgendwann ist so ein Nistkasten aber so vollgestopft, dass die Eier rauspurzeln. Oder Elstern ziehen die Jungvögel aus dem Loch.“

Körpertemperatur von 39 bis 42 Grad

Das wäre nicht nur schade um die Brut: Je nach Vogelart und Region ist der Bestand von vielen Gartenvögeln in Deutschland gefährdet. Vor allem in Großstädten ist die Wohnungsnot der Vögel groß, weil natürliche Brutplätze wie in morschen Bäumen fehlen. Weswegen jetzt auch ein guter Zeitpunkt ist, um neue Nistkästen anzubringen.

„Gartenbesitzer machen das gern erst im Frühjahr und wundern sich dann, warum keiner einzieht“, sagt Vogelexperte Heiermann. Viele Vögel, etwa Meisen, würden sich aber schon jetzt auf Wohnungssuche für die nächste Brut begeben. Und bis dahin haben sie auch einfach nur gern ein Dach über dem Kopf, das sie vor der Kälte schützt.

Mit 39 bis 42 Grad müssen Vögel eine höhere Körpertemperatur aufrechterhalten als Säugetiere. In kalten Winternächten verbrennt das viel Körperfett – das wieder mühsam angefuttert werden muss. „Im Kasten sparen sie Energie und sind auch vor Feinden geschützt“, sagt Günther Schleussner, Vogelexperte in der Stuttgarter Wilhelma.

Vermutlich wären Meisen, Spatzen und Zaunkönige dann sogar über eine winzige Sperrholzbude aus dem Baumarkt dankbar. Heiermann rät vor diesen Billigmodellen trotzdem ab: „Sind die Kästen zu klein, nisten die Vögel nicht darin. Und Sperrholz quillt bei Feuchtigkeit schnell auf und geht kaputt.“

Auch auf einen bunten Anstrich verzichtet man besser, weil die Vögel die oft giftige Farbe gern wegpicken. Ebenfalls ungesund sind die Stoffe, die Kästen aus PVC-haltigem Kunststoff bei Sonneneinstrahlung ausdünsten. „Am besten sind Modelle aus Vollholz. Noch witterungsbeständiger ist Holzbeton“, sagt Heiermann.

Aber mit dem Material allein ist den Wohn-Ansprüchen der Vögel längst noch nicht Genüge getan: Je nach Art melden sie unterschiedlich viel Platzbedarf für den Nistkasten an (siehe Hintergrund). Was zur nächsten Frage führt: Welche Vögel will man überhaupt in den Garten einziehen lassen?

„Meisen sind lieber für sich“

Allen, die zum ersten Mal Wohnraum für Gartenvögel zur Verfügung stellen, empfiehlt Heiermann Nistkästen für Blau- oder Kohlmeisen. „Sie werden drei, vier Meter hoch gehängt, und die Vögel ziehen meist schnell ein.“ Vorausgesetzt, in einem Umkreis von etwa zehn Metern befindet sich kein weiterer Nistplatz gleicher Bauart. Denn: „Meisen sind lieber für sich. Spatzen, Stare oder Schwalben, die gern quatschen und in großen Gruppen leben, macht es dagegen nichts aus, auch in engerer Nachbarschaft zu brüten.“

Erfahrene Vogel-Vermieter können sich um den Artenschutz verdient machen, indem sie selteneren Arten wie Mauerseglern, Gartenrotschwanz oder Zaunkönigen ein Quartier anbieten – und sich vorher über den richtigen Standort informieren. „Der Zaunkönig wohnt Parterre, der Mauersegler im zehnten Stock“, sagt Heiermann.

Lässt sich trotz richtiger Kasten- und Standortwahl kein Vogel nieder, ist der Kasten entweder falsch angebracht (siehe Bauanleitung auf Seite 2) – oder aber die Gestaltung des Gartens sagt den Tieren nicht zu. „Wer einen langweiligen Garten anlegt, muss sich auch nicht wundern, wenn er langweilig bleibt“, sagt Heiermann. Thujahecken und englischer Rasen sehen zwar ordentlich aus. Insekten aber fühlen sich darin nicht wohl – und damit auch keine Vögel. Denn diese interessiert bei der Wohnort-Wahl vor allem eins: Gibt es dort was zu fressen?

Larven, Läuse und Käfer finden sie in heimischen Gewächsen wie Holunder, Linde oder Hartriegel. Gibt es dann noch Bäume und Sträucher mit Samen oder gar Vogelbeeren, dann kann sich der Vogel sicher sein: Das Futter reicht nicht nur für mich, sondern auch für den Nachwuchs im Nistkasten.

Bauanleitung

Bauanleitung

Material: 20 Millimeter dicke, ungehobelte Bretter aus Fichte, Tanne, Kiefer, Weißbuche; Leinöl zum Streichen der Außenwände, Schrauben, Nägel, Schraubhaken.

Zusägen: Teile entsprechend der Anleitung zusägen; in der Front das Flugloch mit einer Lochsäge ausschneiden; vier etwa fünf Millimeter breite Löcher in den Boden bohren, damit die Feuchtigkeit entweichen kann.

Zusammenbauen: Alle Teile außer der Front mit Schrauben befestigen; die Frontseite oben mit zwei Nägeln fixieren, so lässt sie sich zum Reinigen hochklappen. Unten sichern zwei drehbare Schraubhaken die Klappe.

Platz suchen: Vögel fühlen sich von Menschen und Haustieren in direkter Brutnähe gestört, der Nistkasten sollte also an einen ruhigen Platz kommen. Damit Katzen oder Marder nicht rankommen, hängen sie am besten an Hauswänden oder Schuppen, auf Balkonen, frei am Baumstamm oder zumindest mit Abstand zu anderen Ästen. Das Einflugloch sollte weder zur Wetterseite nach Westen noch in die pralle Sonne an der Südseite zeigen, sondern nach Südosten oder Osten.

Aufhängen: Mit einem Drahtbügel kann der Kasten direkt über einen Ast gehängt werden. Um ihn am Schuppen oder Balkon zu befestigen, wird hinten eine Aufhängleiste angebracht.

Weitere Infos: Unter dem Titel „Wohnen nach Maß“ gibt es beim Naturschutzbund Nabu eine Broschüre mit ausführlichen Bau-Anleitungen für verschiedene Nistkästen. Bezug für zwei Euro plus Versandkosten, Bestellung unter www.nabu.de/shop. Unter www.nabu-natur-shop.de/ können auch fertige Nistkästen bestellt werden, außerdem beim Marktführer für Holzbetonkästen in Schorndorf, der Firma Schwegler: www.schwegler-natur.de. In der Freiflugvoliere der Wilhelma in Stuttgart hängen verschiedene Nistkästen mit Erklärung, für welche Vogelart sie geeignet sind.