Frank Kleinheins gibt den Takt an beim Schülerorchester Foto: Lichtgut/Volker Hoschek

Vier Schulorchester, das Schüler-Symphonie-Orchester und ein begeisterter Dirigent bringen das Deutsche Requiem von Brahms in den Konzertsaal. Der Erlös der Benefizaufführungen am 10. Oktober in der Liederhalle kommt Kindern aus Tschernobyl zugute.

Stuttgart - Eine Turnhalle vollgestopft mit Instrumenten, Holzstühlen, und an die 280 Schüler mit ihren Eltern. Gelbe Backsteinwände und weißes Neonlicht. Stimmengewirr. Draußen poltert eine S-Bahn vorbei. Zwischen den Schülern und Eltern mit ihren Notenblättern, Harfen, Hörnern, Geigen, Bratschen oder Cellos, eilt Frank Kleinheins hindurch, voll Elan und Schwung, dirigiert seine Schützlinge an ihre Plätze und später durch Brahms’„Ein deutsches Requiem op. 45“. Es ist die Hauptprobe für Benefiz-Konzertabende in Stuttgart und Ludwigsburg.

Es ist ein Großprojekt: Drei Gymnasien aus Stuttgart und Ludwigsburg und ein tschechischer Gastchor singen und spielen gemeinsam. Sie werden vom Schüler-Symphonie-Orchester unterstützt, einem Projektorchester der 80 begabtesten Instrumentalisten von rund 40 Schulen aus dem Raum Stuttgart. Fast 400 Schüler, teils mit Eltern, werden auf der Bühne stehen. Frank Kleinheins ist Initiator als auch Gesamtleiter dieses einmaligen Projekts. Voller Energie steht Kleinheins auf einem Podest. Er unterbricht, er lobt, er ist streng und sehr genau. „Leute, das ist herrlich“, sagt er, „aber jetzt reizen wir es aus.“ Und dann wird die Strophe noch mal gesungen, das Piano zarter, die Stimme kraftvoller.

Gespannte Konzentration

Die Jugendlichen sind konzentriert. Kein Blick auf ein Handy. Kein Gähnen. Kein Lümmeln. Zu Beginn herrscht in den hinteren Reihen noch Unruhe. Es wird gealbert, geschubst, auf den knarrenden Bänken gehüpft, doch es dauert nur wenige Takte, dann sind alle ganz gefangen in der Musik. Die Leidenschaftlichkeit und das Talent der mitunter noch sehr jungen Musiker ist beeindruckend. „Es geht um die Ich-Suche. Wo kann ich mich bewähren. Wo finde ich mich“, erklärt Kleinheins den Eifer der Schüler. Zwischen zwölf und einundzwanzig Jahren sind die Mitglieder des Chors.

„Wenn ich aufhöre zu dirigieren, könnt ihr aufhören zu singen“, unterbricht Kleinheins. „Wir versuchen jetzt mal im Piano einen tragfähigen Ton hinzubekommen.“ Man spürt, Kleinheins hat Lust an der Perfektion. Mit liebevoller Strenge führt er seine jungen Musiker dahin, wo er sie haben möchte. Wenn er „Waschlappenparade“ sagt, dann nimmt ihm das niemand krumm. Die Schüler lachen, sie verstehen, man singt den Satz noch einmal und vielleicht noch ein zweites Mal, bis Kleinheins fröhlich ruft: „Das wird schön. Das macht Spaß.“

Die Auseinandersetzung mit dem schweren Thema erfolgt laut Kleinheins für die Schüler über das Musikalische: „Wichtig ist, dass sie diese Musik entdecken, dann trägt man sie ein Leben lang mit sich herum. Vieles erklärt sich später von selbst.“

Die einzelnen Chöre haben seit Januar geprobt. Innerhalb der Haupt- und der Generalprobe setzt Kleinheins nun alles filigran zusammen. „Ich kenn ja meine Kollegen, die leisten hervorragende Vorarbeit“, lobt Kleinheins. Er ist selbst Musiklehrer am Fanny-Leicht-Gymnasium in Vaihingen und kennt seine Kollegen gut.

Das Areal um die Turnhalle des Ferdinand-Porsche-Gymnasiums in Zuffenhausen liegt im Dunkeln, in den kühlen Abend wehen die Brahms'schen Töne, die den Komponisten im Alter von 33 Jahren berühmt gemacht haben. „Der tiefe Ernst, vereint mit allem Zauber der Poesie, wirkt wunderbar, erschütternd und besänftigend“, schrieb Clara Schumann, die Komponistin und Ehefrau von Robert Schumann, über Brahms' Werk. Darauf zielt Kleinheins ab, wenn die Chöre des Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums, des Ferdinand-Porsche-Gymnasiums und des Goethe-Gymnasiums Ludwigsburg zusammen mit dem tschechischen Gastchor aus Brünn und dem SSO auf der Bühne stehen. Er sagt: „Die Musik nährt ihre Seelen.“

Die Konzerte finden am Samstag, 10. Oktober, um 19 Uhr im Beethovensaal der Liederhalle Stuttgart und am Mittwoch, 14. Oktober, um 19.30 Uhr im Forum am Schlosspark in Ludwigsburg statt. Karten an der Abendkasse. Der Erlös kommt der Aktion Freunde der Kinder von Tschernobyl zugute.