Lobt hohen Preis aus: Lord Simon Wolfson. Foto: StN

Den Königsweg zum Euro-Ausstieg hat der britische Unternehmer Lord Simon Wolfson gesucht.

London - Den Königsweg zum Euro-Ausstieg hat der britische Unternehmer Lord Simon Wolfson gesucht und eine Unmenge an Zuschriften erhalten. Die besten fünf Vorschläge wurden in der britischen Hauptstadt vorgestellt.

Schon die Auslobung eines solchen Preises in Zeiten, in denen Staatschefs verzweifelt um Lösungen der Euro-Krise bemüht sind, muss als Provokation gelten. Entsprechend bissig ging es zu: „Der Euro ist eine Bankrottmaschine, die nicht nur Wirtschaften, sondern Demokratien ruiniert“, wetterte Jury-Chef und Ex-Blair-Berater Derek Scott. Seit Oktober hat er 425 Zusendungen geprüft, die sich mit den Szenarien eines Euro-Ausstiegs beschäftigen.

So plädiert Neil Record, ehemaliger Experte der Britischen Zentralbank, für eine geheime Task-Force unter deutscher Führung, die heimlich die Euro-Abschaffung plant und über Nacht mit einem „großen Knall“ durchführt. So würde Spekulanten die Möglichkeit genommen, strukturschwache Länder nach und nach anzugreifen und die Dauerkrise zu verlängern. Die Europäische Zentralbank soll abgeschafft und Landeswährungen wieder eingeführt werden.

Lieber ein Ende mit Schrecken

Auch die anderen Finalisten sprechen sich für ein Ende mit Schrecken aus. „Die Euro-Zone durch immer neue Einzelaustritte kleiner Länder wie eine Zwiebel zu häuten empfiehlt sich nicht“, schreibt etwa Währungsfachmann Jens Nordvig. Privat-Investor Catherine Dobbs legt dar, wie die hohen Staatsschulden, die EU-Länder im Ausland aufgenommen haben, nach einem Euro-Austritt für alle relativ verlustlos in eine neue Währung umgerechnet werden können.

Der Amerikaner Jonathan Trapper hat die besten Tipps aus der Geschichte gesammelt und kommt zu dem Schluss: „In 100 Jahren sind 69 Länder ohne dramatische Folgen aus Währungsverbünden ausgestiegen.“ Er sieht in den Staatskonkursen kein Drama, sondern nur Vorteile für Euro-Länder.

Ein Team um den Finanz-Analysten Roger Bootle hat gleich einen detaillierten Tagesplan entwickelt: So soll der Euro nach Banken- und Börsenschluss an einem Freitag aus dem Verkehr gezogen werden. Panikaktionen von Bürgern und Kapitalflucht der Reichen sind nach Bootles Idee übers Wochenende nämlich nicht mehr möglich. Montags gibt es dann neue Landeswährungen im 1:1-Verhältnis zum alten Euro.

Die riesigen Unterschiede im Wechselkurs zwischen neuer DM und neuer Drachme sind dabei kaum problematisch, argumentiert er. Vielmehr würde der noch stärkere Euro die Nordländer dazu zwingen, ihre Binnennachfrage anzukurbeln: „Das verringert die Exportabhängigkeit und ist im Interesse aller EU-Länder.“ Und noch ein zweiter Hieb geht Richtung Deutschland: Wirtschaftlich gut aufgestellte Staaten müssten eine EU-Mitgliedschaft für schwächere Nachbarn „deutlich attraktiver“ gestalten. Leichte Lektüre sind die Vorschläge keinesfalls, aber die Aufgabe hat es eben auch in sich. Den Euro-Ausstieg hat ein Beobachter gar als so schwierig beschrieben, als müsste man ein fertiges Omelett zurück in seine Bestandteile umwandeln.

300.000 Euro Preisgeld

Nur ein zehnjähriger Junge aus Holland, der jüngste Teilnehmer beim Wolfson-Preis, schaffte es, die Komplexitäten auf den Punkt zu bringen: Mit einer Tortengrafik legte Jurre Hermans dar, wie eine „Austauschmaschine“ aus Euro griechische Drachmen bastelt und ausspuckt. „Wie man auf der Zeichnung sehen kann, ist der Grieche darüber nicht glücklich“, erläuterte der Junior-Forscher seinen Beitrag. Jurre hat es zwar nicht unter die fünf Finalisten geschafft, ist aber mit einem Sonderpreis über 100 Euro belohnt worden. Am 5. Juli soll in London die beste Lösung prämiert werden. Mit knapp 300.000 Euro für den Sieger ist der Wolfson-Preis nach dem Nobelpreis die zweitlukrativste Auszeichnung für Wirtschaftswissenschaftler weltweit.

Die Resonanz ist groß, die Kritik auch: Dass ein Abgeordneter des britischen Oberhauses mitten in der Krise einen Preis aus der Taufe hebt, der mit dem Ende der Euro-Zone kalkuliert, scheint zynisch. „Dabei suchen wir nur ein Rettungsboot für den Notfall, der hoffentlich nie eintritt“, sagte Wolfson vor wenigen Tagen. Schon 2008 war der 44-Jährige der erste Unternehmer, der den Briten die Wirtschaftskrise voraussagte – ein Thema, das damals ebenfalls niemand hören wollte. Tabus findet Wolfson „höchst verdächtig“: „Auch wenn wir nicht über Staatspleiten und Euro-Kollaps sprechen wollen, denken wir doch die ganze Zeit daran. Wenn wir aber für die Katastrophe planen, vermeiden wir das größte Chaos.“