Der Schriftsteller wurde aufgrund eines Interpol-Gesuchs der Türkei in Spanien festgenommen. Foto: EPA

Schriftsteller Dogan Akhanli darf Spanien nicht verlassen. Eine Auslieferung an die Türkei will die Bundesregierung vermeiden. Die Vorwürfe röchen geradezu nach politischer Verfolgung.

Berlin - Im Fall des in Spanien festgenommenen Schriftstellers Dogan Akhanli setzt die Bundesregierung darauf, dass es nicht zu einer Auslieferung in die Türkei kommt. Man könne sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass er unter den obwaltenden Umständen in die Türkei ausgeliefert werden könne, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Montag in Berlin. Die Vorwürfe röchen geradezu nach politischer Verfolgung.

Der türkischstämmige Schriftsteller mit deutscher Staatsbürgerschaft war am Samstag während seines Urlaubs in Granada festgenommen worden. Grundlage war ein Interpol-Gesuch der Türkei. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) habe entschieden, dass man in diesem Fall sehr schnell agieren müsse, um Schlimmeres zu verhindern, betonte der Sprecher. Der amtierende Leiter der Botschaftsvertretung in Madrid habe dann um sofortige konsularische Betreuung Akhanlis gebeten und um die Beteiligung am Auslieferungsverfahren.

Akhanlis Anwalt hofft, dass die Bundesregierung am Ball bleibt

Am Sonntag kam Akhanli wieder frei. Er darf aber Spanien zunächst nicht verlassen und muss sich ein Mal pro Woche beim Gericht in Madrid melden. Die Türkei hat 40 Tage Zeit, ihren Auslieferungsantrag zu begründen. Auf dessen Grundlage trifft die spanische Justiz eine Entscheidung.

Akhanlis Anwalt, Ilias Uyar, geht davon aus, dass es sich bei der Festnahme des Schriftstellers um „eine gezielte Aktion“ handelte. Er vermutet, dass die spanische Polizei einen Tipp von den türkischen Behörden bekommen hat. Dem Schriftsteller werden die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, der Umsturz der verfassungsmäßigen Ordnung der Türkei sowie ein Raubmord vorgeworfen. Die Vorwürfe beziehen sich auf Verfahren im Jahr 2010. Das Verfahren endete mit einem Freispruch. Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.

Uyar hofft auf die weitere Unterstützung Deutschlands. „Wir hoffen, dass die Bundesregierung am Ball bleibt und sich weiterhin für Dogan Akhanli einsetzt“, sagte Uyar dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Die Vorwürfe sind nach wie vor haltlos und politisch motiviert. Sein Mandant sei ein Intellektueller, der sich mit der türkischen Politik auseinandersetze. „Er ist eine Figur, die der Türkei politisch nicht genehm ist, und die Regierung versucht ihn mundtot zu machen.“

Die Festnahme des Schriftstellers geht auf ein Interpol-Gesuch zurück

Der 60-jährige Autor schrieb in seinem Buch „Die Richter des Jüngsten Gerichts“ über den Völkermord an den Armeniern 1915 und kritisierte den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.

Man prüfe derzeit, ob die Vorgaben gelockert werden. Wie es weitergehe, sei noch unklar, sagte Uyar. Der Anwalt rechnet jedoch nicht mit einer Auslieferung seines Mandanten an die Türkei. „Die Türkei ist kein Rechtsstaat mehr. Kein Gericht der EU wird einen EU-Bürger an das Land ausliefern. Die Menschenrechtssituation ist desolat.“

Die Festnahme des Schriftstellers geht auf ein Interpol-Gesuch zurück. Die Linken-Politikerin Sevim Dagdelen forderte die Bundesregierung auf, die Türkei aus der Interpol-Konvention auszuschließen. Erdogan missbrauche Interpol, um Regimekritiker auch im Ausland politisch verfolgen zu können, erklärte Dagdelen. Jede weitere Zurückhaltung gegenüber Erdogan gefährde nur die Sicherheit deutscher Staatsbürger.

Ähnlich äußerte sich die Gesellschaft für bedrohte Völker. Ein weiterer Missbrauch der internationalen Polizeiorganisation durch „Unrechtstaaten“ müsse ausgeschlossen werden, erklärte die Organisation in Göttingen. Auf Kritik stößt vor allem die sogenannte „Red notice“. Sie bezeichnet das Ersuchen, den Aufenthaltsort einer bestimmte Person zu ermitteln und diese vorläufig festzunehmen. Sie wird von Interpol auf Antrag eines Mitgliedslandes oder internationalen Tribunals erlassen und basiert auf einem gültigen nationalen Haftbefehl. Die “Red Notice“ ergeht an Polizeibehörden weltweit.