Kate und William 2001 in St. Andrews - nun wird Prinzessin Charlotte getauft. Foto: AP

Am Sonntag wurde Prinzessin Charlotte getauft, Tochter von Prinz William und seiner Frau Kate. Anlass für einen Besuch im schottischen St. Andrews, wo die Liebesgeschichte des britischen Kronprinzenpaars begann.

St. Andrews - Am späten Nachmittag, wenn die Sonne hinter einem silbrigen Chiffon durchblinzelt und die viktorianische Häuserfront am Meeresufer in ein warmes Licht taucht, verwandelt sich St. Andrews in ein kleines Idyll. Möwen kreischen, die Gischt der Nordsee rauscht leise im Hintergrund, eine leichte Brise weht über die Promenade.

Ein paar Leute nutzen die Ebbe zu einem Strandspaziergang, die letzten Golfer auf dem Old Course packen ihre Schlägertaschen in ihre Geländewagen. Wer hier golft, hat die Ehre, auf einem geschichtsträchtigen Ort zu spielen: Der Old Course ist der älteste Golfplatz der Welt. Die Ursprünge des Sports reichen bis in das 16. Jahrhundert zurück. Auf dem Old Course schlugen schon Legenden wie Harry Vardon und John Henry Taylor Bälle. Beide stammten aus einfachen Verhältnissen. Anders als in Deutschland, wo Golf eher in gehobenen Kreisen gespielt wird, gilt Golf in Schottland schon als Breitensport. Der Old Course ist ein öffentlicher Golfplatz, für jedermann zugänglich.

Golfen durften Frauen schon immer

Und doch war der 1754 gegründete „Royal and Ancient Golf Club of St Andrews“ ein exklusiver Club älterer honoriger Herren. Erst 2014 erlaubte die Gesellschaft Frauen offiziell den Zutritt. Golfen durften Frauen aber schon immer. Der „Royal and Ancient Golf Club of St Andrews“ veranstaltet jedes Jahr das Open Championship, hierzulande besser bekannt als British Open, in deren Siegerlisten sich Stars wie Tiger Woods und Nick Faldo eintrugen. Im Old Course Hotel sind die Legenden auf überlebensgroßen Porträts verewigt.

Golf ist in St. Andrews überall präsent. Es gibt mehrere Plätze, das Grün des Old Course wird besser gepflegt als jeder englische Vorgarten. Der Rasen ist akkurat getrimmt, ohne Makel, als hätte jemand mit der Nagelschere jeden einzelnen Grashalm gestutzt. An diesem Tag tummeln sich auch einige Amateure und semiprofessionelle Golfer auf dem Old Course, der Golfball landet bisweilen auf dem Parkplatz und wird dann - möglichst diskret - zurückgechippt. Die Anlage wird von einem kleinen Weg durchkreuzt, über den Autos und Fußgänger passieren können.

Ein Hinweisschild warnt vor vorbeifliegenden Golfbällen. „Golf in Progess - Look Before Crossing“ heißt es in schönstem Beamtenenglisch. Die Besucher leben gefährlich. Und auch die Bewohner. Die Anwohner der umliegenden Häuser, so erzählt man sich hier, haben hohe Versicherungsprämien für ihre Scheiben - es kommt mitunter schon mal vor, dass durch einen Querschläger eine Scheibe zu Bruch geht. St. Andrews ist aber nicht nur Golf. Die kleine Stadt an der Nordseeküste ist berühmt für ihre traditionsreiche Universität.

„Where Kate Met Wills“

Die 1413 gegründete University of St. Andrews ist nach Oxford und Cambridge die drittälteste Universität Großbritanniens. Zu ihren berühmten Absolventen gehören König Jakob II., der französische Revolutionär Jean Paul Marat sowie der ehemalige schottische Regierungschef Alex Salmond. Und natürlich: Prinz William und Kate. Das Cafe Northpoint in der South Street, in dem die beiden sich kennenlernten, wirbt heute mit dem Schriftzug „Where Kate Met Wills“, in Klammern ergänzt um den Zusatz: „For coffee!“.

Bekanntlich blieb es nicht beim Kaffee. Hier nahm die Liaison ihren Anfang, an der sich heute Millionen Menschen entzücken. „Der schüchterne William hat sich in den ersten Vorlesungen auf der hintersten Bank mit ins Gesicht gezogener Baseballcap versteckt“, erzählt ein alter Dozent. Heute sitzen Studenten aus aller Herren Länder in dem kleinen Café mit den knallroten Fensterrahmen, es ist laut und riecht nach Kaffee und Kuchen. St. Andrews ist ein kleines Städtchen mit 16 000 Einwohnern (gut ein Drittel sind Studenten).

Das Stadtbild prägen pittoreske, mittelalterliche Steinhäuser und charmante Gässchen. Die South Street lädt zum Flanieren ein. Der Banker in der Royal Bank of Scotland ist zu einem Plausch über Fußball aufgelegt, in Jannettas Gelateria schlecken College-Schüler in Schuluniform Eis, und der Highland Chocolatier bietet ausgewählte Schokoladenmischungen und Pralinés feil. Zu den versteckten Ecken führt Fremdenführer Kenneth Hanley seine Gäste. Hanley, den alle nur „Kenny“ nennen, ist ein Schotte vom Scheitel bis zur Sohle: Er trägt einen Kilt mit grünem Muster und eine graue Schiebermütze auf dem schütteren Haar. In seinen Kniestrümpfen hat er ein Taschenmesser versteckt - für alle Fälle.

Eine herrliche Sicht auf die Nordsee

Der Guide entführt die Gruppe in einen unscheinbaren Garten, der sich in einer Nische zwischen viktorianischen Häusern versteckt. Eigentlich ist der Garten zu dieser Zeit geschlossen. Doch Kenny macht eine Ausnahme. „Pssst“, sagt er verschwörerisch, legt den Zeigefinger auf die Lippen und stößt vorsichtig das gusseiserne Tor auf. Durch einen Torbogen führt ein gepflasterter Weg in einen verwunschenen Garten. Blumen und Bäumchen blühen, es duftet nach Rosen und frischen Kräutern. Auf der Terrasse eröffnet sich eine herrliche Sicht auf die Nordsee.

In einer achteckigen, verglasten Laube steht ein Ohrensessel aus schwerem Holz. Man kann sich richtig vorstellen, wie hier eine betagte Lady an einem lauen Frühlingstag in einem Klassiker schmökert. Kenny liebt diesen Ort. „Man ist an der frischen Meeresluft und bekommt den Kopf frei“, sagt er mit schottischem Akzent und dem markanten rollenden „r“. Seit 1986 ist er zertifizierter Reiseführer und nebenbei auch noch offizieller Whisky-Botschafter Schottlands. Gibt es etwas Schöneres, als hier auf die See zu blicken? „Nur einen guten Single Malt“, sagt Kenny und lacht.

Infos zu Schottland

Anreise
Mit Easyjet ( www.easyjet.com ) oder Germanwings ( www.germanwings.com ) von München nach Edinburgh (ab 150 Euro pro Person). Weiterfahrt mit Bus oder Taxi. Ab Stuttgart gibt es keine Direktflüge.

Unterkunft
Das luxuriöse Old Course Hotel liegt direkt am Golfplatz. In den komfortablen Zimmern hat man einen wunderbaren Ausblick auf die Nordsee und Altstadt von St. Andrews. Das Hotel bietet einen exquisiten Spa- und Wellnessbereich an. In der edlen Hotelbar kann man zwischen über 100 Whisky-Sorten wählen. DZ mit Frühstück ab 500 Euro . www.oldcoursehotel.co.uk

Eine etwas preisgünstigere Unterkunft ist das Ardgowan Hotel, das zentral in der North Street von St. Andrews liegt. DZ mit Frühstück ab 200 Euro. www.ardgowanhotel.co.uk

Geführte Touren
Der kundige und humorvolle Kenneth Hanley bietet Touren in ganz Schottland an. Buchungen können auf der Website www.small-world-tours.co.uk oder per E-Mail an kennethhanley@me.com vorgenommen werden.

Sehenswert/Ausflüge
Unbedingt sollte man sich die Kathedrale von St. Andrews ansehen. Die imposante Ruine thront auf einem Felsen. Lohnenswert ist auch ein Besuch beim Highland Chocolatier. Der Chocolatier Iain Burnett zaubert feinste Schokoladenmischungen mit edlen Zutaten.

Weitere Informationen unter www.highlandchocolatier.com/blog/ oder www.visitscotland.com