Lavinia Wilson in "Schoßgebete" Foto: Verleih

Sönke Wortmann hat Charlotte Roches „Schoßgebete“ verfilmt. Darin geht es vor allem um den Umgang mit einem Trauma – stark autobiografisch, eine fast identische Tragödie erlebte Roche 2001.

Filmkritik und Trailer zum Kinofilm "Schoßgebete"

Nichts dem Zufall überlassen. Elizabeth Kiehl ändert ständig ihr Testament, damit für den Fall ihres Todes für die Familie gesorgt ist. Seitdem sie vor Jahren ihre drei Geschwister, die auf dem Weg zu ihrer Hochzeit waren, bei einem grausigen Autounfall verloren hat, wird ihr Leben von Neurosen und Schuldgefühlen bestimmt. Nur beim Sex verliere sie diese, sagt sie, nur da könne sie richtig abschalten. Mit pathologischer Sexsucht hat das nichts zu tun, die körperliche Liebe wirkt eher wie ein noch intaktes Rückzugsgebiet der Erzählerin, praktiziert zudem stets mit dem Gatten. Voyeure seien gewarnt: Viel zu sehen gibt’s nicht.

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Nein, ein „Skandalfilm“ ist „Schoßgebete“ gewiss nicht, genauso wenig, wie die Buchvorlage von 2011 ein „Skandalroman“ war, auch wenn die Autorin Charlotte Roche seit ihrem ebenfalls verfilmten literarischen Debüt „Feuchtgebiete“ diese Attribute nicht mehr los zu werden scheint. In „Schoßgebete“ geht es vor allem um den Umgang mit einem Trauma – stark autobiografisch, eine fast identische Tragödie erlebte Roche 2001.

Sönke Wortmann hat seine Adaption bestens besetzt: Lavinia Wilson, die 2004 schon in dem Drama „Allein“ als unter dem Borderline-Syndrome leidende Studentin brillierte, überzeugt auch als Zwangsneurotikerin Elizabeth durch subtiles Spiel. Fast immer lächelt diese Frau, doch ihre Heiterkeit wirkt oft aufgesetzt und bemüht, immer kurz vorm Kippen, die Augen huschen nervös suchend umher. Latente Angst vor einem neuen Verlust spricht auch aus den Bemühungen, das eigene Leben zu ordnen: Elizabeth will die bestmögliche Mutter für ihre Tochter sein und die bestmögliche Ehefrau für ihren Mann Georg (sympathisch und entspannt, aber etwas blass: Jürgen Vogel). Zur präventiven Abwehr von Ehe-Langweile gehören gemeinsame Bordellbesuche.

Ein ebenso wichtiger Anker wie die Familie ist Elizabeths Psychotherapeutin Frau Drescher, die Juliane Köhler souverän und jenseits von filmischen Seelenklempner-Klischees spielt. Überhaupt gefällt die wohltuend unaufgeregte Inszenierung der Episoden – aber leider bleiben es Episoden: Wortmann gelingt es nicht, eine richtige Geschichte zu erzählen, und teils verheddert er sich in irrelevante Nebenhandlungen wie familiärem Fadenwurm-Befall. Dass Elizabeth am Ende einen wichtigen Schritt in ihrer Traumabewältigung gemacht haben soll, wird jedenfalls nicht schlüssig.

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