Man nennt ihn den „Schönheitspapst vom Bodensee“. Werner Mang ist einer der bekanntesten Schönheits-Chirurgen Deutschlands, hier als Gast beim Oktoberfest. Foto: dpa

Brustimplantate, Botox- oder Lippen-Aufspritzungen – zum Oktoberfest wollen vor allem die Reichen und Schönen noch besser aussehen. Das weiß Werner Mang, Chefarzt an der Bodenseeklinik für ästhetische und plastische Chirurgie, nur zu gut.

Stuttgart/Lindau - Auf dem Münchner Oktoberfest treffen sich jede Menge Promis und solche, die sich dafür halten. Im Käferzelt und anderswo sonnt man sich im Blitzlichtgewitter und hebt die Krüge unter seinesgleichen. Ein fesches Dirndl, eine stramme Lederhose und eine ordentliche Frisur reicht vielen nicht zu Eigen-Präsentation. Immer mehr lassen im Vorfeld der Wiesn beim plastischen Chirurgen „etwas machen“. Welche OP am beliebtesten ist, warum ein ästhetischer Eingriff kein Tabu mehr ist und welche absurden Auswüchse der Schönheitswahn mit sich bringt, darüber spricht Werner Mang, der Schönheitschirurg, dem die Promis vertrauen.

Herr Mang, kommen Sie zur Wiesn-Zeit überhaupt noch hinterher mit dem operieren und spritzen?
Unsere Ambulanz in München ist bereits Wochen oder Monate vor der Wiesn komplett ausgebucht. Es gibt sogar eine Sonder-Sprechstunde. Früher war ich schon als Unfallchirurg in München während der Wiesn-Zeit viel beschäftigt, da habe ich manchmal zehn, fünfzehn Nasenbrüche operiert. Heute konzentriere ich mich auf die ästhetischen Maßnahmen.
Was sind die beliebtesten Oktoberfest-Eingriffe?
Ganz klar die Brust-Implantate. Das kann man inzwischen nur 14 Tage vor Wiesn-Beginn machen lassen, dann ist man pünktlich zum Fassanstich wieder fit.
So schnell?
Ja, die Heilungsphase geht erschreckend schnell, im Prinzip kann man nach zwei Wochen wieder alles machen, außer Sport und schwer heben. Aber eine Maß kann man gut halten. Als Bedienung auf dem Oktoberfest sollte man sich eine Brust-OP allerdings nicht erst kurz vorher machen lassen.
Und das alles nur fürs schöne Dekolleté ...
Ja, wobei ich ja sage: das Dirndl ist der beste Schönheits-Chirurg, dadurch kann man das Dekolletee hervorragend zur Geltung bringen, ganz ohne Eingriff. Trotzdem sind Brustimplantate sehr gefragt, übrigens auch bei Stuttgarterinnen zur Wasen-Zeit.
Was ist sonst noch gefragt?
Etwa 14 Tage vorher boomen Botox- und Hyaluron-Injektionen sowie Lippen-Modellierungen. Und das so genannte Cool-Scalping ist der neueste Schrei.

Das klingt ein bisschen unheimlich. Was ist das?
Das ist eine Methode aus den USA, mit der man sich schlanke Hüften und eine schlanke Taille modellieren lassen kann. Dabei wird mit einem speziellen medizinischen Gerät das Gewebe für eine Stunde auf minus elf Grad gefroren und dann wird das Fett nach und nach über die Lymphbahnen abtransportiert. Das sollte man allerdings nicht akut vor der Wiesn machen, sondern schon mehrere Wochen im Vorfeld.
Ist das nicht alles irgendwie absurd?
Das Oktoberfest ist eben das Fest der Eitelkeiten. Und die Schönheitschirurgie war schon immer polarisierend. Es gibt zwei Lager, die einen schwören drauf, die anderen lehnen es völlig ab. Das akzeptiere ich und kann das auch verstehen, ich lasse ja an mir auch nicht rumschnippeln.
Warum nicht?
Weil ich mich so wohl fühle, wie ich bin. Ich bin voll Natur. Meine Mutter hatte mit 94 kaum Falten. Wenn mich einmal etwas stören sollte, dann würde ich es machen lassen und dazu stehen. Das ist im Übrigen mein Erfolgsgeheimnis: Ich sehe selbst natürlich aus, rede niemandem etwas auf und stelle strenge Indikationen. Acht Prozent der Leute, die zu mir kommen, schicke ich wieder weg, weil sie übertriebene Vorstellungen haben. Wenn ich zum Beispiel in den USA auf einem Kongress bin, dann laufen da die Beauty-Docs selbst wie Zombies herum. Das heißt, da ist jeder operiert, Lider gestrafft, Facelifts, Nasen operiert. Meine Patienten finden das gut, dass ich ganz normal aussehe und auf dem Boden geblieben bin.
Das Geschäft mit der Schönheit boomt enorm. Worauf führen Sie das zurück?
1990 lag beispielsweise der Anteil der Männer, die sich für die Schönheit unters Messer gelegt haben bei vier Prozent, 2010 waren es schon zehn Prozent und heute sind wir bei über 20 Prozent. Gutes Aussehen suggeriert eben nach wie Erfolg. Soziale Medien wie Instagram tragen wesentlich dazu bei, dass das Aussehen von Promis wie Kim Kardashian für manche jungen Mädchen das Maß aller Dinge ist. Also ich finde es nicht zwingend notwendig, dass man ein Sektglas auf dem Po abstellen kann! Heute gibt es extreme Vorbilder, auf der einen Seite diese barbiehaft operierten Frauen und auf der anderen Seite die androgynen Schönheiten wie das Model Gigi Hadid. Deshalb muss ein guter ästhetischer Chirurg auch psychologisch fit sein und übertriebene, unsinnige Vorstellungen relativieren.
Wie lautet ihre Schönheits-Formel?
Der beste Schönheitschirurg ist ein positives Leben, acht Stunden Schlaf am Tag, da regeneriert man sich komplett. Man sollte auf sein Gewicht achten, Bewegung ist das A und O. Danach lebe ich, ich bin nach wie vor ein Naturbursche, gehe viel Bergwandern und zum Wintersport und laufe mit dem Hund. Ich bin eigentlich gar nicht der Prototyp eines Schönheitschirurgen.
Zurück zu den Promis auf der Wiesn. Sie sind dort so etwas wie der Haus- und Hof-Schönheitschirurg. Wird über das Thema offen gesprochen?
Es sind natürlich nicht alle so offen, wie zum Beispiel der Sänger Nino de Angelo, der kürzlich vor laufender Kamera gesagt hat, dass er sich demnächst die Schlupflider bei mir richten lässt. Das lag aber vielleicht auch an der ein oder anderen Maß zu viel. Der Umgang mit dem Thema ist generell sehr viel offener geworden. Vor 30 Jahren hätte man mich auf der Wiesn oder auf dem Filmball nicht einmal gegrüßt, weil die Patienten Angst davor hatten, geoutet zu werden. Das ist heute überhaupt nicht mehr so, die meisten Leute stehen zu den Eingriffen.