Die Hilfe kommt aus der Luft: Im Kampf gegen Schnaken verstreut ein Helikopter über einem Brutgebiet in Karlsruhe Sandgranulat, das mit Öl versetzt ist. Foto: dpa

Durch die vielen Überschwemmungen am Rhein sind dieses Jahr enorme Mückenschwärme herangewachsen. Die Schnakenkämpfer versuchen noch bis September, sie im Griff zu halten.

Karlsruhe - Sommerzeit ist Schnakenzeit – aber so viele der lästigen Biester wie dieses Jahr gab es schon lange nicht mehr: „2013 ist ein absolutes Stechmückenjahr“, sagt Norbert Becker. Er ist wissenschaftlicher Leiter der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (KABS).

Im zoologischen Sinne können Schnaken gar nicht stechen. In Baden-Württemberg spricht man zwar von Schnaken, meint damit aber eigentlich Stechmücken. Durch die Überschwemmungen vom Juni konnten sie sich explosionsartig ausbreiten. Nicht nur an der Elbe, wo das Hochwasser eine Katastrophe anrichtete – sondern auch in Baden-Württemberg: In manchen Gebieten der Donau kam es zu regelrechten Plagen: Die Leute könnten sich abends nicht mehr im Freien aufhalten, sagt Becker. Auch am Bodensee bestehe ein großes Schnakenproblem. So mancher scheint sich schon daran gewöhnt zu haben. „Ich persönlich fand es nicht so schlimm“, sagt Kirstin Krause vom Internationalen Bodensee Tourismus (IBT). Der Neckar hingegen sei weniger betroffen, sagt Becker, da es hier kaum Auen, also mögliche Brutstätten für Stechmücken gebe.

Bis September wird die KABS gegen die Blutsauger vorgehen. Ihr Schutzgebiet umfasst die Gebiete am Rhein. Jedes Jahr ab dem 10. April schwärmen hier zwei Hubschrauber und über 300 Schnakenbekämpfer aus. 102 Gemeinden stehen unter der Obhut der Mückenjäger, darunter Mannheim, Karlsruhe und Raststatt.

Mückeneier überleben fünf bis zehn Jahre, wenn nicht länger

„Die Stechmücken wären ein sehr großes Problem geworden, wenn die Schnakenbekämpfung nicht gewesen wäre“, sagt Bürgermeister Hartwig Rihm. Seit über 20 Jahren ist seine Gemeinde Au am Rhein Mitglied der Schnakenabwehr. Diesen Sommer habe der Bürgermeister zwar mehr Mücken als im letzten Jahr bemerkt, aber insgesamt hielt es sich in Grenzen. Diese Erfahrung deckt sich mit den Ergebnissen der KABS: Im Schutzgebiet gingen zwischen 500 und 1800 Mücken pro Nacht in die Falle, in den Gebieten außerhalb davon etwa 16 000 Mücken. Dieses Jahr wurden im Schutzgebiet ungefähr 90 Prozent der Mücken beseitigt.

Artur Jöst ist Schnakenbekämpfer im Gebiet Rastsatt. Dieses Jahr herrsche Ausnahmezustand: „Wir waren zwischen April und Ende Juli im Dauereinsatz. Es gab insgesamt 13 Hochwasserwellen, darunter eine besonders große Welle.“

Die KABS misst permanent den Pegel von Flüssen und Seen. Sobald die maximale Wassermenge überschritten ist, schreitet sie ein. Denn dann können Überschwemmungsmücken schlüpfen. Dafür reichen schon kleine Bereiche des Ufers aus, die sonst im Trockenen liegen. Die kleinen Insekten können sich durch Hitze und viel Wasser ideal vermehren. Mückeneier sind dabei äußerst zäh: Sie überleben fünf bis zehn Jahre, wenn nicht länger – so sammeln sich nach und nach immer mehr an. Aus ihnen kann daher schnell eine Plage erwachsen, vor allem bei starken Überschwemmungen.

Millionenteure wirtschaftliche Schäden wegen Mückenplagen

Die KABS wurde Mitte der Siebziger Jahre gegründet, als der Rhein von verheerenden Mückenplagen heimgesucht wurde. Es habe millionenteure wirtschaftliche Schäden gegeben, sagt Becker. Lange Zeit fragte man sich, wie die Schnaken zu töten seien, ohne die Umwelt zu zerstören. Mit der BTI Methode habe man dieses Problem gelöst, so Becker. Gegen die Stechmücken wird ein biologischer Stoff eingesetzt, der nur die Larven angreift. Andere Organismen seien nicht betroffen: „Das haben wir in zahlreichen Studien und Doktorarbeiten belegt“, so KABS-Wissenschaftler Becker.

Mückenplagen sind auch ein Problem für den Hochwasserschutz, sagt Rihm. An manchen Ufern werden bestimmte Senken angelegt, in denen Hochwasser zwischengelagert werden kann. Allerdings können sich dort auch Mückeneier ansammeln. „Ohne die Schnakenbekämpfung wollen die Leute diesen Hochwasserschutz nicht“, so der Bürgermeister.

Spezielle Tabletten kostenlos in Rathäusern

„Manche Bürger züchten sich ihren eigenen Mückenschwarm im Garten“, so Rihm. Es geht um die Hausmücke, die gerade jetzt im August und September ihre Hochzeit hat: „Die Wahrscheinlichkeit ist jetzt am größten, dass man gestochen wird“, so Schnakenbekämpfer Jöst.

Dabei lässt sich etwas gegen die nervigen Plagegeister unternehmen: Die Gemeinden der KABS bieten spezielle Tabletten an. Man kann sie kostenlos in den Rathäusern abholen. Lebt man außerhalb des Schutzgebietes muss man sie sich bestellen. Die Kosten liegen bei etwa vier Euro.

Durch die Tabletten werden alle Mückenlarven im Teich oder in der Regentonne abgetötet. Außerdem ist darauf zu achten, Gießkannen, Vasen oder Eimer nicht offen stehen zu lassen. Sammelt sich dort Regenwasser an, könnte eine Brutstätte entstehen. Die Mücken können übrigens auch vom Grundstück des Nachbarn stammen. Denn Stechmücken fliegen höchsten 300 bis 500 Meter.